Grüne Lunge für die Bürger in Gefahr
"Innovationsquartier" bedroht Tiere, Pflanzen und Erholungsräume

Zu den umstrittenen zukünftigen Bauvorhaben in Frankfurt gehört das so genannte "Innovationsquartier" am Günthersburgpark. Das zur Bebauung geplante Areal ist Teil eines größeren Quartiers, das durch ein finanziell utopisches Vorhaben entstehen soll. So soll in weiterer Zukunft die Autobahn zwischen Bornheim und Seckbach überbaut werden. Auf der so entstandenen Fläche sollen Grünanlagen und Neubauquartiere entstehen. Die künftigen Unterhaltungs- bzw. Sanierungskosten der komplizierten technischen Konstruktion spielen bei den aktuellen Überlegungen bislang kaum eine Rolle.
Bis zum Jahr 2028 sollen in acht Neubaugebieten knapp 4000 neue Wohnungen entstehen. Die Realisierung ist finanziell fraglich, zumal noch offen ist, ob nicht vorher die Autobahn sechsspurig ausgebaut werden soll. Auch scheint die Errichtung neuer Wohnblöcke in der Nähe der Tunnel-Einfahrten und –Ausfahrten aus Gründen der dort zu erwarteten hohen Lärm- und Schadstoffbelastung fragwürdig. Doch bevor es zu jener Autobahn-Einhausung kommt, möchte die Stadt in dem Areal bereits jetzt mit dem Bau dreier Wohnquartiere beginnen: Der Bereich der ehemaligen Gärtnerei Friedrich, "New Atterberry" und – besonders umstritten – das so genannte "Innovationsquartier". Diese drei Quartiere wären also bereits vorzeitig fertiggestellte Teile des durch die Autobahn-Einhausung geplanten "Ernst-May-Viertels".

Das "Innovationsquartier" liegt zwischen Friedberger Landstraße und Günthersburgpark. Wo heute noch ein Abenteuerspielplatz, Grünanlagen und Kleingärten zur Erholung der Stadtbürger dienen, sollen nach dem Willen der Stadtplaner 1500 Wohnungen entstehen, nach Kriterien des so genannten nachhaltigen Städtebaus errichtet. Acht Hektar Gärten und der Abenteuerspielplatz sollen dafür weichen. Viele Vogelarten, Fledermäuse und Füchse haben dort ihr Zuhause. Zudem sind viele alte Obstbäume und Hecken von der Rodung bedroht. Bedroht ist neben dem Abenteuerspielplatz auch der seit 1880 bestehende Bienengarten am Wasserpark, in dem Freizeitimker ihre Bienenvölker betreuen.

Geplant ist eine Bebauung mit drei bis sieben Geschossen. Ein Investor hätte sich nach Presseberichten bereits eine Kaufoption auf 40 Prozent der zu bebauenden Fläche gesichert. Ein lohnendes Geschäft also. Gegen die städtischen Bebauungspläne hat sich die Bürgerinitiative "Grüne Lunge am Günthersburgpark. Bürgerinitiative für den Erhalt der Grünen Lunge am Günthersburgpark (BIEGL Günthersburgpark) e. V." gebildet, die sich für den Erhalt der Freizeitgärten einsetzt. Gefahr sieht die Initiative auch durch den Wegfall einer wichtigen Frischluftschneise, die die Stadt mit kühlendem Wetterauwind versorgt. Sorgen, die der Magistrat nicht als begründet ansieht. Auch wenn das Stadtplanungsamt betont, die Frischluftschneisen "respektieren" zu wollen und eine "optimale ökologische Bilanz" anzustreben.

Das Projekt wurde vor allem von dem in diesem Jahr abgewählten "grünen" Planungsdezernenten Olaf Cunitz vertreten und wird nun von der Koalition aus CDU, SPD und "Grünen" weiterverfolgt. Nach den massiven Bürgerprotesten ruderte die Römer-Koalition zwischenzeitlich etwas zurück. So verlautbarte der Magistrat unlängst, es soll nur noch "in einem vertretbaren Maß" in die Freizeitgärten eingegriffen werden. Doch bleibt offen, was der Magistrat darunter versteht. Die Gefahr ist jedenfalls keinesfalls gebannt. So erklärte der Magistrat, dass der Spielplatz "in das Gesamtkonzept der Grünflächen" integriert werden solle. Doch sogleich wurde angefügt, dass dies möglichenfalls nicht innerhalb es "Innovationsquartiers" möglich sei, somit nach einer Ersatzfläche "in räumlicher Nähe zum jetzigen Standort" gesucht werden müsse. Eine Fläche, die dann womöglich weniger attraktiv als die bestehende ist und für die dann wiederum andere Einrichtungen oder Grünflächen Platz machen müssen, möchte man dazu anmerken.

Vor Ort stellt sich das Areal heute als kleines Idyll in der Großstadt dar. Kinder laufen lachend über den Abenteuerspielplatz, klettern kleine Holztürme hoch. In einer nahen kleinen Grünanlage spazieren Anwohner. Obstbäume zieren die Kleingärten gegenüber. Eine Mutter läuft mit ihrer kleinen Tochter in Richtung Spielplatz. Von den Neubauplänen hält sie gar nichts und seufzt auf: "Dies hier ist ein Ort, in dem Kinder frei herumlaufen können. In meiner Kindheit sind wir noch den ganzen Tag durch den Wald gestreunt. Das ist heute kaum noch möglich, und in der eng besiedelten Stadt ohnehin nicht. Es wäre schlimm, wenn uns dieses grüne Refugium genommen würde."

Ähnlich sieht es ein Mitarbeiter des Spielplatzes: "Wenn die hier zum Abholzen kommen, werden wir sie mit Wasserbomben empfangen. Wir sind nicht bereit, uns hier so einfach verdrängen zu lassen." Doch er habe längere Zeit nichts mehr von den Plänen gehört. Möglichenfalls habe sich die Stadt umbesonnen. Hier täuscht sich der Spielplatz-Mitarbeiter sicherlich. Zwar äußerte sich die CDU hinsichtlich einer möglichen Reduzierung der geplanten Bebauung. Doch auch weiterhin stehen die Pläne für das "Innovationsquartier" auf der Agenda des Stadtplanungsamtes. Nichts wurde bislang gestrichen. Die Bedrohung durch die Wachstumspolitik von CDU, SPD und "Grünen" bleibt latent.
Marlis Lichtjahr