Frankfurt, die Euro-Krise und Karlsruhe
In Karlsruhe steht die Euro-Rettung vor Gericht
FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
Kommentare/Meinungen 8/2011
Der Name unserer Stadt Frankfurt war über etliche Jahrzehnte eng verbunden mit dem Sitz der Deutschen Bundesbank und der in aller Welt bewunderten und begehrten D-Mark. Die D-Mark ist Geschichte, die Deutsche Bundesbank hat zwar immer noch ihre Zentrale hier, aber an Bedeutung viel verloren. Für Frankfurt schien das fast ein Jahrzehnt lang kein Problem zu sein, wurde das deutsche Finanzzentrum doch mit der Ansiedlung der Europäischen Zentralbank (EZB) sozusagen zur Hauptstadt des Euro. International hat das die Bedeutung unserer Stadt sogar noch bedeutend gesteigert.
Doch seitdem aus der Hoffnungswährung Euro eine Krisenwährung geworden ist, deren Zusammenhalt nur mit immer abenteuerlicheren Manövern bewirkt wird, gerät auch der Ruf der Hauptstadt des Euro in Gefahr. Für die Demonstranten in Griechenland, Spanien und Portugal, demnächst vielleicht auch in Italien und anderswo, wird Frankfurt zwangsläufig zum Synonym für den Souveränitätsverlust ihrer Länder, für Sparmaßnahmen und Zwangsprogramme, die den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt und Frieden gefährden, wenn nicht zerstören.
All das kann den Bürgerinnen und Bürgern Frankfurts keineswegs egal sein, auch wenn dazu weder von Oberbürgermeisterin Petra Roth, dem Magistrat noch von den im Römer dominierenden Parteien bislang auch nur ein Wort verlautete. Offenbar hofft man in diesen Kreisen, die Euro-Krise möge irgendwann vorüber und alles dann wieder gut sein. So kann es kommen, so muss es aber nicht kommen. Derzeit spricht nämlich viel dafür, dass die wirkliche Krise, also der finanzielle Kollaps eines oder mehreren der EU-Staaten, nur mit astronomisch hohen Bürgschaften, Lügen und waghalsigen Manipulationen hinausgezögert wird. Die Beweislage für diese These ist geradezu erdrückend.
Es bedarf keines Schwarzseherei, sondern lediglich des kühlen analytischen Blicks, um für diesen Fall sehr viele negative Folgen für Frankfurt vorauszusagen: Das Finanzzentrum würde ins Mark getroffen, die Gewerbesteuereinnahmen, Frankfurts wichtigste Finanzquelle, würden rapide sinken, der ohnehin schon gigantische Büroleerstand noch größer werden, Arbeitslosigkeit und Sozialkosten stark anwachsen, der ohnehin gefährdete Zusammenhalt in der „Vielfalt“-Vorzeigestadt erschüttert. Und selbstverständlich würde auch das Image der Stadt Schaden erleiden. Frankfurt hat fraglos ein existenzielles Interesse, dass all dies nicht geschehen möge.
Deshalb müssen alle Bürgerinnen und Bürger, denen das am Herzen liegt, am 5. Juli ihren Blick ebenso erwartungs- wie hoffnungsvoll nach Karlsruhe richten. Dort findet am Dienstag die mündliche Verhandung der Klage gegen die Griechenland-Rettung statt, die tatsächlich eine Rettung des Euro-Projekts auf Kosten der Steuerzahler ist. Dort wird über die Klage verhandelt, die unter anderen auch der prominente Staatsrechtler Prof. Karl Albrecht Schachtschneider im vorigen Jahr angestrengt hat. Die FREIEN WÄHLER sind stolz darauf, Prof. Schachtschneider im letzten Sommer auf einer großen Veranstaltung im Südbahnhof als Referent präsentiert zu haben. Wer auf der Veranstaltung zugegen war, wird wissen, welch brillanten Kopf, aber auch welch leidenschaftliches Herz dieser kämpferische Gelehrte besitzt.
Prof. Schachtschneider ist, wie auch die FREIEN WÄHLER, kein Europa-Feind. Im Gegenteil, er will Europa vor einer verhängnisvollen Entwicklung bewahren, die gerade für Frankfurt unabsehbare Folgen hätte. Es geht in Karlsruhe nicht darum, den Euro zu verdammen und die Wiedergeburt der D-Mark zu beschwören. Wenn der Euro auf eine Zone ungefähr gleicher wirtschaftlicher Stärke, Interesse und ähnlicher Mentalitäten beschränkt wird, kann diese Währung durchaus noch eine Chance haben. Und dann könnte die EZB in Frankfurt einer wesentlich sichereren Zukunft entgegensehen. Diese Chance darf nicht vertan werden.
Deshalb: Wer es gut mit Frankfurt meint, der sollte Prof. Schachtschneider und seine Mitstreiter einen Erfolg beim Bundesverfassungsgericht wünschen. Noch kann die drohende Krise, die eine finanzielle und gesellschaftliche Katastrophe auslösen kann, mit der Notbremse verhindert, zumindest aber gemindert werden. In Karlsruhe stehen am 5. Juli nicht nur der Euro, die Ersparnisse von vielen Millionen Menschen, das Schicksal Europas und Deutschlands, sondern in besonderem Maße auch die Zukunft Frankfurts auf dem Spiel.
Wolfgang Hübner, 4. Juli 2011