Vorgehen des Magistrats verschärft Spaltung der Bürger

Anmerkungen zur Veranstaltung am Alten Flugplatz von Bonames

Vorgehen des Magistrats verschärft Spaltung der Bürger
© Marvin800


Es gibt viele Klagelieder in der Politik und den Medien über die gefährliche, weil immer unversöhnlicher werdende Spaltung der deutschen Gesellschaft in Befürworter und Gegner der praktizierten Asyl- und Flüchtlingspolitik. Wie diese Spaltung nicht überwunden, sondern noch mehr vertieft wird, haben in Frankfurt die Umstände und der Verlauf einer Bürgerversammlung am Alten Flugplatz im Stadtteil Bonames gezeigt. Dort wird derzeit eine Unterkunft für einige Hundert Asylbewerber und Flüchtlinge hergerichtet.

Die Fläche dafür liegt im geschützten Grüngürtel der Stadt, direkt am mit hohem menschlichem und finanziellem Aufwand geschaffenen Landschaftsschutzgebiet der Zone II, das besonders strengen Schutzbestimmungen unterliegt. Der Alte Flughafen ist zumal ein sehr beliebtes Ausflugs- und Erholungsgebiet für viele Frankfurter, die sich dort gerne im Tower-Café erfrischen oder Feste feiern. Es war im schwarz-grünen Magistrat klar, dass die Entscheidung, am Alten Flugplatz eine Asyl- und Flüchtlingsunterkunft zu errichten, weder Jubelstürme bei den Anwohnern in Bonames und erst recht nicht bei den Naturschutzverbänden erzeugen würde. Deshalb wurde diese Entscheidung erst drei Tage nach der Kommunalwahl von Sozialdezernentin Birkenfeld (CDU) öffentlich bekannt gegeben.

Dieses Datum erschien der inzwischen abgewählten Römer-Mehrheit wesentlich ratsamer als eine Information der Bürger noch vor der Wahl. Kein Wunder, dass die Stimmung bei der erst am 23. März nachgeholten Bürgerversammlung im völlig überfüllten Tower-Café mehr als gereizt war und es Zwischenrufe der über 500 Besucher gab wie diesen: „Sie wollen uns wohl verarschen, drei Tage nach der Kommunalwahl!“ Dazu gab es viel Kritik an der aufschlussreichen Tatsache, dass kein einziges Mitglied des Magistrats den Bürgern Rede und Antwort stehen wollte. Denn weder die Sozialdezernentin Birkenfeld noch die grüne Umweltdezernentin Heilig waren persönlich erschienen. Stattdessen saßen auf dem Podium Vertreter der Stadtverwaltung, der Sozialindustrie sowie der Betreiber des Tower-Cafés.

Keine dieser Personen war verantwortlich an der Entscheidung für diesen Standort der Unterkunft beteiligt. Deshalb, und das war politisch auch so gewollt, musste alle Empörung im teilweise sehr aufgebrachten Publikum verpuffen. Und ein anderer Teil der Besucher, wohl nicht die Mehrheit, war ohnehin nur gekommen, um bei dieser Gelegenheit Unterstützung der Asyl- und Flüchtlingspolitik zu bekunden. Dazu gehörte auch eine Frau, die äußerte, sich nicht vor den Flüchtlingen, sondern vor der kritischen Stimmung im Saal zu fürchten.

Es gehört zu den bedenklichen Besonderheiten solcher Veranstaltungen im westlichen Teil Deutschlands, dass es ohnehin kaum jemand wagt, sich offen und klar gegen die Massenaufnahme von meist aus dem islamischen Kulturkreis kommenden Asylsuchenden und Flüchtlingen auszusprechen. Vielmehr werden, wie auch in Bonames der Fall, der Zeitpunkt der Information, die Standortwahl oder deren ökologische Folgen kritisiert. Beim noch immer vorherrschenden intoleranten Meinungsklima in Frankfurt wäre es allerdings kaum ratsam, sich mit Namen und Adresse als Gegner der Merkel-Politik und ihrer tatkräftigen Unterstützung durch fast alle politischen Kräfte in Frankfurt zu bekennen.

Deshalb richtet sich in der Regel der Protest fast ausschließlich gegen die Umstände solcher Maßnahmen. Damit ist allerdings auch die Unschädlichkeit dieser Proteste garantiert. Denn selbstverständlich hatten die Vertreter der Verwaltung und der Sozialindustrie bei der Bonameser Versammlung eine ganze Reihe von Sachargumenten zu bieten, warum die Entscheidung für den Standort Alter Flugplatz sozusagen „alternativlos“ und gesetzesgerecht sei. Und die Vertreterin aus dem Sozialdezernat befand schlicht: „Frankfurt ist in einer Notsituation“. Wer dem widersprechen will, braucht schon eine Menge Mut und sollte sich bewusst sein, demnächst die Bezeichnung „Nazi“ und „Rassist“ an seine Hauswand geschmiert zu bekommen, sollte sich dieser Mut in einem öffentlichen Bekenntnis formulieren.

Veranstaltungen wie diejenige in Bonames haben folglich reinen Alibicharakter, zumal wenn sie zu einem Zeitpunkt stattfinden, an dem alles schon entschieden ist. Das mag für die verantwortlichen Politiker im Römer die bequemste Lösung sein, es ist aber auch die feigste und die Verbitterung vieler Bürger am stärksten nährende Variante des Umgangs mit dem Souverän, also dem Volk. Deswegen vertieft der manipulierte Verlauf solcher „Bürgerinformationen“ die Spaltung innerhalb der Bevölkerung. Das wissen selbstverständlich auch CDU, SPD, Grüne und Co. Es hält sie aber keineswegs davon ab, sich in zynisch-arroganter Weise über alle Bedenken hinweg zu setzen und am Ende noch heftig zu beklagen, dass der „Rechtspopulismus“ im Lande Konjunktur habe.

Die in Frankfurt erscheinenden Zeitungen haben über die Bonameser Veranstaltung durchaus ausführlich, wenngleich mit sehr unterschiedlicher Färbung berichtet. Am fairsten und ausgewogensten hat zweifellos Mechthild Harting in zwei FAZ-Berichten das Geschehen wiedergegeben. Diese journalistische Qualität ist inzwischen längst keine Selbstverständlichkeit mehr und muss gerade deshalb positiv erwähnt werden. Noch ausführlicher war die Berichterstattung in der Frankfurter Rundschau (FR) von Marie-Sophie Adeoso und anderen. Doch schon in der Überschrift des Adeoso-Artikels „Häme und Hilfsbereitschaft“ wurde deutlich gemacht, wer im Saal zu den Guten und wer zu den Bösen gezählt wurden.

Auch die Frankfurter Neue Presse (FNP) berichtete umfassend über das Problem in Bonames vor und über die Veranstaltung. Aber es war dem FNP-Lokalchef Boris Tomic vorbehalten, den dümmsten, vor bedingungsloser Gutmenschen-Ideologie geradezu strotzenden Kommentar unter der parteiischen Überschrift „Die Entscheidung für Bonames ist absolut richtig“ zu verfassen. Tomic spart sich jede ernsthafte Beschäftigung mit der Standortwahl, dem Zeitpunkt der Bekanntmachung und den offenen oder versteckten Motiven des massiven Bürgerprotestes, in dem er salbungsvoll auf das schwere Schicksal der Asylsuchenden und Flüchtlinge hinweist.

Doch selbst dem entschiedensten Gegner der neuen Unterkunft am Alten Flugplatz ist klar, dass die dort bald untergebrachten Menschen tatsächlich kein leichtes Schicksal haben und Hilfe benötigen. Tomic und anderen Geistesverwandten interessiert es aber nicht im Geringsten, warum die Wahl des Magistrats ausgerechnet auf einen Ort fiel, der breite Empörung geradezu herausfordern musste. Tomic ist es offensichtlich auch ganz egal, warum und wie die Römer-Mehrheit den Wählern erst nach der Wahl reinen Bitterwein einschenkte.

Es sind also nicht nur die verantwortlichen Politiker, sondern auch selbsternannte journalistische Volkserzieher wie Tomic, die mit selbstgefälliger Ignoranz und moralisierender Anmaßung die Spaltung in der deutschen Bevölkerung noch weiter vertiefen. Die Folgen dieser Spaltung in den aktuellen und künftigen Wahlergebnissen zu beklagen, ist entweder reine Heuchelei oder blindwütige Realitätsverweigerung. Aus beidem erwächst nichts Gutes in der Zukunft.


Wolfgang Hübner

Leserkommentare (1)

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Gut, dass es für Frankfurter wenigstens noch Berichte und Artikel wie diesen hier gibt. Danke dafür.