Tumulte und Fake-News

Eine Nachbetrachtung zur Frankfurter Buchmesse

Tumulte und Fake-News


Turbulent wie seit Jahren nicht, ging es dieses Jahr auf der Frankfurter Buchmesse zu. Diese Turbulenzen sind ein weiteres Spiegelbild der politischen Spannungen, die derzeit in Deutschland existieren, hervorgerufen durch eine Politik fataler Fehlentscheidungen.

Das Establishment ist nervös wie seit langem nicht mehr. Das hat vor allem mit dem Erstarken einer politischen Konkurrenz von rechts, der AfD, zu tun, zum anderen aber auch mit einer lauter werdenden generellen Kritik an den Verhältnissen, die sich exemplarisch bei den "Pegida"-Demonstrationen zeigte.

Seit vielen Jahren gibt es in Deutschland eine konservative bzw. rechte Zeitschriften- und Buchverlagsszene, die sich regelmäßig kritisch mit der Politik des etablierten linksliberalen Establishments auseinander setzt. Vielen schmeckt diese Szene nicht, doch in den letzten Jahren wurde sie auf der Buchmesse weitgehend toleriert.

Dass war dieses Jahr anders. Und einige Frankfurter Akteure aus Politik und Verwaltung haben sich dabei ausgesprochen unrühmlich hervorgetan.

Die Frankfurter Buchmesse wird organisiert von der Frankfurter Buchmesse GmbH. Diese ist eine Tochtergesellschaft des in Frankfurt ansässigen Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Geleitet wird die Buchmesse seit 2005 von dem ehemaligen Verlagsbuchhänder Juergen Boos. Boos kann als einer der Verursacher der späteren Eskalation eingeordnet werden. Er begnügte sich nicht damit, eine interessante Buchmesse zu organisieren und sich politisch neutral zu verhalten. Stattdessen goss er Öl ins Feuer. Boos trägt die Verantwortung dafür, dass die Stände der Wochenzeitung "Junge Freiheit" und des "Antaios"-Verlages regelrecht von den Ständen linker Gegner eingekeilt wurden. Die "Junge Freiheit" wurde in einen unattraktiven Rand-Gang gesetzt und dort von Comic-Ständen umgeben, in denen auch Publikationen "gegen rechts" beworben wurden. Und der 1998 von der ehemaligen Stasi-Zuträgerin Anetta Kahane gegründeten Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich dem Kampf "gegen Rechtsextremismus" und "Rassismus" verschrieben hat, wurde ein Stand direkt gegenüber des "Antaios"-Verlages eingerichtet. Die Stiftung brauchte für den Stand, für den ein normaler Aussteller um die 20.000 Euro hinlegen müsste, keine Gebühren zahlen, sondern bekam ihn kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf Nachfrage rechtfertigte die Frankfurter Buchmesse die Entscheidung mit der politischen Begründung, sie habe "ein Gegengewicht zu den Themen und Publikationen des Antaios-Verlages in diesem Hallenareal schaffen wollen".

Juergen Boos äußerte gegenüber der "Frankfurter Rundschau" fast mit Bedauern, dass nicht gegen Veranstaltungen am "Antaios"-Stand eingeschritten werden könne: "Wir können in einem solchen Fall nicht einschreiten, weil dies gegen die Meinungsfreiheit wäre." Man wolle aber einen "aktiven Umgang" mit den Inhalten des "Antaios"-Verlags pflegen. In Zeiten gewalttätig agierender und mit Steuergeldern geförderter "Antifaschisten"-Gruppen weiß man, was darunter in der Praxis zu verstehen sein muss. Die Rede vom "aktiven Umgang" konnte von den Leuten mit entsprechendem Potenzial geradezu als Aufforderung verstanden werden.

Zuvor hatte der Börsenverein auf seiner Webseite auch noch verlautbart, er werde sich "auf geeignete Weise kritisch gegenüber den Botschaften dieser Verlage äußern und unsere Werte vor Ort vertreten". Dabei wurden auch die Standnummern der Verlage "Manuscriptum", "Antaios" und "Junge Freiheit" ausdrücklich genannt. Zudem hatte er zu Aktionen gegen rechtsgerichtete Verlage aufgerufen: "Wir laden auch Sie dazu ein, die Begegnung mit den Verlagen nicht zu scheuen und für Ihre Meinungen und Werte einzutreten. Meinungsfreiheit heißt auch, Haltung zu zeigen. Engagieren Sie sich!"

Um diesen Aufruf zu unterstreichen, zog ein Grüppchen von 20 Leuten, angeführt vom Geschäftsführer des in der Braubachstraße ansässigen Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, mit Schildern "gegen Rassismus" und "für Vielfalt und Toleranz" am "Antaios"-Stand vorbei. Meinungsvielfalt und Toleranz gegenüber abweichenden Positionen waren damit nicht gemeint, obwohl sich Skipis gerne als Verfechter der geistigen Freiheit inszeniert.

"In Deutschland protestiert ja nicht die Opposition, sondern es wird gegen sie protestiert", schrieb dazu der Journalist Michael Klonovsky.

Es kam zu den erwarteten Gewaltausbrüchen. Die Auslage des "Antaios"-Verlages wurde in einer Nacht zu großen Teilen vernichtet. Kaffee wurde über Bücher geschüttet, Zahnpasta darüber geschmiert. Am Stand des "Manuscriptum"-Verlages und der Zeitschrift "Tumult" wurden fast alle Bücher, Hefte und Werbematerialien gestohlen.

Deshalb wirken die ohnehin faden Distanzierungen des Börsenvereins vor der dann einsetzenden Gewalt wie eine heruntergeleierte Pflichtübung, wenn nicht sogar verlogen. "Der Börsenverein verurteilt jede Art von Sachbeschädigung und Gewalt", verlautbarte Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis. Die Buchmesse gab der "Jungen Freiheit" erst gar keine Stellungnahme ab. Kommunikationschefin Katja Böhme teilte lediglich floskelhaft mit, daß die "Frankfurter Buchmesse jeder Anzeige von Sachbeschädigung" nachgehe, um "den störungsfreien Ablauf der Messe" sicherzustellen.

Vom Frankfurter Oberbürgermeister ist uns auch keine Stellungnahme zur Gewalt gegen die rechtsgerichteten Verlage bekannt. Über 80 Jahre nach den nationalsozialistischen Bücherverbrennungen ist es also mal wieder so weit, dass Institutionsleiter und Politiker wegschauen, wenn Bücher vernichtet werden und die öffentliche Rede eingeschränkt werden soll.

Doch die Situation eskalierte weiter. Es kam zu zahlreichen Störungen, gegen die aber von Freunden der betroffenen Verlage Gegenwehr erfolgte, gerechtfertigte und ungerechtfertigte. Am Stand der "Jungen Freiheit" störte ein linker Musik-Verleger eine Lesung des Historikers Karlheinz Weißmann und wurde daraufhin nach einem verbalen Schlagabtausch von einem Zuhörer geschlagen.


Doch nicht nur der Börsenverein und die Leitung der Buchmesse haben sich 2017 nicht mit Ruhm bekleckert, sondern auch einige hiesige Politiker.

Oberbürgermeister Peter Feldmann wollte seine Qualitäten als Möbelpacker beweisen und positionierte sich eindeutig als Gegner einer uneingeschränkten Presse- und Meinungsfreiheit. Einige Meter neben der berüchtigten Amadeu-Antonio-Stiftung wurde zusätzlich die Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank platziert. Feldmann versetzte für die Fotokameras eigenhändig einen Messestand-Tisch und – so der "Hessische Rundfunk" -  "wettert, kaum angekommen, gegen die `Fehlentscheidung des Börsenvereins´, rechte Verlage zuzulassen. Die Organisatoren seien `zu passiv´, man müsse, `die Vielfalt, die wir in Frankfurt leben, ernstnehmen´". Feldmann durfte am Stand der Bildungsstätte an einer weiteren der üblichen PR-Symbolaktionen teilnehmen, die meist mit Steuergeldern von oben initiiert werden. Er lies sich für die Aktion "Mut – Mutiger – Mund auf!" fotografieren, die die Bildungsstätte gestartet hatte, um für das zu werben, was sie unter einer toleranten Gesellschaft versteht. Mit Mund-Fotos im Netz und Buttons auf der Messe. Unterstützt wurde das Ganze vom DGB, dem Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft und dem Haus am Dom. "Wir wollen nicht die Rechte auf die Zielscheibe setzen, sondern der Mehrheit eine Stimme geben", sagte Meron Mendel von der Bildungsstätte. Die Mehrheit erwies sich als kleines Häufchen, von zahlreichen Kameras begleitet.


Der Stadtverordnete Nico Wehnemann von der angeblichen Spaßgruppierung "Die Partei" wiederum entpuppte sich als Lügenbaron, als er sich bei einer von ihm maßgeblich mitgetragenen "antifaschistischen" Störaktion gegen eine "Antaios"-Lesung als Opfer eines "Nazi"-Überfalls zu inszenieren versuchte.

Es kam nämlich zu Störungen linker Demonstranten, maßgeblich von Anhängern der "Partei", während einer Buchpräsentation in der Halle 4.2.

Es wurde dabei das Buch "Mit Linken leben" von Caroline Sommerfeld und Martin Lichtmesz vorgestellt. Der thüringische AfD-Chef Björn Höcke gab als Gast auch eine Stellungnahme auf der Bühne ab. Danach folgte der Autor Akif Pirincci, der sein Buch "Der Übergang. Bericht aus einem verlorenen Land" bewarb. Gänzlich eskalierte die Lage, als Martin Sellner aus Wien, ein Vertreter der "Identitären Bewegung", die Bühne betrat. Während die einen "Nazis raus" schrieen, skandierten die anderen "Jeder hasst die Antifa" zurück.

Während dieser Auseinandersetzung musste die Polizei die Veranstaltung vor zwielichtigen Personen schützen, wobei es wohl auch zu Festnahmen von Störern kam. Nico Wehnemann von der "Partei" behauptete daraufhin, von anwesenden "Nazis" während der Lesung "zusammengeschlagen" worden zu sein.

Videoaufzeichnungen entpuppten dies als "Fake News". Wehnemann wurde lediglich von einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der Messe festgehalten und zu Boden gedrückt, als er eine Absperrung zu durchbrechen versuchte.

Es wäre Aufgabe der Messeleitung gewesen, den ordnungsgemäßen Ablauf der Veranstaltung, für die "Antaios" immerhin 1800 Euro an die Messe gezahlt hat, zu gewährleisten. Doch der "Antaios"-Verlagsleiter Götz Kubitschek erklärte, dass Juergen Boos rasch vor Ort gewesen wäre, aber die Störer hätte gewähren lassen. Stattdessen versuchte Boos, die reguläre Veranstaltung zu beenden. Der Aufforderung zu einem offenen Dialog kam er nicht nach.


Verleger Kubitschek äußerte sich später ausführlich zu dem skandalösen Verhalten der Messeleitung.

Ebenso die Autoren Martin Lichtmesz und Karlheinz Weißmann.

Gegen das skandalöse Vorgehen der Messeleitung, der "Antifaschisten" und einiger Frankfurter Kommunalpolitiker haben zudem zahlreiche Autoren, unter anderem Jörg Friedrich, Heimo Schwilk und Matthias Matussek, eine Online-Petition unter dem Namen " Appell: Charta 2017 - Zu den Vorkommnissen auf der Frankfurter Buchmesse 2017" gestartet.


Marlis Lichtjahr

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