Offener Brief an den Frankfurter AfD-Kreisvorsitzenden Dedermann

Bemerkungen zu einem Interview

Offener Brief an den Frankfurter AfD-Kreisvorsitzenden Dedermann

Sehr geehrter Frankfurter AfD-Kreisvorsitzender Dedermann,

einem Bericht der Frankfurter Neuen Presse (FNP) vom 2. September 2014 entnehme ich, dass Sie sich über den Wahlerfolg der AfD in Sachsen freuen. Diese Freude teile ich gerne mit Ihnen. Und wenn Sie in dem Artikel zitiert werden, es gehe nicht um das „Links-Rechts-Schema“, sondern „ausschließlich um Inhalte“, stimme ich Ihnen ebenfalls gerne zu, warne Sie aber, dass die politischen Konkurrenten und Gegner der AfD auch in Frankfurt nicht die geringste Rücksicht auf diese Beteuerung nehmen werden, wenn der Kreisverband erst einmal seine kommunalpolitischen Positionen offengelegt haben wird.

Bislang hat er das nicht getan, er arbeite, so sagen Sie, „derzeit an Leitlinien für das Wahlprogramm“. Sie könnten schon wesentlich weiter sein, wenn Sie und andere im Kreisverband ihr Feindbild „Freie Wähler“ und insbesondere „Wolfgang Hübner“ zumindest mal für einige Stunden einer informativen Begegnung aufgeben würden. Denn dann würden Sie Menschen begegnen, die schon seit vielen Jahren Kommunalpolitik ganz im Geist der Bundes-AfD praktizieren würden. Wenn es Ihnen tatsächlich „ausschließlich um Inhalte“ ginge, wäre diese Begegnung für Sie sogar regelrecht zwingend, zumal der Fraktionsvorsitzende dieser Geistesverwandten, nämlich ich, bekanntlich Mitglied der AfD ist.

Dann hätten wir auch Gelegenheit gehabt, Sie vor solchem Unsinn zu bewahren, ausgerechnet den längst beschlossenen und voll im Gang befindlichen Wiederaufbau eines Teils der historischen Altstadt zwischen Dom und Römer noch in Frage zu stellen. In dieser Frage sind ja selbst unsere Erzfeinde von den Grünen längst ganz anderer Meinung. Aber ich vermute sowieso, dass Sie deshalb gegen die Neue Altstadt sind, weil es die Freien Wähler waren, die dieses „große Prestigeobjekt“ vor einigen Jahren entscheidend angestoßen haben. Wie kleinlich, wie verbissen, Herr Dedermann!

Aber zu richtigen Parteifunktionären mit karrierefördernder Blickverengung passt das ebenso wie der bemerkenswerte Satz: „Lieber treten wir mit weniger Kandidaten an, als dass im Stadtparlament Positionen vertreten werden, die in der Partei keine Mehrheit haben.“ Mal abgesehen von der praktisch unlösbaren Aufgabe für künftige AfD-Stadtverordnete, sich bei jedem Votum – und von denen gibt es wöchentlich etliche! – der jeweiligen Mehrheitsmeinung in der Partei zu versichern: Eine Partei und ihre Kandidaten treten mit einem Programm an, das Richtschnur für die Politik im Parlament ist. Wie die Mandatsträger dieses Programm dann anwenden und einlösen, ist ausschließlich deren Verantwortung. So ist das zumindest bei den Freien Wählern in Frankfurt, bei denen selbstverständlich und beweisbar kein Fraktionszwang herrscht.

Auch darüber könnten wir Ihnen einiges aus der langjährigen Praxis berichten. Doch Sie und einige andere im Kreisvorstand treibt ja schon seit vielen Monaten ein ganz anderes Problem um, nämlich die teuflische Möglichkeit der Doppelmitgliedschaft bei AfD und dem Verein Freien Wähler. Das soll, haben Sie dem übrigens ausgesprochen linksgrün eingestellten FNP-Journalisten Murr erklärt, nun bald per Satzungsänderung ausgeschlossen werden. Ich überschätze die Wichtigkeit meiner Person hoffentlich nicht, wenn ich vermute, dass damit endlich dem Quälgeist Hübner die Parteitür gewiesen werden soll.

Ich betrachte dieses Bestreben, Herr Dedermann, mit Gelassenheit. Denn mich hat nie der Name einer Organisation sonderlich interessiert, sondern der politische Inhalt. Und die kommunalpolitischen Inhalte, die ich bislang von Ihnen und Ihrem Bruder im Geiste, Herrn Brill, gehört bzw. gelesen habe, deuten nur auf eines hin: Eine solche AfD-Politik braucht Frankfurt wahrlich nicht. Aber sehr wahrscheinlich brauchen manche AfD-Mitglieder ganz dringend ein Mandat im Römer. Bitte haben Sie schon jetzt dafür Verständnis, dass ich meiner politisch schon überaus gebeutelten Heimatstadt diese zusätzliche Belastung gerne ersparen würde. Aber auch darüber könnten wir uns ja mal – sozusagen von Mitglied zu Noch-Mitglied – vor meinem baldigen Ausschluss gerne mal bei Äppelwoi und Handkäs unterhalten: Meine Telefonnummer ist nicht unbekannt!


Mit freundlichen Grüßen

Stadtverordneter Wolfgang Hübner

Leserkommentare (4)

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an den Vermittler:

"die AfD ist nicht rechts", eben, genau das ist ihr Problem und macht sie überflüssig. Nachdem sich in unserem Land alle etablierten Parteien nach links ausgerichtet haben und sich dort drängeln, MUSS eine Alternative für rechte Werte stehen, sonst ist sie eben keine Alternative, sondern nur eine weitere Blockpartei, die niemand braucht.

Da "Links" und "Rechts" längst zu nahezu inhaltsleeren Kampfbegriffen degeneriert (worden) sind, möge sich die AfD vor ihrer selbstzerstörerischen Abgrenzung nach "rechts" bitte zunächst einmal die Begriffe vergegenwärtigen.

Eckart Thurich z.B. hat für die Bundeszentrale für politische Bildung eine kurze, leicht verständliche und ideologiefreie Begriffsklärung vorgenommen:

http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/pocket-politik/16547/rechts-links-schema

Prinzipiell sind "links" und "rechts" vor allem wirtschaftspolitische Grundüberzeugungen.
Wer wirtschaftspolitisch links steht, ist der Überzeugung, dass der Staat gut mit Geld umgehen kann und deswegen viel Geld bekommen, umverteilen und ausgeben sollte. Der Staat erhält viel von dem in der Volkswirtschaft erwirtschafteten Geld und steckt es in:
- den Staatsapparat
- staatliche Angebote für die Bürger
- Transferleistungen an Bürger
- Subventionen an die Wirtschaft

Wer wirtschaftspolitisch rechts steht, ist der Überzeugung, dass der Staat weniger gut mit Geld umgehen kann und deswegen möglichst viel Geld bei den Bürgern bleiben sollte, die es sinnvoller einsetzen. Der Staat soll aber genügend Geld für seine eigentlichen Aufgaben zur Verfügung haben:
- äußere und innere Sicherheit
- Infrastruktur
- Rechtssicherheit

Ein Staat wie die BRD mit einer Staatsquote von nahezu 80% ist ein sozialistischer, ein linker Staat. Eine Partei, die eine Alternative sein will, MUSS demzufolge für rechte Werte eintreten.

Um eins dabei deutlich zu sagen (ich schrieb es bereits mehrmals in der Vergangenheit): Auch der Nationalsozialismus war ein Sozialismus, also eine linke Ideologie. Es ist also richtig, wenn sich die AfD gegen die NPD abgrenzt.
Es ist aber falsch, wenn sich sich nach rechts abgrenzt!

Werter Herr Drudenfuß, meine Wahrnehmung ist eine ganz andere als Ihre,

Für mich sind 3/4 aller AfD-Veröffentlichungen zukunftsgewandt, rechtsstaatsorientiert, programm-orientiert; und alle bisherigen Wahlergebnisse zeigen einen kontinuierlichen Aufwärtstrend (der wird sich am kommenden Wochenende noch fortsetzen in Thüringen und Brandenburg) .... Die Abgrenzung gegen "rechts" ist notwendig, weil sie sachlich richtig ist (die AfD ist nicht "rechts", wie Sie sicher wissen) und weil falsche Anschuldigungen (Der "Schlag mit der Populismuskeule") des politischen Gegners zurückgewiesen werden müssen.

Und in Brüssel haben einige wenige (alle durch Video dokumentierte) Verlautbarungen und Kurzplädoyers stattgefunden. Dazu eine einzige Abstimmung kurz vor der Sommerpause (am 17.07.) über eine Vorlage, die so detailreich war, dass - außer der Brüsseler Bürokratie - sich niemand (!) (kein einziger Journalist und kein einziges Mitglied der Partei-Basis) dafür interessiert hat, bis mehr als 4 Wochen später der Journalist Jürgen Elsässer die erstaunliche Tatsache publik gemacht hat, dass die 7 AfD-Abgeordneten dabei nicht gleichartig, sondern im Verhältnis 4:2:1 abgestimmt haben. -

Mehr ist jedenfalls in Brüssel bisher nicht passiert. Insofern verstehe ich nicht, woran Sie Ihre Sehweise des "Mauserns" (zu einer "waschechten Blockpartei") festmachen wollen.

Ich denke eher, dass Ihre Ungeduld Sie hier zu einem zu vorschnellen Urteil über die AfD verleitet hat und dass Sie sich noch wundern werden, wie sinnvoll und politisch richtig Sie Ihr Spendengeld (auch Ihren Mitgleidsbeitrag?) angelegt haben, Herr Drudenfuß. --

Schneller einigen könnten wir uns über das Bild des AfD-Kreises Frankfurt, welches nun wahrlich nicht brillant aussieht. Letzteres gilt (in geringerem Ausmaß) auch für den Landesvorstand. Aber auch da warne ich vor vorschnellem Urteil. Sacharbeit braucht Zeit und vollzieht sich oft in der Stille.

Meine Frage nach den wahren Zielen des Fraktionsvorsitzenden der "Freien Wähler" und meine weiteren Fragen waren übrigens ernst gemeint. Er hat sich dazu noch nicht geäußert. Bin gespannt, ob ich noch etwas hören werde. Wenn nicht, schließe ich daraus, dass er seine (separatistische) Entscheidung längst getroffen hat. Ich persönlich würde das bedauern, denn im Sommer 2013, als er dem Landesvorstand schon einmal angehörte, war der Eindruck (des fleißigen Sacharbeiters und guten Redners) durchaus positiv. Und das Zusammengehen zwischen AfD und Freien Wählern wäre m.E. ein Riesenvorteil für alle Beteiligten, letzlich natürlich für die Bürger im Lande, darunter nicht zuletzt die der arg gebeutelte Heimatstadt von Herrn Hübner.

In etwa 2/3 aller Veröffentlichungen, die ich von der oder über die AfD lese, ist diese mit der Abgrenzung, meist gegen vermeintlich "Rechte", beschäftigt.

Diese Alternative ist für mich längst keine Alternative mehr, und in Brüssel mausert sie sich inzwischen zur waschechten Blockpartei.
Sie wird aus heutiger Sicht in naher Zukunft das Schicksal der anderen Blockparteien teilen.
Schade um die investierte Mühe und das gespendete Geld (an letzterem habe ich per Steuererklärung wenigstens den bösen Rollstuhlfahrer beteiligen können).

Sehr geehrter Herr Hübner,

ein selbstbewußter und mutiger Brief, den Sie da an den Frankfurter AfD-Sprecher geschrieben haben. Ich frage mich, welche Ziele Sie im Ernst anstreben. Sind Sie der Auffassung, dass Sie die AfD nicht brauchen, weil das alles politische Neulinge sind, die Ihnen, dem gestandenen und jahrzehntelang politisch aktiven Haudegen nicht das Wasser reichen können ? - Wohl nicht, denn sie laden Herrn Dedermann ja ausdrücklich zu einem Gespräch ein. Wenn aber doch (Sie die AfD nicht zu brauchen meinen), dann sollten Sie aus der AfD austreten (finde ich) und durch einen solchen Schritt den erkennbaren Konflikt seiner Lösung zuführen.

Oder möchten Sie gerne mit der AfD zusammenarbeiten und als eines von ca 2000 Mitglieder in Hessen den Gesamtverbund der Partei nutzen, um sich dort konstruktiv einzubringen und gemeinsam mit den AfD-lern für politische Ziele streiten, die ja, wie sie selbst richtig sagen, weitestgehend auch die Ihren sind. Und, wie der Blu-News-Redakteur "Frankfurter Schnauze" zutreffend anmerkte: bis zur nächsten Kommunalwahl fließt ja noch eine Menge Wasser den Main hinunter. Diese Zeitreserve aber nutzt Ihnen nichts (scheint mir), wenn Sie auf dem noch dieses Jahr stattfindenden Landesparteitag die Satzungsänderung serviert bekommen, die die Zusammenarbeit mit den "freien Wählern" verbietet (und dann wohl definitiv beenden wird). Wie wollen Sie das verhindern? Glauben Sie, im letzten Moment die Satzungsänderung kippen und womöglich den Landessprecher stürzen zu können?

Da ich kein Frankfurter bin, habe ich eine Frage: haben sie bei der letzten Frankfurter AfD Kreisvorstandswahl angestrebt, einen Sitz im Kreisvorstand zu erhalten? Wenn ja: Woran sind Sie Ihrer Meinung nach gescheitert? Wenn nein: Warum nicht?

Das waren einige Fragen und Überlegungen von jemandem, der sich ernsthaft Sorgen macht um die Geschicke Ihrer Vaterstand und der ernsthaft um Vermittlung bemüht wäre, wenn er dürfte.

Viele Grüße an Sie und an alle Leser dieser Internetseite