Kampf den fruchtbaren Äckern – 2

Landgrabbing – Wenn Investoren Bauern das Land rauben

Kampf den fruchtbaren Äckern – 2
© Claus Folger


Ich fahre mit Hund Ronja und Richard Bickert durch die fruchtbaren Felder der Metropole. Richard Bickert hält an und erzählt mir von einem Verwandten, einem Landwirt aus der Rosenheimer Gegend in Bayern, der ihn einst besuchte: „Nach dem Kaffeetrinken sind wir hier ins Feld gelaufen und da hat er die Äcker so bewundert und da konnte er es gar nicht glauben, dass hier keine Steine rumliegen. Weil bei ihnen auf den Äckern ist aller voller Steine. Im Anzug hat er auf dem Boden gekniet und hat gekratzt und hat die Steine gesucht und hat keine gefunden.“

„Die Böden sind eingestuft von 0–100. 100 ist das Allerbeste, 0 ist quasi nichts. Unsere Lösslehmböden sind bei 75–80 Bodenpunkten. Durch die tiefen Lehmschichten geht das Wasser nach unten, wenn viel da ist und geht auch wieder hoch durch die Kapillarität, wenn es mal trocken ist. Deswegen halten die Äcker hier immer durch, auch wenn es mal drei oder vier Wochen nicht regnet.“ Das Wasseraufbewahrungsvermögen des Lösslehmbodens im Frankfurter Norden beeindruckt mich.

Es ist wirklich nachvollziehbar, dass der über die gleiche Bodenqualität verfügende Frankfurter Riedberg lange Zeit durch große Ackerflächen landwirtschaftlich genutzt wurde: Die Böden am Riedberg entstanden auf Löss. Dieser wurde während der letzten Eiszeit vor 15.000 bis 20.000 Jahren dort abgelagert. Der Lösslehmböden erreichte auf dem Riedberg eine Tiefe von mehr als zwölf Metern. Und was macht die Stadt Frankfurt? Sie stellt Einfamilienhäuser drauf! Bornierter geht es nicht mehr!


Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Nach wie vor hängt die Mehrheit dem Ideal von der Villa im Grünen, möglichst nah an der Stadt, nach. Dass Politik, Verwaltung, Raumplanung und Wohnbauwirtschaft bis heute kaum Besseres eingefallen ist, als diesen Wunschtraum durch Millionen freistehender Einfamilienhäuser wahr werden zu lassen, zählt zu den großen Tragödien unserer Kulturlandschaft.“

Fruchtbarer Boden ist endlich und deshalb unendlich kostbar. Laut Agrarökonom Harald von Witzke gibt es weltweit keine nennenswerten Bodenreserven mehr. Die produktivsten Böden würden bereits alle genutzt. Die Europäische Union ist dabei längst in den Wettlauf um die fruchtbarsten Böden dieser Erde eingestiegen. Harald von Witzke sagt der Welt am Sonntag: „Die EU ist zu einem der weltgrößten Nettoimporteure von Agrarprodukten geworden. Es gibt keine Agrarüberschüsse mehr. Das bedeutet: Die EU benötigt riesige Flächen außerhalb ihrer Grenzen, um die Bedürfnisse nach Agrarprodukten zu befriedigen. Zwischen 17 und 34 Millionen Hektar im Jahr nutzt die EU per Saldo außerhalb ihrer Grenzen zusätzlich zu ihren eigenen Flächen. Das ist nichts anderes als Landraub, weil die Agrarprodukte, die in der Fremde produziert werden, den Menschen dort nicht zugutekommen.“

Nach Oxfam-Berechnungen wurden in den letzten zehn Jahren in Entwicklungsländern rund 230 Millionen Hektar Land verkauft. Eine Fläche, die etwa der Westeuropas entspricht . 50 % der Landtransaktionen fänden in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara statt. – Der Landraub südlich der Sahara läuft auf eine Verfestigung von kolonialen Zuständen hinaus. Unter einer Bekämpfung von Fluchtursachen ist sicherlich etwas anderes zu verstehen. Wie peinlich ist es vor diesem Hintergrund, dass die Stadt Frankfurt die eigenen Bauern platt macht!

Landwirt Martin Stark aus Niederursel fühlt sich überrollt. Er hat einen Hühnerhof mit 36.000 Legehennen und vertreibt Eier und Nudeln in der Region. Als einer der Hauptbetroffenen der Frankfurter Pläne hält er sich bei den Medien im Moment bedeckt, da er das bald anstehende Gespräch mit dem Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann abwarten möchte. Er sagt gegenüber dem Autor aber so viel: „Wir hatten einst auch landwirtschaftliche Flächen auf dem Riedberg. Wir haben dort rund 22 Hektar an Flächen verloren. Die Stadt Frankfurt wird das Neubaugebiet durchziehen genau wie auf dem Riedberg, bis hin zur Enteignung. Ich mache mir da keine Illusionen. Die Landwirte bei Steinbach wissen noch gar nicht, was auf sie zukommt.“ Richard Bickert weiß es schon: „Der Bodenrichtwert pro m² liegt hier bei 8–10 €. Entweder wir verkaufen zu diesem Preis oder die Stadt Frankfurt enteignet uns.“

Dass guter Boden keinen Wert an sich darstellt, ist der Denkfehler. Wir zahlen doch für einen Parkettboden in ihrer Wohnung auch deutlich mehr als für einen Laminatboden. In der Natur gelten diese Überlegungen nicht. Was unsere Gesellschaft nicht begreift, ist, dass Boden ebenso wie Wasser und Luft eine Primärressource ist. Primärressourcen sind auf unserem Planeten ein endliches Gut und nicht beliebig vermehrbar. Sie sind Grundlage des Lebens und Ausgangspunkt für alle weiteren (sekundären) Ressourcen, die das Wirtschaften ermöglichen.

Betrachten wir, was uns im Gegensatz zu unserem verächtlichen Umgang mit Boden ein bisschen weniger CO2 in der Luft wert ist. Stichwort: Energiewende! Der heutige Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) hat es vor vier Jahren eigentlich schon gesagt: „Die Kosten der Energiewende und des Umbaus unserer Energieversorgung kann sich bis Ende der 30er Jahre dieses Jahrhunderts auf rund eine Billion Euro summieren.“ Diese Größenordnung werden wir bestimmt erreichen. Die Bundesregierung legte die Energiewende im September 2010 an. Sie war wohl besorgt über den hohen Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland im Jahre 2009. Dieser ist aber 2016 höher.  

Anhaltend hoher Wohnungsdruck in Frankfurt

Unabhängig von den Brexit-Ankömmlingen wie der Deutschen Bank, der Commerzbank, Citigroup, JP Morgan, Morgan Stanley Goldman Sachs, der russischen Großbank VTB, der britischen Standard Chartered, der südkoreanischen Woori Bank, der japanische Investmentbank Nomura, Daiwa, Sumitomo, Mitsui, Mizuho usw., die tausende Arbeitskräfte nach Frankfurt mitbringen, prognostiziert das Institut der deutschen Wirtschaft Köln für Frankfurt für das Jahr 2035 einen Bevölkerungsstand von 782.184 als Untergrenze und 845.585 als Obergrenze. Die größte Quelle für die zukünftige Bevölkerungsentwicklung sei dabei die Nettoimmigration. Der Regionalverband FrankfurtRheinMain schätzt, dass bis zum Jahr 2030 die Hälfte des Einwohneranstieges im Verbandsgebiet Flüchtlinge ausmachen werden. Daher seien bis 2030 15% des Gesamtbedarfs an Wohnungen für Flüchtlinge zu bauen.

Die Sorge bei den deutschen Frankfurterinnen und Frankfurtern wächst. Aus Frankfurt Statistik Aktuell, Ausgabe 07/2017: „Bei der jährlich im Dezember durchgeführten Bürgerumfrage haben die Frankfurterinnen und Frankfurter den „Wohnungsmarkt“ erneut mit hohem Zuwachs als das wichtigste Problemfeld der Stadt bezeichnet. Auf die wie immer offen, d. h. ohne Antwortvorgabe, gestellte Frage nach den größten Stadtproblemen beklagen im Dezember 2016 mehr als die Hälfte (53 %/+8 %-Punkte gegenüber dem Vorjahr) der deutschen Frankfurterinnen und Frankfurter hohe Mieten und ein zu geringes Wohnungsangebot.“

Merkels Mantra von einer Zuwanderung ohne Obergrenze verschärft die Situation auf dem angespannten Wohnungsmarkt in Frankfurt. Die Stadt Frankfurt sollte aber ihren Bürgern verpflichtet sein und nicht illegalen Wirtschaftsmigranten. Einem UN-Bericht zufolge erhielten  2016 weniger als drei Prozent der registrierten(!) Migranten, die über das Mittelmeer nach Italien gekommen sind, einen Flüchtlingsstatus. Die restlichen 97 Prozent blieben als illegale Einwanderer im Land. Von diesen hätten zwei Drittel Deutschland als Ziel. Das Umweltmassaker für den geplanten neuen Stadtteil im Frankfurter Nordwesten ist ein zu hoher Preis für eine ebenso chaotische wie schädliche Bevölkerungspolitik. Und an der aktuell angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt für Normal- und Geringverdiener wird der von der ganz großen Regierungskoalition aus CDU/SPD/GRÜNEN  gewollte Stadtteil noch etliche Jahre nichts verbessern.


(Kampf den fruchtbaren Äckern - Teil 1)

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