Petra Roth gegen Hessen

Gegen Träume ist nichts einzuwenden

Petra Roth gegen Hessen

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
Kommentare/Meinungen 5/2011

Das aktuelle „Spiegel“-Interview mit Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth dürfte in Wiesbaden bei der hessischen Landesregierung aus CDU und FDP Unmut, wenn nicht gar Zorn provozieren: Frau Roth hält nämlich die Bundesländer für überflüssig und spricht sich stattdessen „für ein Europa der Regionen mit selbstverantwortlichen Kommunen und Stadtkreisen“ aus. Und sie bekennt in dem Interview:  „Mein Traum war immer, aus Frankfurt und der Region einen Stadtkreis zu machen, mit eigenem Steuererhebungsrecht und der Möglichkeit, das von uns erwirtschaftete Geld auch selbstverantwortlich auszugeben.“

Gegen Träume ist nichts einzuwenden, auch Politiker sollen träumen dürfen. Was aber wäre, würde der Traum von Frau Roth Realität? Dann blieben von Hessen fast ausschließlich jene weiten Landstriche, die aus irgendwelchen Kassen Zuschüsse bekommen müssten, um auch nur die notwendigste Infrastruktur aufrecht erhalten zu können. Frankfurt hingegen könnte sich über die endlich erfolgte „Eroberung“ von Eschborn, Kronberg und Bad Homburg freuen. Na ja, die notleidende Kröte Offenbach müsste allerdings auch geschluckt und nicht sonderlich gut verdaut werden. Alles hat halt seinen Preis. Trotzdem: Die Königin von Frankfurt würde zur Kaiserin des Rhein-Main-Ballungsgebietes, der Regierungschef in Wiesbaden zum verarmten Landgrafen.

Es ist jedoch mehr als unwahrscheinlich, dass Roths Traum in Erfüllung geht. Und viel Zeit bis zum endgültigen Abschied vom Amt im Jahr 2013 bleibt der Politikerin auch nicht mehr zur Realisierung des Traums. Unabhängig davon lohnt es sich aber, die Begründung zu lesen, die Frau Roth für ihr „Europa der Regionen mit selbstverantwortlichen Kommunen oder Stadtkreisen“ gibt: „Die sind viel näher an den Menschen und Milieus, die sie gewählt haben, und besser in der Lage, bürgernahe und pragmatische Entscheidungen zu treffen.“

Der Reihe nach: Frankfurts Oberbürgermeisterin möchte nicht nur Hessen auflösen, sondern auch den Staat Deutschland. Denn sie will ja ausdrücklich kein ‚Deutschland der Regionen mit selbstverantwortlichen Kommunen oder Stadtkreisen‘, sondern ein „Europa“ mit selbigen. Was aber würde dann aus dem Grundgesetz, dem Sozialstaat, all den nationalen Institutionen? Ent-weder denkt Frau Roth ihre Gedanken nicht konsequent zu Ende oder sie hat tatsächlich im Sinn, sich auf das ungewisse und mit großer Sicherheit demokratiegefährdende Experiment eines postnationalen EU-Einheitsstaates einzulassen. Beide Möglichkeiten begründen erhebliche Zweifel an der politischen Zurechnungsfähigkeit der Oberbürgermeisterin einer der wichtigsten Städte Deutschlands und Europas.

Es ist nicht schwer zu raten, wer ihr diesen Wirrsinn eingeflüstert hat, nämlich jener von der krisenhaften Frankfurter Rundschau abgesprungene Journalist Matthias Arning, der nun in Roths Büro als Chefdenker agiert. Arning ist ein entschiedener Gegner jeder nationalen oder nationalstaatlichen Regung, das teilt er mit den Grünen, die in Frankfurt seit der letzten Kommunalwahl die faktisch stärkste Kraft geworden sind. Frau Roth selbst betrachtet sich schon längere Zeit weit mehr als Repräsentantin des grün-schwarzen Bündnisses im Römer denn  als CDU-Politikerin oder „Oberbürgermeisterin für alle“, wie es mal in frühen Wahlkampfzeiten hieß.

Das wäre weniger verheerend für die Frankfurter und hessische CDU, wenn es dagegen mehr als nur vereinzelten Widerstand hinter den Kulissen gäbe. So aber kann Frau Roth in dem Interview allen Ernstes zum Besten geben, die CDU und die Grünen teilten „in vielen wichtigen Bereichen die gleichen Vorstellungen. In der Familienpolitik, bei der Bewältigung des demo-grafischen Wandels, bei der Idee der Nachhaltigkeit.“

Wenn das der Frankfurter CDU-Vorsitzende Boris Rhein liest, wird er sicher sogleich mal nach einem Termin für den historischen Vereinigungsparteitag von CDU und Grünen Ausschau halten. Der Politiker sollte sich übrigens bemühen, in der neuen Grün-Union noch einen akzeptablen Posten zu bekommen. Denn Rhein ist bekanntlich nebenbei Innenminister des Landes Hessen, das laut Frau Roth auch zu den 16 Landesverwaltungen gehört, die „veraltet und ineffizient“ sind. Wer Parteifreundinnen wie Petra Roth hat, braucht nun wirklich keine Feinde mehr.                    
        


Wolfgang Hübner / 20. Juni 2011

Leserkommentare (1)

Um einen Kommentar zu verfassen, loggen Sie sich bitte hier ein.
Falls Sie noch kein Benutzerkonto besitzen, können Sie sich hier registrieren.

Die Idee ist ja grundsätzlich nicht schlecht. Bundesländer wie zum Beispiel Bremen sind alleine kaum lebensfähig, drohen an Schulden und ausufernden Verwaltungskosten zu ersticken. Ähnlich gelagerte Probleme ergeben sich im Saarland. Berlin lasse ich als Bundeshauptstadt und größte deutsche Stadt bewußt außen vor, da eine Fusion mit Brandenburg zu Verzerrungen führen würde. Eine weitere Möglichkeit wäre wohl noch eine Fusion von Sachsen und Thüringen. Frau Roth hat recht, wenn sie dann natürlich fordert, mehr politische und auch finanzielle Macht die untere Ebene, die Städte und Gemeinden, zu legen. Nur so kann man den Bürger wieder bewegen, am politischen Prozess mitzuwirken. Er kann entscheiden, was in seinem direkten Umfeld passiert, eine Ausweitung vom Bürgerhaushalt!