50 Jahre Nostra Aetate
Verhältnis der katholischen Kirche zum Islam
Das Verhältnis der katholischen Kirche zu den Muslimen wurde am 28. Oktober 1965 im Zuge des II. Vatikanischen Konzils mit der Konzilserklärung „Nostra Aetate“ auf eine neue Grundlage gestellt. Dies war kürzlich der Anlass zum einem Interreligiösen Gespräch im großen Saal des Hauses am Dom. Der Saal war recht gut gefüllt mit rund 90 Gästen meist fortgeschrittenen Alters. Eingangs stellte Weihbischof Dr. Hans-Jochen Jaschke, Vorsitzender der Unterkommission interreligiöser Dialog der Deutschen Bischofskonferenz fest: „Die christliche Kirche steht nicht in Konkurrenz zu den anderen Religionen.“ Man wolle die Liebe fördern und die Gemeinschaft untereinander, einander achten und nicht ablehnen. Der Dialog sei eine heilige Pflicht, habe Papst Franziskus gesagt.
Jesuitenpater Prof. Dr. Christian Troll, er lehrte vor seiner Emeritierung an der katholischen Universität St. Georgen, hielt zur Einführung das Impulsreferat „Kernaussagen und Bedeutung von Nostra Aetate für die katholische Kirche“: Troll war beim II. Vatikanischen Konzil Muslim-Spezialist und beeinflusste dort maßgeblich die neue Sicht der katholischen Kirche auf den Islam. Beide Religionen beten den einen Gott der Barmherzigkeit und des Jüngsten Gerichtes an. Allerdings verehren die Muslime Jesus als Propheten an und nicht als Gott, der mit Allah der Einzige sei. Weitere Gemeinsamkeiten seien, dass Muslime auch die Mutter Gottes Maria verehren, allerding nicht als Mutter Gottes. Und Abraham als gemeinsamen Stammvater. Beim Konzil habe es allerdings kein Ort zum Dschihad gegeben. Auch zum Koran und zur Scharia wurde geschwiegen. Und Mohammed sei auch nicht genannt worden.
Es folgten unter der Moderation von Jesuitenpater JProf. Dr. Tobias Specker unter dem Thema „Anders gesagt … Wie sollte Nostra Aetate heute formuliert werden“ die Statements der muslimischen Vertreter: Der Sunnit JProf. Dr. Erdal Toprakyaran von der Universität Tübingen: „Wir müssen respektvoll miteinander umgehen, trotz des christlichen Wahrheitsanspruches. Um die Probleme der Welt zu lösen (s, Sure 5, Vers 8 Sure 16, Vers 25 und Sure 10, Vers 99), müssen wir miteinander umgehen.“ Als erster Ausländer habe Papst Franziskus Präsident Erdogan in seinem neuen Palast besucht, habe aber zum Entsetzen von Erdogan das Massaker an den Armeniern 1915 als Völkermord bezeichnet. Flüchtlinge nicht aufzunehmen, sondern auszugrenzen, sei so unchristlich wie unmuslimisch.
Ebenso versöhnlich, allerdings auch fordernd äußerte sich der Schiit Dr. Hussein Hamdan aus Stuttgart: Die Muslime fordern vom Vatikan Beratung und nicht Belehrung. Das gelte auch umgekehrt. Schließlich beteten die Muslime wie Christen und Juden den alleinigen Gott an. Man solle die gemeinsamen Werte betonen. Hamdan forderte, in einem weiteren Konzil einen neuen Text von Nostra Aetate, wo die Unterschiede zum Islam definiert werden. Zum Pluralismus: Der 12. Kalif habe als Mahdi die gleiche Aufgabe wie Jesus. Und seine Mutter Maria gehöre zu den vier weiblichen Weltenherrschern.
Die Alevitin JProf. Dr. Hamdan Aksünger aus Hamburg informierte eigentlich nur zum Alevitentum: Gründer Ali war Vetter und Schwiegersohn von Muhammad, In Anatolien wurden die Aleviten im Osmanischen Reich und dann in der Republik diskriminiert, Für die Aleviten sind Thora, Bibel und Koran gleichberechtigte Bücher. Die Aleviten setzen sich ein für Monogamie und Gewaltlosigkeit. In Deutschland seien die Aleviten nach Christen und Sunniten mit 600.000 Mitgliedern die drittgrößte Religionsgemeinschaft.
Abschließend für die Evangelischen Dr. Friedmann Eißler aus Berlin: Nostra Aetate sei seit 60 Jahren ein Gewinn: Man blicke nicht mehr mit Miß- oder gar Verachtung auf Menschen. In der anschließenden kurzen Diskussion hier nur die Antwort des Schiiten Dr. Hamdan auf die Frage, wo es neulich in Deutschland eine Auseinandersetzung zwischen Muslimen und Christen gegeben habe: Eine Veranstaltung der Schiiten sei von fundamentalistischen Protestanten so gestört worden, dass man sie habe abbrechen müssen. Der Sunnit JProf. Toprakyaran betonte, der Islamische Staat sei nicht der Islam. Allgemein wurde die aktuelle Dynamik von Glaube und Nicht-Glaube (nicht Un-Glaube) festgestellt.