In Frankfurt wird der Tod immer teurer

Höhere Friedhofsgebühren verschärfen nur das Problem

In Frankfurt wird der Tod immer teurer
© Foto: R2D2


Das humane Niveau einer Gesellschaft bemisst sich auch daran, wie sie mit dem Tod ihrer Mitglieder umgeht. Dass der Trend in Deutschland eindeutig zur möglichst billigen Entsorgung der Verstorbenen geht, ist kein gutes Zeichen für den Zustand unserer Gesellschaft. Denn immer mehr Tote werden verbrannt statt in Gräbern beigesetzt, weil das weniger kostet, Und immer mehr Urnen werden in sogenannten Trauer- und Friedwäldern unter Bäumen vergraben, weil das preiswerter ist als ein Urnenplatz auf den städtischen Friedhöfen.

Diese Entwicklung hat mehrere Gründe, sie ist auch religiösen, sittlichen und sozialpsychologischen Veränderungen geschuldet. Doch es sind nicht zuletzt finanzielle Motive bei den Hinterbliebenen, die beim der Wahl des letzten irdischen Ruheplatzes eine wesentliche Rolle spielen. Deshalb ist der Beschluss des Frankfurter Magistrats, die Gebühren für das Friedhofs- und Bestattungswesen um durchschnittlich zwölf Prozent zu erhöhen, zwar systemgerecht wegen des steigenden Defizits im konkreten Gebührenhaushalt. Aber mit dieser Erhöhung wird das Problem weder nur verschärft.

Denn nun werden noch weniger Hinterbliebene ein Kaufgrab für Särge oder einen Urnenplatz erwerben wollen, sondern sich für die billigere Variante in den Trauer- und Friedwäldern oder gar für anonyme Bestattungen entscheiden. Das wiederum wird noch höhere Defizite im städtischen Friedhofs- und Bestattungswesen samt erforderlichen höheren Zuschüssen aus Steuermitteln zur Folge haben. Der Versuch des Magistrats, ein Problem zu mildern, indem das Problem verschärft wird, ist also mit Sicherheit zum Scheitern verurteilt und deshalb sachlich wie politisch der falsche Weg.

Die richtige Alternative dazu im Sinne des humanitär gerechten Umgangs einer wohlhabenden Gesellschaft mit den Toten, zumal in der steuerstärksten Stadt Deutschlands, wäre die deutliche Senkung der Friedhofsgebühren, um die Tendenz zur Billigentsorgung der Toten umzukehren. Das würde zwar höhere Subventionen durch die städtischen Einnahmen erfordern. Doch durch Einsparungen bei vielen Ausgaben, die keineswegs unbedingt notwendig sind, könnte die Finanzierung leicht zu beschaffen sein.

Denn es gilt zu bedenken: Die Toten sind die Lebenden und Arbeitenden von gestern, die Lebenden und Arbeitenden von heute werden die Toten der nahen oder fernen Zukunft sein. Wie die städtische Gesellschaft mit dem Tod umgeht, ist letztlich der Beweis, wie sie mit sich selbst umgeht – mit Respekt und Dankbarkeit oder aber achtlos und möglichst kostenminimierend. Die vielbeschworene „Zivilgesellschaft“ sollte eigentlich nicht zögern zu entscheiden, was ihr sittlich und sozial wichtiger ist.
 

Wolfgang Hübner

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