Ausbildungsplätze ohne Ausbildungsfähige

"Politisch korrekte" Antworten sind eher unwahrscheinlich

Ausbildungsplätze ohne Ausbildungsfähige
© Dieter Schütz - pixelio.de

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
Kommentare/Meinungen 9/2011

 
Die langjährigen Klagen um fehlende Ausbildungsplätze sind Vergangenheit: Im Bereich der Agentur für Arbeit im Bezirk Frankfurt, der außer der Stadt noch den Hochtaunus- und den Main-Taunus-Kreis umfasst, kommen rein rechnerisch auf jeden Bewerber 1,5 Ausbildungsplätze. Wer will, kann also eine Stelle finden für den Start ins Berufsleben. Das betrifft keineswegs nur Abiturienten und Schüler mit Realschulabschluss. Auch junge Menschen mit Hauptschulabschluss haben unter den veränderten Umständen eine gute Chance.

Derweil in anderen Teilen Deutschlands aufgrund der immer spürbarer werdenden Folgen einer teils falschen, teils nicht existenten Bevölkerungspolitik - verschleiernd „demographischer Wandel“ benannt – immer größerer Mangel an jungen Menschen überhaupt herrscht, ist die Misere in Frankfurt eine ganz andere: Hier herrscht kein Mangel an potentiellen Lehrlingen, wohl aber ein Mangel an ausbildungsfähigen Jugendlichen. Dieser Mangel ist nicht dem sogenannten „demographischen Wandel“, sondern vielmehr dem dramatischen  Wechsel in der Zusammensetzung der Bevölkerung und den damit einhergehenden Veränderungen der Mentalitäten und Wertesysteme geschuldet.

Um es noch etwas deutlicher zusagen: Je „vielfältiger“ die Frankfurter Bevölkerung geworden ist und in rasantem Tempo weiter wird, desto weniger sind frühere Gewissheiten jetzt und erst recht künftig noch weiter gültig: Dass zum Beispiel ein junger Mann die Schule absolviert und danach entweder eine Ausbildung antritt oder studiert. Studiert wird zwar mehr denn je, da das Abitur inzwischen eine Art Standardabschluss der Schulkarriere geworden ist. Doch für all jene, die kein Abitur machen können oder wollen, ist weder der Realschul- noch der Hauptschulabschluss die garantierte Eintrittskarte für einen  Ausbildungsberuf, gar nicht zu reden von denjenigen Jugendlichen, die weder den einen noch den anderen Abschluss vorweisen können.

Denn entweder sind die Anforderungen in etlichen Ausbildungsberufen inzwischen so hoch, dass Real- und erst recht Hauptschüler trotz Abschlusszeugnis den Anforderungen nicht gerecht werden, die an sie gestellt sind. Oder aber die Anforderungen sind geringer, zum Beispiel beim Bau. Doch solche Lehrstellen, die derzeit mehr als ausreichend im Angebot sind, werden von vielen Jugendlichen gemieden. Die einen tun das, weil ihnen diese Arbeit nicht attraktiv genug erscheint, die anderen, weil sie glauben, schneller mehr Geld auf bequemeren Wegen „verdienen“ zu können.

Sowieso hat jeder ausbildungsunfähige oder ausbildungsunwillige Jugendliche die Sicherheit, auf keinen Fall in große Not zu geraten. Denn es gibt jede Menge staatliche und städtische Hilfsangebote, verstärkt wird auch ehrenamtliche Hilfe von Senioren angeboten. Letzteres ist eine positive und dankenswerte Entwicklung, die dazu beiträgt, etliche Jugendliche doch noch für eine zukunftsfähigen Ausbildung zu gewinnen. Am Kernproblem in Frankfurt ändert das aber nicht viel. Dieses Kernproblem ist die mangelnde bis fehlende Ausbildungsmotivation und Ausbildungsfähigkeit von Jugendlichen mit Einwanderungsherkunft - besonders denjenigen aus dem orientalischen Kultur- und Wertekreis.

In den offiziellen Verlautbarungen wird man darüber wenig erfahren, in den Medien darüber wenig lesen und hören. Das brisante Thema ist – wie so manch andere – tabuisiert, weil es nicht ins Traumbild von der harmonischen  multikulturellen „Vielfalt“-Gesellschaft passt, die in Frankfurt bekanntlich zur politischen Doktrin geworden ist.  

Doch es gibt ja immer noch gesicherte Statistiken, die bei näherer Betrachtung erstaunliche Aufschlüssen darüber geben, was tatsächlich abläuft: Bei einem Großteil der Grund-, Haupt-, Real- und Gesamtschulen in Frankfurt liegt der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Einwanderungsherkunft bei über 50, bei einigen über 80 Prozent, an zwei Schulen waren es im Schuljahr 2009/2010 sogar 90 Prozent. Demnach wären auf den Berufsschulen der Stadt annähernd gleiche Verhältnisse bei der Zusammensetzung der dortigen Auszubildenden zu erwarten.

Doch dem ist keineswegs so: In den großen Berufsschulen Frankfurts schwankt die Zahl der Auszubildenden mit Einwanderungsherkunft zwischen 9 und 22 Prozent! Und natürlich provoziert das die Frage: Wo verbleiben eigentlich die vielen Jugendlichen mit Einwanderungsherkunft ohne höhere Schulbildung, wenn sie nach dem Durchlauf einer Haupt-, Real- oder Gesamtschule nicht eine berufsbildende Schule besuchen, also auch keine Berufsausbildung machen?

Darum hat sich bislang offenbar niemand größer gekümmert, so lange eben ausreichend ausbildungsfähige Jugendliche zur Verfügung standen. Da nun aber auch der Nachschub aus dem Bereich der neuen Bundesländer versiegt, bekommt diese Frage in Anbetracht der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und dem Ruf vieler Betriebe nach Fachkräften immer größere Wichtigkeit. Schon reagieren Unternehmen und Handwerksbetriebe mit der Reduzierung früherer Anforderungen an Auszubildende - man wird, wie es kürzlich in einem Zeitungsbericht formuliert wurde, jetzt „nachsichtiger“.

Doch wie „nachsichtig“ kann es bei der Gesellen- oder gar Meisterprüfung von Installateuren, Elektrikern oder KFZ-Mechanikern zugehen? Und was bedeutet diese „Nachsichtigkeit“ für die Qualität der künftigen Arbeit und die Zufriedenheit der Kunden? Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass Firmen, die dringend Nachwuchs brauchen, eigene Programme auflegen, um noch nicht oder schwach geeigneten Jugendlichen doch den Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen. Die Mehrkosten dafür werden allerdings die Verbraucher tragen müssen, das ist wohl unvermeidlich.

Es ist jedoch alles dagegen einzuwenden, dass die überaus deutlichen Zahlen aus den oben genannten Statistiken auch weiterhin von der offiziellen Politik sowie den zuständigen Behörden nicht zum Gegenstand einer unbedingt notwendigen Diskussion gemacht werden. So reich ist selbst die deutsche Gesellschaft und die Stadt Frankfurt nicht, um sich der Frage zu verweigern, warum der Anteil von Auszubildenden mit Einwanderungsherkunft in vielen wichtigen Berufen so gering ist, der Anteil dieser Jugendlichen in Frankfurt aber immer größer wird.

Nur Ideologen können die Antwort auf diese Fragen verweigern, sie fürchten oder über „Diskriminierung“ fantasieren. Für alle anderen gilt: Bevor dem Geschrei bestimmter Kreise nach angeblich dringend notwendiger Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland nachgegeben wird, muss diese Frage diskutiert und konstruktiv beantwortet werden. Das ist Frankfurt nicht nur der Wahrhaftigkeit, sondern ganz besonders der Zukunft vieler Jugendlicher und dem Wohlergehen der einheimischen Wirtschaft schuldig.  Dass die Antwort „politisch korrekt“ ausfallen wird, sollte allerdings niemand erwarten.

 

Wolfgang Hübner, 6. Juli 2011

Leserkommentare (1)

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Ein sehr treffender Kommentar.

Jetzt wird es einmal Zeit, die Wirklichkeit wahrzunehmen und entsprechend zu handeln und nicht ständig die Misere schönzureden!

Da sind auch die Schulen gefragt, dass man dort lernt, was hinterher im Beruf gebraucht wird. Zudem: Gefälligkeitsnoten bringen überhaupt nichts am späteren Lehrplatz. Dass dann ein Viertel seinen Ausbildungsvertrag wieder löst, ist ein neues, unerfreuliches Kapitel