Geschichtspolitischer Modetrend auf Provinzniveau

Frankfurt lässt Hindenburg von der Ehrenbürgertafel entfernen

Geschichtspolitischer Modetrend auf Provinzniveau
WIKImaniac - Wikipedia, GNU Free Documentation License

Vorbemerkung: Am 11. Mai 2015 haben die Fraktionen von CDU, Grünen, SPD, Linkspartei und FDP beschlossen, den Namen des ehemaligen Reichspräsidenten Hindenburg von der Tafel der Ehrenbürger der Stadt Frankfurt am Main entfernen zu lassen. Als einzige Fraktion haben die Stadtverordneten der Bürger Für Frankfurt (BFF) gegen diesen Beschluss gestimmt. Das geschah nicht aus Sympathie mit der Person und den politischen Entscheidungen Hindenburgs, sondern aus der Überzeugung, dass mit der Streichung einer historischen Persönlichkeit nur denjenigen gedient ist, die im Namen der „Politischen Korrektheit“ ihre Macht beweisen wollen. Übrigens fehlt jede Erklärung aus den Parteien, die den Frankfurter Beschluss gefasst haben, warum fast 70 Jahre lang der Namen Hindenburg auf der Ehrenbürgertafel niemanden gestört hat – aber das nur nebenbei.  
________________________________________________________________________________
 

Im Westen nichts Neues. Die Frankfurter Sozialdemokraten wollten Paul von Hindenburg von der Ehrenbürgerliste streichen. Und die anderen Parteien im Römer einschließlich der CDU haben dieser geschichtspolitischen „Großtat“ erwartungsgemäß keinen Stein in den Weg gelegt und einen entsprechenden Beschluss gefasst. Und so läuft die etablierte Politik in Frankfurt einer derzeitigen Mode hinterher. Offenbar in Ermangelung anderer größerer Probleme hat sich die politische Linke nämlich momentan bundesweit auf den 1934 verstorbenen ehemaligen Reichspräsidenten eingeschossen, dessen Name nach ihrem Willen flächendeckend aus dem öffentlichen Raum getilgt werden soll.

Für die Umbenennung der Darmstädter Hindenburgstraße haben sich beispielsweise kürzlich unter anderem der DGB, die Grünen und die linke, "antifaschistische" Wählervereinigung "uffbasse" stark gemacht. Hinzu kamen 200 "antifaschistische" Demonstranten mit Fahnen und auf Spruchbändern getragenen Parolen, die stets dafür gut sind, linke Anliegen lautstark auf die Straße zu bringen.Zur Unterstützung wurde gar der umstrittene Historiker Hannes Heer nach Darmstadt geholt.

Heer, der aus dem SDS stammt, DKP-Mitglied und - laut dem Historiker Thomas Becker - einst Mitglied maoistischer K-Gruppen gewesen sein soll, trug Verantwortung für die so genannte "Wehrmachtsausstellung", die aufgrund nachlässiger Quellenarbeit 1999 geschlossen wurde. Ähnliche gegen Hindenburg gerichtete Bestrebungen sind beispielsweise aus Remscheid, Offenburg, Bingen oder sogar Bad Oldesloe zu vermelden. In Meerbusch musste man sich mit einer volkspädagogischen Infotafel am Straßenschild begnügen.

Frankfurt ist also keinesfalls ein Vorreiter, sondern hinkt nur einem aktuellen linken Modetrend hinterher, der längst selbst in der tiefsten Provinz wütet. Doch der Personenkreis ist beliebig erweiterbar. Beispielsweise wurde im Kreis Fulda diskutiert, nicht nur die Hünfelder Hindenburgstraße umzubenennen, sondern auch die nach dem berühmten Raketenbauer benannte Wernher-von-Braun-Schule in Neuhof. Im Frankfurter Westend wendet sich eine Initiative mit Unterstützung der "Grünen" gegen die nach Friedrich Carl Duisberg benannte Straße, weil unter dessen Vorsitz im ersten Weltkrieg Giftgas produziert worden sein soll.

In Rüsselsheim wurde die nach dem ehemaligen Bürgermeister Walter Köbel benannte Sporthalle aufgrund dessen NS-Vergangenheit umbenannt. In Oldenburg wurde in einer in Auftrag gegebenen Studie der Carl von Ossietzky Universität der Frage nachgegangen, "inwieweit Personen, die in Oldenburg durch Straßennamen geehrt werden, mit dem nationalsozialistischen Regime verstrickt waren".

Eine darauf folgende Ausstellung setzte sich nicht nur mit Hindenburg, sondern unter anderem auch dem Arzt Ernst Ferdinand Sauerbruch, dem späteren Bundeskanzler Ludwig Erhard, dem Motorenerfinder Felix Wankel und dem Komponisten Richard Strauß kritisch auseinander. In Berlin steht wiederum die Mohrenstraße im Feuer der Kritik, weil deren Name "kolonialrassistische" Ursachen habe. Der Komiker Dieter Hallervorden wurde gar verbal angegriffen, weil er der Straße seine Stimme für eine U-Bahn-Durchsage geliehen hatte.

Dass diese laute Kritik dem komplexen Sachverhalt nicht gerecht wird, spielt in Zeiten der grassierenden "Political Correctness" keine Rolle mehr. So ist es auch müßig, Argumente mit den Hindenburg-Gegnern auszutauschen. Denn es geht diesen keinesfalls darum, der Vielschichtigkeit einer historischen Persönlichkeit gerecht zu werden. Zumal in der Diskussion immer wieder auch freie Assoziationsketten verwendet werden. Beispielsweise wurde in der Offenburger Diskussion Hindenburg für den 1921 verübten Mord an dem Zentrumspolitiker Matthias Erzberger verantwortlich gemacht, weil die Täter sich auf die von Hindenburg mitverbreitete "Dolchstoßlegende" berufen hatten.

Auf die gleiche Weise dürfte man zum Beispiel in Zukunft Politiker, die sich heute für die "Willkommenskultur" gegenüber arabischen Einwanderern einsetzen, dann eben auch für künftige Morde mit islamistischem Hintergrund zur Verantwortung ziehen. Oder man kann jene Politiker, die immer die Rede von der "sozialen Gerechtigkeit" im Munde führen, mitverantwortlich machen für die Blockupy-Schläger, die sich darauf moralisch beziehen.

Viele Bürger äußern immer wieder in Diskussionsveranstaltungen und Leserbriefen ihr Unverständnis für die linke Säuberungswelle. Es wird darauf verwiesen, dass Hindenburg der Weimarer Republik loyal gedient hat, Umgang mit dem Maler Max Liebermann pflegte, dem jüdischen Kunsthistoriker Adolph Goldschmidt noch im Januar 1933 die höchste Auszeichnung der Weimarer Republik verlieh, sich für jüdische Veteranen und Beamte einsetzte.

Ganz abgesehen von Hindenburgs militärischen Verdiensten im ersten Weltkrieg, die dazu beitrugen, Ostpreußen vor einer russischen Invasion zu bewahren, wird seine politische Rolle heute allein auf die von ihm nur widerwillig und in komplizierter politischer Lage vollzogene Ernennung Hitlers zum Reichskanzler reduziert. Dies in einer Situation, in der das Kabinett noch weitgehend aus Nicht-Nationalsozialisten bestand und in der die weitere historische Entwicklung noch gar nicht vollends absehbar war.

Bei der Präsidentenwahl 1932 wurde Hindenburg von sämtlichen bürgerlichen Parteien und den Sozialdemokraten unterstützt, als er gegen Hitler und den Kommunisten Thälmann antrat. Die heutige SPD schämt sich also heute im Grunde ihres einstigen Kandidaten.

1947 beschloss der Frankfurter Magistrat unter Oberbürgermeister Walter Kolb (SPD), Adolf Hitler und Hermann Göring in einem symbolischen Akt die Ehrenbürgerwürde posthum abzuerkennen. Hindenburg wurde damals aber bewusst nicht gestrichen, obwohl durchaus bekannt gewesen sein dürfte, dass er die Auszeichnung unter nationalsozialistischer Ägide erhalten hatte. Fast 70 Jahre später haben es nun die Frankfurter Parteifilialen ganz anders gemacht.

Bei der mit 70 Jahren Verspätung durchgeführten Hindenburg-Säuberungsaktion geht es vor allem um eine Demonstration eigener Macht. Die politische Linke will demonstrieren, dass sie die Macht besitzt, den öffentlichen Raum zu dominieren. Dazu gehört eben nicht nur das Monopolrecht auf Demonstrationen, das Andersdenkende (Stichwort Pegida) wegzubeißen berechtigt, sondern auch das Recht, das offizielle Geschichtsbild zu bestimmen. Letzteres beinhaltet die weitest gehende Kontrolle darüber, wer offiziell namentlich geehrt werden soll bzw. an welchen Namen man sich in welcher Weise zu erinnern habe.

Wer das Geschichtsbild kontrolliert, sichert damit das Fundament seiner Macht. Denn Macht versucht sich immer als historisch und moralisch legitimiert darzustellen. Dass es den linken Hindenburg-Gegnern keinesfalls um die Rettung der Demokratie geht, zeigt ein schneller Blick darauf, dass bis heute hunderte Straßennamen und Plätze in der Bundesrepublik nach stramm linken, aber keinesfalls wetterfest demokratischen Personen benannt sind, ohne dass sich die besagten Initiativen bislang auch für deren Umbenennung einsetzen würden: Ernst Thälmann, Clara Zetkin, Rosa Luxemburg, um nur wenige zu nennen.

Die nun angestrebte Aberkennung der Ehrenbürgerwürde ist nur ein rein symbolischer Akt, eine Machtdemonstration und bigotte moralische Überhöhung. Da nämlich mit dem Tod eine Ehrenbürgerwürde automatisch erlischt, ist auch jene Hindenburgs seit 1934 gar nicht mehr rechtlich existent. Es geht vielmehr allein um die Tilgung des Namens aus dem öffentlichen Raum. So soll in einer Stadt, die nicht ein paar tausend Euro für eine Gedenkstele zum freudigen 25. Jahrestag der deutschen Einheit ausgeben will, stattdessen für Steuergeld 70 Jahre später ein Name von der Gedenktafel im Plenarsaal entfernt werden.

All dies sind nur kleine Stufen zu einer immer totalitärer in die Meinungsfreiheit eingreifenden Gleichschaltungsbestrebung, die keine "Störungen" mehr verträgt. Da aber der "Antifaschismus" nie zufrieden zu stellen ist, sondern zur Befriedigung seines permanenten Säuberungsdrangs ständig neues Futter bedarf, wird also der Umbenennungsanspruch selbst dann nicht enden, wenn es keine einzige öffentliche Erinnerung an Paul von Hindenburg mehr gäbe. In diesem Fall würden rasch zahlreiche weitere Objekte gefunden, um die "antifaschistische" Maschine am Laufen zu halten. Stets könnte man irgendeine öffentliche Person finden, die in irgendeiner Weise von "antifaschistischen" Duldungslinie abgewichen ist. Wenn nicht durch nur irgendeinen Bezug zur NS-Zeit, dann zum Beispiel mindestens durch irgendwelche "rassistisch", "sexistisch", "homophob" oder anderweitig "diskriminierend" zu deutenden Äußerungen.

Das wird sich dann zunehmend auch auf einstige Vertreter der bürgerlichen Parteien CDU und FDP ausweiten. Der Name Ludwig Erhard war ja diesbezüglich schon Stichwort. Irgendwann werden auch die ersten Sozialdemokraten selbst betroffen sein. Eine Gustav Noske-Straße in Wilhelmshaven dürfte es in Zukunft schwer haben, hat sich doch SPD-Reichswehrminister Noske einst der Freikorpsverbände bei der Niederschlagung der kommunistischen Novemberrevolution bedient, und manche Freikorpsler wurden später NSDAP-Mitglieder. Auch in Frankfurt sind die nächsten Opfer schon erkennbar. "Ökolinx"-Aktivistin Jutta Ditfurth hatte schon 2013 den Namen von Hermann Josef Abs auf der Ehrenbürgertafel überklebt, da jener als Vorstandsmitglied der Deutschen Bank mitverantwortlich für Krieg, Mord und Versklavung in der NS-Zeit gewesen sei.

Es ist also ein Spiel ohne Ende. Zumindest so lange noch die deutsche Linke die fast uneingeschränkte Kontrolle über den politischen Überbau innehat. Angesichts der von ihr selbst geförderten demographischen Entwicklung ist hier zumindest ein absehbares Verfallsdatum eingebaut.
 

Marlis Lichtjahr

Leserkommentare (1)

Um einen Kommentar zu verfassen, loggen Sie sich bitte hier ein.
Falls Sie noch kein Benutzerkonto besitzen, können Sie sich hier registrieren.

In meiner Geburtsstadt in Sachsen-Anhalt wollen die sozialistischen Blockparteien CDUSPDFDPLinkeGrüne jetzt die Ludwig-Uhland-Straße umbenennen.
Die wurde in den 1920er Jahren gebaut und hieß sogar in den Jahren der kommunistischen Schreckensherrschaft von 1945 bis 1989 durchgängig so.