Enteignet Lucke!

Der „Weckruf 2015“ ist eine politische Bankrotterklärung

Enteignet Lucke!
© Foto: R2D2


In meinem schon etwas längeren politischen Leben habe ich schon einige Wunderlichkeiten erlebt und manchmal auch erlitten. Doch das Unternehmen „Weckruf 2015“, mit dem Bernd Lucke und andere die AfD zugleich spalten und dominieren wollen, ist unter all diesen Wunderlichkeiten ein ganz besonderer Höhe- resp. Tiefpunkt. Denn damit wird der trostlose Versuch unternommen, das eigene Unvermögen, eine Partei inhaltlich und verantwortlich zu führen, vor aller Augen zu vernebeln. Dafür kann es nur eine Antwort geben: Lucke samt Anhang enteignen und die AfD endlich zu dem machen, was tatsächlich mehr denn je gebraucht wird, nämlich zur parteipolitischen Alternative für Deutschland.

Diese Enteignung ist schon deshalb unausweichlich, weil darum der bisherige Parteiführer mit seinem Verzweiflungsmanöver geradezu bettelt. Wie anders könnte dieser als Notruf von politischen Bankrotteuren maskierte „Weckruf“ charakterisiert werden denn als provokative Erpressung derjenigen, die eine Partei erst zu einer solchen machen, also der Mitglieder? Doch wer sich dieser Erpressung beugt, das muss und wird auch Lucke wissen, verzichtet ein für alle Mal auf den aufrechten Gang, der für eine glaubwürdige politische Alternative zum Parteienblock unverzichtbar ist. Deshalb kann es keine andere Lösung als den Austritt oder den Rauswurf des Lucke-Henkel-Flügels aus der Partei geben, ganz gleich wie sich das demnächst vollziehen wird. Dieser Flügel will keine inhaltliche Auseinandersetzung mehr mit all den durchaus heterogenen Kräften in der Partei, die lediglich darauf beharren, dass der Anspruch des Parteinamens auch politisch und geistig eingelöst wird.

Ob dieser nun auch für das gutgläubigste Gemüt zu erkennende Unwille entweder der Unfähigkeit zu dieser Auseinandersetzung geschuldet ist oder gar verwerflichere Motive hat, sollte jetzt nebensächlich sein. Viel wichtiger, ja entscheidend ist es jetzt, das 2013 so hoffnungsvoll begonnene Projekt AfD vor der Zerstörungswut der Initiatoren des „Weckrufs“ zu retten. Dazu sind alle aufgerufen, die aufrichtige Mitglieder in der Partei sind, es waren oder es erst dann werden wollen, wenn die AfD mit dem Mut zur Wahrheit den schweren, mühsamen, aber ungeheuer lohnenden Weg beschreiten wird, den unser Land braucht, um nicht abgeschafft zu werden. Es ist nun sonnenklar, dass Lucke und sein Anhang diesen Weg nicht beschreiten wollen, höchstwahrscheinlich auch nie beschreiten wollten. Das ist zu respektieren, obwohl das in Anbetracht der schäbigen Denunziation Andersdenkender und Anderswollender als „Rechte“ nicht leicht fallen dürfte.

Bernd Lucke hat sich große Verdienste um die Gründung und den Aufbau der Partei erworben. Daraus leitet sich aber keinerlei Recht, diese mit Rufmord und Destruktion zu zerstören, weil sich die AfD in eine andere Richtung als von ihm und anderen gewünscht entwickelt. Festzuhalten ist: Diejenigen, die nun den „Weckruf 2015“ posaunen, haben es nicht vermocht, ja noch nicht einmal ernsthaft versucht, den Kampf um die Richtung der Partei mit den Mitteln ihrer Argumente und ihrer Überzeugungsfähigkeit zu führen. Vielmehr setzen sie auf zutiefst autoritäre Methoden sowie Verächtlichmachung vieler Aktivisten. Mit diesem Stil lassen sich sogar die etablierten Parteien nicht mehr führen und lenken, geschweige denn eine sich alternativ zu diesen verstehende Partei. Der „Weckruf 2015“ ist eine politische Bankrotterklärung, nichts anderes.

Jetzt muss alles getan werden, um die AfD vor denen zu retten, die aus ihrem Bankrott den der Partei machen wollen, ob nun bewusst oder verblendet. Wenn der Lucke-Flügel die AfD verlassen haben wird, ist die sofortige Bestimmung eines neuen Parteivorstands mit erfahrenen, moderaten und verantwortungsbewussten Personen notwendig. Dessen Hauptaufgabe ist es, binnen eines halben Jahres einen Programmentwurf zu erarbeiten, der allen Mitgliedern zur Diskussion und Verabschiedung vorgelegt wird. Denn nur ein inhaltlicher Konsens kann die Partei zusammenhalten, das sollte die wesentliche Lehre aus der bisherigen AfD-Geschichte sein. Ferner muss ein politischer Aktionsplan vorgelegt und realisiert werden. Ganz oben auf diesen Aktionsplan gehört das Asyl- und Flüchtlingsproblem, das den Regierenden völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Nur eine Partei, die nicht ausschließlich mit sich selbst beschäftigt ist, sondern an der politischen Front kämpft, ist von Nutzen – auch das lehrt die AfD-Entwicklung. Nach der Verabschiedung des Programms kann dann ein neuer Vorstand gewählt werden mit Personen, die sich nach dem Bruch bewährt und bewiesen haben.

Au keinen Fall darf es nach dem Bruch zu einer Radikalisierung kommen. Diese Gefahr gibt es natürlich, denn nach dem Abgang des Lucke-Henkel-Flügels werden auch allerlei randständige Verschwörungsprediger, irrlichternde Extremisten und gar nicht so klammheimliche Antisemiten ihre Chance wittern. Ein Patentrezept dagegen gibt es nicht, aber die Grenzziehungen sollten schnell, klar, transparent und konsequent gezogen werden. Sicherlich wird eine AfD ohne den Lucke-Henkel-Flügel, also mit weniger Wirtschaftsliberalen und Transatlantikern andere inhaltliche Positionen in wesentlichen Fragen beziehen als das jetzt der Fall ist. Doch die Entwicklung dieser Positionen darf nicht überstürzt erfolgen. Die AfD bekommt nun eine zweite Chance – eine dritte wird es nicht geben.


Wolfgang Hübner

Leserkommentare (1)

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Diesem Beitrag ist nur zuzustimmen. Es geht darum, eine echte Alternative für Deutschland zu entwickeln. Eine FDP 2.0. braucht niemand, dann kann man auch das Original wählen. Mit Gauland, Petry und Höcke könnte die Partei in eine Richtung bewegt werden, die sie für viele enttäuschte Bürger wählbar macht.