Gefahr für den Pfingstberg in Frankfurts Norden

Die Sozialdemokraten haben alte Pläne zur Bebauung von Ackerflächen hervorgekramt

Gefahr für den Pfingstberg in Frankfurts Norden
© Marlis Lichtjahr


Das wohl umstrittenste große Neubauvorhaben in Frankfurt dreht sich um das Areal des Pfingstbergs. Bislang prägen Äcker und weidende Kühe den Frankfurter Norden. Doch damit könnte es vielleicht schon im kommenden Jahrzehnt vorbei sein.

Nun schon seit mehreren Jahren propagieren die SPD und Oberbürgermeister Feldmann erneut eine Bebauung des 280 Hektar großen Areals zwischen Harheim, Nieder-Erlenbach und Nieder-Eschbach. Bereits in den 90er Jahren gab es Pläne zur Bebauung des Pfingstbergs. In einer Studie der Architekten D.W. Dreysse und Ernst-Ulrich Scheffler, die sie gemeinsam mit dem Soziologen Frank Herterich entwickelten, wurde von einem neuen Stadtteil mit rund 25000 Wohnungen für 50000 Einwohner ausgegangen. Doch damals entschied sich die Stadt Frankfurt aufgrund der leichteren Erschließung für die Riedberg-Bebauung. Der Riedberg ist nun bebaut. Das Ergebnis kann sich jeder Frankfurter live anschauen. Und da Frankfurt unbeirrt auf Wachstums-Kurs fährt, wird nun von der SPD erneut über die optisch vermutlich ähnliche Pfingstberg-Erschließung nachgedacht. Auch wenn vorerst nur von einer Bebauung mit 8000 Wohnungen ausgegangen wird.

Das Pfingstberg-Areal ist die größte noch zusammenhängende Ackerfläche Frankfurts. Viele der landwirtschaftlich genutzten Flächen außerhalb des Grüngürtels sind heute Landschaftsschutzgebiet. Dennoch denkt die "Kenia-Koalition" im Römer darüber nach, Teile dieser Gebiete zu bebauen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Oesterling äußerte gegenüber der Presse: "Es gibt in Frankfurt keine Fläche, auf der nicht irgendeine Schutzkategorie liegt. (…) Reine Ackerflächen mit nur einer Schutzkategorie kann man durchaus bebauen." Hierzu bedarf es allerdings der Genehmigung des Regierungspräsidiums, um den Schutzstatus zu löschen.


Die Sozialdemokraten erhalten Rückendeckung vom DGB und – wenn auch versteckter – von der Industrie- und Handelskammer, die hierbei vermutlich Aufträge für das Baugewerbe wittert. Doch in dieser Frage geraten die Sozialdemokraten derzeit noch in Konflikt mit der CDU, die sich schon aus Rücksicht auf ihre Wählerklientel in den nördlichen Stadtteilen bislang einer Bebauung der Felder versperrt. Dennoch lassen sich auch die Christdemokraten das Hintertürchen offen, indem sie in der Koalitionsvereinbarung das Thema Pfingstberg einfach nicht genannt haben, aber sich bereit erklärten, auch landwirtschaftlich genutzte Flächen zur Deckung des Wohnbedarfs in Anspruch zu nehmen. Der Chef der Wohnungsbaugesellschaft ABG, Frank Junker, hat sich indes deutlich gegen das Vorhaben geäußert. Er riet davon ab, "irgendwo am Ende der Stadt eine Trabantenstadt" zu bauen.

Rasch haben sich der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und der NABU Naturschutzbund Deutschland entschieden gegen die Pfingstberg-Pläne positioniert. In einer gemeinsamen Erklärung der Frankfurter Verbände schrieben sie:

"Unabhängig von den lokalen Gegebenheiten sind wir gegen eine weitere Versiegelung von Flächen, wenn nicht im selben Umfang eine `Entsiegelung´ stattfindet. (…) Es ist aus unserer Sicht fraglich, ob die bisherige Art der Stadtentwicklung den Anforderungen der Menschen gerecht wird. Wir fordern eine gemeindeübergreifende Siedlungspolitik, um die zu erwartenden Neubürger in unserer Region aufzunehmen." So kritisierten die Umweltverbände die unweigerlich "massiven Beeinträchtigungen für Mensch und Natur". Schützenswerte Tier- und Pflanzenarten würden immer weiter verdrängt. Eine für Frankfurt typische Landschaft verschwände. Damit einher gingen "schwindende Möglichkeiten der Naturerfahrung der Menschen im unmittelbaren Wohnumfeld". Stattdessen würden Verkehr und Lärm zunehmen, denn schließlich würden neue Verkehrswege geplant werden müssen, die "mit einiger Gewissheit auch das geschützte Eschbachtal und die Streuobstwiesen am Pfingstberg tangieren". Am Ende stünde "die vollständige Verstädterung eines bisher noch ländlich-dörflich geprägten Raumes und damit ein weiterer Schwund von grünen Freiflächen, die für die Natur und die Lebensqualität der hier lebenden Bürger unersetzlich sind."

Auch die in Nieder-Erlenbach lebende ehemalige BFF-Stadtverordnete Katharina von Beckh sieht eine mögliche Pfingstberg-Bebauung kritisch: "Es besteht ja nicht nur das Problem, dass die Kaltluftschneisen für die Frankfurter Innenstadt zugebaut werden. Auch gingen durch eine Bodenversiegelung wertvolle Lößböden verloren, die historisch schon zur Wetterau gehören und bereits von den Römern als Anbaufläche für Getreide geschätzt waren. Hier soll also eine von Äckern geprägte Landschaft bewusst aufgegeben werden. Viele Bürger in den nördlichen Stadtteilen sind dagegen."
 

Marlis Lichtjahr

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