„E-Scooter-Verleihern die Grenzen aufzeigen!“

Römer-Rede Ingeborg Leinweber vom 14.12.2023

„E-Scooter-Verleihern die Grenzen aufzeigen!“

In ihrem Debattenbeitrag in der Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 14. Dezember 2023 hat die verkehrspolitische Sprecherin der BFF-BIG-Fraktion im Römer, Ingeborg Leineweber, Verkehrsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) dazu aufgefordert, den Anbietern von Leih-E-Scootern in Frankfurt endlich die Grenzen aufzuzeigen, und zwar „am besten die Stadtgrenzen von Frankfurt.“.

Ihren fundierten Redebeitrag, in dem sie den von ihrer Fraktion eingebrachten Antrag NR 796 „Paris zeigt, wie es geht - Miet-E-Scooter komplett aus Frankfurt verbannen!“ begründetet und dabei nicht nur die „Mär von der letzten Meile“ ebenso klar widerlegt wie die angebliche Umweltfreundlichkeit der Elektro-Tretroller, sondern auch die Sicherheit von Fußgängern in den Vordergrund stellt, können Sie hier im Wortlaut nachlesen:

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Rede Ingeborg Leineweber, Stadtverordnetenversammlung vom 14.12.23

Frau Stadtverordnetenvorsteherin,
Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren!

Paris, das ja hierzulande gerne als Paradebeispiel angeführt wird, wenn es um den ideologischen Kampfbegriff „Verkehrswende“ geht, hat gezeigt, wie es geht!

Zum 01. September dieses Jahres wurden dort die unbeliebten Miet-E-Scooter endgültig von den Straßen verbannt, nachdem weder ausgewiesene Parkzonen noch eine automatische Geschwindigkeitsdrosselung in Fahrverbotszonen eine Verbesserung der Situation herbeigeführt hatten.

Die bisherigen Bemühungen seitens der Stadt Frankfurt, das E-Scooter-Chaos endlich in den Griff zu bekommen, hingegen sind völlig unzureichend.

Wie wichtig und zugleich auch zielführend unser Antrag NR 796 „Paris zeigt wie es geht – Miet-E-Scooter komplett aus Frankfurt verbannen“ ist, zeigt die jüngste Umfrage des ADAC zur Fußgängersicherheit, die vor knapp vier Wochen veröffentlicht wurde.

Das erschreckende Ergebnis: Nur knapp über die Hälfte der Menschen in deutschen Großstädten, nämlich gerade einmal 51 %, fühlt sich sicher, wenn sie zu Fuß im Straßenverkehr unterwegs ist.

Als häufigster Faktor, warum sich Fußgänger im Straßenverkehr vom Verhalten anderer gestört und unsicher fühlen, werden E-Scooter genannt.

Mehr als zwei Drittel der Befragten bemängeln, daß sie durch Elektroroller auf Gehwegen behindert werden, diese dort unerlaubt fahren, zu schnell unterwegs sind oder ohne Vorwarnung abbiegen und überholen.

Zudem nehmen rund 55 % der Befragten das Fahrverhalten der E-Scooter-Fahrer als besonders rücksichtslos wahr.

Die Beobachtung, dass Nutzer von Miet-E-Scootern regelmäßig sich selbst und andere massiv gefährden, wenn sie regelwidrig Bürgersteige und Fußgängerzonen befahren, ist also ebenso empirisch belegt wie die Tatsache, dass rücksichtslos abgestellte Elektro-Tretroller insbesondere für ältere, sehbehinderte und bewegungseingeschränkte Menschen zur gefährlichen Stolperfalle werden. Aber auch Eltern mit Kinderwagen sind hiervon in besonderer Weise betroffen.

Doch auch die weiteren Argumente für eine Verbannung der Leih-E-Scooter aus Frankfurt, die wir in der Begründung unseres Antrags angeführt haben, sind bestens fundiert.

Denn selbst das Bundesumweltamt muss in einem auf seiner Homepage veröffentlichten Beitrag „E-Scooter momentan kein Beitrag zur Verkehrswende“, der zuletzt am 14. November 2023 bearbeitetet wurde, eine vernichtende Bilanz ziehen.

So stellen die elektrischen Tretrollen weder einen Gewinn für die Umwelt dar, noch – und das sagt ja bereits die Überschrift aus – noch leisten sie einen Beitrag zur sogenannten „Verkehrswende“. Es ist also nicht richtig, was Mobilitätsdezernent Siefert hier immer wieder behauptet.

Interessanterweise ersetzen die Leih-E-Scooter nämlich überwiegend den umweltfreundlicheren Fuß- und Radverkehr.

Nur 5,5 % der E-Scooter-Fahrten ersetzen eine Fahrt mit dem eigenen Auto oder mit privaten Fahrdienstanbietern. Wege, die auch ohne E-Scooter zurückgelegt worden wären, wären sonst zu Fuß (53 %) mit dem ÖPNV (27 %) oder dem (Leih-)Fahrrad (3%) zurückgelegt worden!

Diese Zahlen der Unfallforschung der Versicherer belegen eindeutig, dass es sich bei der zurückgelegten „letzten Meile“, die von Befürwortern der Leih-E-Scooter zu deren Rechtfertigung immer wieder ins Feld geführt wird, lediglich um eine Mär handelt.

Bei E-Scootern, die sich im Privateigentum des jeweiligen Nutzers befinden, fällt die Bilanz hingegen deutlich besser aus: Hier ersetzen immerhin 34 % der Fahrten eine Autofahrt. Und da in diesem Fall auch ein völlig anderes Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit dem Gefährt zum Tragen kommt, hat gegen eine solche Nutzung bekanntlich kaum jemand etwas einzuwenden, sofern sie regelkonform erfolgt. Oder wer von Ihnen hat jemals einen privatgenutzten Tretroller gesehen, der kreuz und quer auf dem Gehweg abgestellt wurde oder gar diesen umgefallen blockierte?

Aber auch die Tatsache, dass es sich bei den Miet-E-Scootern um vermeidbaren Elektroschrott handelt, der immer wieder gerne seinen Weg in unsere Landschaftsschutzgebiete oder in Main und Nidda findet und dort zur Umweltzerstörung beiträgt, spricht gegen diese Kleinstfahrzeuge. Ebenso die sogenannten „Juicer“, die in der Nacht mit Transportfahrzeugen - zumeist älteren Baujahrs und mit Dieselantrieb - die Elektro-Tretroller einsammeln, um die Akkus zu tauschen, aufzuladen oder die Gefährte wieder auf andere Standorte zu verteilen und damit deren CO2-Bilanz zunichtemachen.

Wenn man dann noch in Betracht zieht, dass die Miet-E-Scooter im Bahnhofsviertel nicht nur Gehwege, Kreuzungen und Durchgänge blockieren, sondern auch als Drogenverstecke missbraucht werden, dann ist nach mehr als vier Jahren des Zögerns und des Herumlavierens jetzt der Zeitpunkt gekommen, um die Miet-Tretroller endlich komplett aus dem gesamten Stadtgebiet von Frankfurt zu verbannen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zumal die wahllos und in massenhafter Ansammlung herumstehenden Miet-E-Scooter auch eine erhebliche Beeinträchtigung des Stadtbildes darstellen. Und auch aus diesem Grund müssen sie von dort verbannt werden, damit unser Frankfurt wieder schöner wird!

Und Herr Stadtrat Siefert, wenn sich Ihr Vorgänger im Amt hier einfach hinstellt und behauptet, eine generelle Nichtzulassung von Leih-E-Scootern in Frankfurt wäre aus rechtlichen Gründen nicht möglich, dann muss diese Behauptung erst einmal einer Überprüfung unterzogen werden. Alle reden über EU-Recht. Warum soll in Paris etwas möglich sein und in Frankfurt nicht? Das von Herrn Majer angeführte „quasi Berufsverbot“ kann es wohl nicht sein.

Selbst wenn eine generelle Nichtzulassung vor Gericht keinen Bestand haben sollte, sollte man es auf diesen Versuch in jedem Fall ankommen lassen, zumal die Stadt schon in weit aussichtloseren Fällen den Rechtsweg beschritten hat.

Im Falle eines Scheiterns kann dann immer noch über entsprechende Regularien, Auflagen und Sanktionen in den erteilten Sondernutzungsgenehmigungen den Betreibern von E-Scooter-Verleihsystemen das Leben in Frankfurt ungemütlich und damit für diese unattraktiv gemacht werden – oder eben auch in Form einer entsprechenden Sondernutzungssatzung.

Das fängt bei einer Begrenzung der Anzahl an und hört beim Widerruf einer - selbstverständlich zu befristenden -Sondernutzungsgenehmigung bei Verstößen gegen dieselbe noch lange nicht auf. So hat zum Beispiel die Hansestadt Bremen festgelegt, dass störende Fahrzeuge binnen 24 Stunden zu entfernen sind. Bei wiederholten Verstößen – z. B. auch bei der Nutzung in Verbotszonen -  kann dem betreffenden Betreiber die Sondernutzungsgenehmigung sofort entzogen werden.

Und auch eine Sondernutzungsgebühr für E-Scooter-Betreiber, die natürlich so hoch wie möglich, aber nicht unangemessen hoch, ausfallen muss, stellt aus unserer Sicht ein probates Mittel dar, um Frankfurt für Betreiber von Leih-E-Scootern unattraktiv zu machen. Diesbezüglich ist gerichtlich das letzte Wort noch nicht gesprochen, aber ganz grundsätzlich dürfen Kommunen eine solche Sondernutzungsgebühr erlassen.

Sie sehen also, auch in diesem Fall gilt das Motto „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“, Herr Stadtrat Siefert, nehmen Sie also endlich das Heft des Handelns in die Hand und zeigen Sie den E-Scooter-Betreibern ihre Grenzen auf. Am besten die Stadtgrenzen von Frankfurt!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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