Garantiertes Streitthema: Bauen und Wohnen
Die neue ganz große Römer-Koalition kann daran scheitern

BFF-Fraktion - Stellungnahme 10-16
Es bedarf wenig Phantasie für die Voraussage, dass unter den möglichen Konfliktfeldern der neuen Römer-Koalition aus CDU, SPD und Grünen die Themen Bauen und Wohnen am brisantesten sind. Denn Frankfurt wächst bekanntlich stark an Bevölkerung, nicht aber an bebaubarer Fläche. Im Koalitionsvertrag (Zeile 463/64) heißt es dazu: „Wir freuen uns darüber, auch wenn uns diese Entwicklung vor große Herausforderungen stellt.“ Wie diese Herausforderungen konkret bewältigt werden sollen, verraten die Autoren des Textes allerdings nicht. Das ist nicht zuletzt deshalb so, weil sich die drei Parteien in diesem Themenkreis uneinig darüber sind, was getan werden sollte, um einerseits bezahlbare Mieten auch für Normal- und Geringverdiener zu ermöglichen, andererseits genügend Wohnraum für die in die Stadt strömenden Neubewohner zu schaffen.
Weil offenbar keine Einigung über konkrete große oder größere Wohnungsbauprojekte in den Koalitionsverhandlungen zu erzielen war, flüchten sich beteiligten Parteien in wolkige Beschwörungen (Zeile 528 bis 531): „Unser wachsendes Frankfurt erfordert eine soziale und ökologisch verantwortete Stadtentwicklung, die das Wachstum nachhaltig gestaltet und allen Frankfurtern ein gutes Leben in ihrer Stadt ermöglicht.“ Dagegen wird niemand etwas einwenden wollen. Doch ist damit auch niemand geholfen, der von Mieterhöhungen bedroht ist oder eine bessere bzw. überhaupt eine Wohnung sucht. Der scheidende Planungsdezernent Cunitz (Grüne) hat völlig recht mit seiner Kritik, dass auch die um die SPD vergrößerte Koalition nicht aufzeigen kann, wie sie das starke Bevölkerungswachstum in den Bereichen Bauen und Wohnen anders in den Griff bringen will als bislang praktiziert.
Nebulöse Andeutungen und Kompromissformeln wie in den Zeilen 489 bis 491 des Vertrages werden das Problem nicht lösen, könnten allerdings Sprengstoff für die Koalition enthalten: „Trotzdem wird es zur Deckung des Wohnbedarfs unumgänglich sein, auch bisher unbebaute Flächen in Anspruch zu nehmen. Dafür werden auch landwirtschaftlich genutzte Flächen in Anspruch genommen werden müssen.“ Letztere Flächen sollen allerdings (Zeile 492) nur dann bebaut werden, wenn sie „nur geringen Wert für den Naturschutz besitzen.“ Es ist absehbar, welchen Streit es um die Auslegung dieser Formulierung im konkreten Fall geben wird. Der künftige Planungsdezernent, ein SPD- und Gewerkschaftssekretär ohne ausgewiesene fachliche Qualifikation, hat jedenfalls bislang keinen Zweifel gelassen, dass er und seine Partei die großen landwirtschaftlich genutzten Flächen im Frankfurter Norden nur zu gern massiv mit Wohnbauten zubetonieren möchten.
Der Widerstand von CDU und Grünen gegen dieses Vorhaben ist deshalb frag- und unglaubwürdig, weil beide Parteien das durch die große Zahl von Asylsuchenden noch zusätzlich anheizte Bevölkerungswachstum weiterhin begrüßen. Diesen Parteien fehlen Mut und Willen zu sagen, dass es Obergrenzen für den Zuzug in die Stadt geben muss, wenn die Verdichtung nicht die künftige Funktionsfähigkeit der gesamten Infrastruktur überfordern soll. Deshalb ist bei keinem anderen städtischen Themenkreis der Konflikt in der Koalition so wahrscheinlich wie in den Bereichen Bauen und Wohnen. Sollte sich in den nächsten Jahren dazu ein Bürgerbegehren und gar ein Bürgerentscheid entwickeln, kann das eine entscheidende Festlegung des Koalitionsvertrages mit allen daraus folgenden Konsequenzen zum Einsturz bringen (Zeile 193/94): „Unterschiedliches Abstimmungsverhalten innerhalb der Koalition wird es nicht geben.“ Warten wir es ab!