Weitere Rekonstruktionen im Dom-Römer-Areal?
Chancen durch Überbauung des U-Bahn-Abgangs

Von 35 Häusern war bislang die Rede, die auf dem Dom-Römer-Areal entstehen sollen. Nun könnten es einige mehr werden. Plötzlich hat Frankfurts Stararchitekt, Professor Christoph Mäckler, nämlich das "grässliche Loch" entdeckt, dass den U-Bahn-Abgang vor der "Schirn"-Rotunde darstellt. Das Eingangsloch westlich der "Schirn", so die neue Idee, solle doch besser überbaut werden.
In der Tat kann die Südseite des Krönungsweges nicht in der einstigen historischen Geschlossenheit wiederhergestellt werden. Es klafft eine lange Lücke zwischen dem "Roten Haus" und der postmodernen Rückseite der Römerberg-Ostzeile. Diese Lücke musste für die Technik der U-Bahn und die Erschließung der "Schirn" unbebaut bleiben. Stattdessen wird nun als suboptimale Lösung eine Pergola errichtet, die den Verlauf der historischen Bebauung an dieser Stelle der Krönungsweg-Südseite nachbildet.
Doch nun möchten Dom-Römer GmbH und Gestaltungsbeirat die Lücke offenbar zumindest verkleinern. Am U-Bahn-Abgang soll ein weiterer "kleiner Baukörper" entstehen, sagte der Geschäftsführer der Dom-Römer GmbH, Michael Guntersdorf, gegenüber der Presse. In einem Architektenwettbewerb will man herausfinden, wie ein solches Gebäude zwischen Pergola und Schirn aussehen könnte. Der U-Bahn-Abgang verschwände dann im Erdgeschoss des Hauses. Für die drei darüber liegenden Etagen wird die Schaffung von Wohnraum überlegt, wodurch das Bauvorhaben möglichenfalls kostenneutral realisiert werden könnte.
Nun ist die architektonische Qualität eines solchen Neubaus mit der gebotenen Vorsicht abzuwarten. Bestenfalls dürfte ein Gebäude Mäcklerschen Typus dabei herauskommen. Eventuell aber wird die Situation durch einen unpassenden Neubau nur verschlimmbessert.
Doch es gibt eine Alternative. Die Idee einer Überbauung des U-Bahn-Abgangs böte auch die Möglichkeit zu weiteren Rekonstruktionen. Die Fachwerkhäuser Kellertür und Dracheneck (Markt 31 und 33) standen einst direkt vor dem U-Bahn-Abgang und unmittelbar am heutigen letzten Riegel der Ostzeilen-Rückseite. Hier sieht man die beiden Gebäude.
Danach folgte die schmale Goldhutgasse, und östlich von dieser die Häuser Markt 27 und 29. Markt 27 ("Kleines Paradies") ist besonders deswegen markant, weil es aus zwei sehr alten Gebäuden zusammengesetzt wurde und daher vom Erdgeschoß bis zum 2. Obergeschoß ein Knick in der Fassade war. Darüber standen dann das gemeinsame 3. Obergeschoß und das Dach. Dieser Aufsatz war schon vor 1550 entstanden und hatte zum Schluss auch ein freigelegtes Fachwerk, typisch und unverändert aus der Zeit um 1500. Auf diesem Bild ist das Gebäude zu sehen.
Da die Häuser Kellertür und Dracheneck heute zu nah an der postmodernen Ostzeilen-Rückseite ständen, können sie nicht am Original-Standort rekonstruiert werden. Man vergleiche die rot umrandeten Flächen westlich der orange eingezeichneten Kunsthalle "Schirn".

Es wäre aber möglich, wenn man auf den Durchgang zur nicht mehr existenten Goldhutgasse verzichtet und die beiden Gebäude an die Gruppe von Markt 27 und 29 direkt anschließt. Es würde sich um eine leicht translozierte Rekonstruktion handeln, also um eine Verschiebung um wenige Meter.
Alternativ wäre es möglich, auf die Rekonstruktion von Markt 33 zu verzichten. Dann ist die Distanz zur Römerberg-Ostzeile ausreichend. Der Bereich der ehemaligen Goldhutgasse könnte als Straßenraum versiegelt werden.
Weitere Rekonstruktionen, die das Areal aufwerten dürften, wären also grundsätzlich möglich. Die Bauaufgabe ist sicherlich komplex. Da es sich aber um ein Projekt mit bundesweiter Aufmerksamkeit an einer sensiblen Stelle der Stadt handelt, ist es nicht vermessen, anspruchsvolle Lösungen fordern zu können.
Marlis Lichtjahr
Nachtrag: Die FAZ berichtete nach Fertigstellung dieses Artikels, dass der Aufsichtsrat der Dom-Römer-GmbH, anders als vom Gestaltungsbeirat empfohlen, vorerst von einer Bebauung des hier behandelten Areals absieht. Zuerst möchte man das fertiggestellte Dom-Römer-Areal ausreichend begutachten und danach entscheiden. Das Thema ist somit nun etwas aufgeschoben, deshalb aber keinesfalls vom Tisch.