Über die Glaubwürdigkeit der Politik
Zeugnis moralischer Verpflichtung?
Vorbemerkung: Der folgende Artikel stammt von einem jungen Frankfurter, der sich kritisch mit Politik und Gesellschaft beschäftigt. Wer das als Student nicht aus links-grüner, sondern unabhängiger Sicht tut, läuft Gefahr, Nachteile zu erleiden und Ziel von extremistischen Angriffen zu werden. Deshalb werden die Texte des jungen Frankfurters diesmal und künftig unter dem Pseudonym "Pascal C." erscheinen. Der erste hier publizierte Artikel von "Pascal C" hat nur aus oberflächlicher Betrachtung keinen kommunalen Bezug. Tatsächlich geht es aber um eine Kernfrage gegenwärtiger Politik in Frankfurt wie in ganz Deutschland - die Glaubwürdigkeit von Politikern und Parteien. Wir werden uns damit auch künftig besonders intensiv befassen.
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Über die Glaubwürdigkeit der Politik
Das umstrittene Panzergeschäft mit Saudi-Arabien, welches seit einiger Zeit nicht nur die Opposition im Bundestag entzürnt, sondern mittlerweile auch in den eigenen Reihen der CDU für Empörung und Unverständnis sorgt, macht abermals neue Schlagzeilen. Man hat den Eindruck, die Bundesregierung tritt von einem Fettnäpfchen ins andere und weiß sich nicht mehr zu helfen, als täglich neue absurde Behauptungen aufzustellen. Die Meldung, Deutschland wolle den hochmodernen Kampfpanzer Leopard 2 an Saudi Arabien liefern, kam zuerst unerwartet und scheinbar ungewollt an die Öffentlichkeit. Die erste Reaktion der Regierung: Schweigen. Und selbst im Bundestag, wo lange und energisch darüber gestritten wurde, fragte man sich, wo denn die Verantwortlichen in Person von Kanzlerin Merkel und Außenminister Westerwelle blieben, denn bei den wichtigen Debatten im Bundestag waren sie nicht dabei.
Trotz heftiger Kritik aus allen Reihen und dem Vorwurf, den Bundestag zu ignorieren, sollte die unangenehme Sache scheinbar ausgesessen werden. Ein Antrag seitens der Opposition der den Stopp des Rüstungsexport an Saudi Arabien verlangte, wurde abgelehnt, das Warten auf eine Stellungnahme blieb vergeblich. Erst im Nachhinein erschienen Interviews von Kanzlerin Merkel, Verteidigungsminister de Maizière und Innenminister Friedrich, die die Lieferung an Saudi Arabien mit der Begründung, Saudi Arabien wirke als „Stabilitätsanker“ in der Region, legitimierten. Fadenscheinige Behauptungen wie die von Friedrich geäußerte, Saudi Arabien täte viel gegen den Terror und wäre ein wichtiger Sicherheitspartner, verblassen im Angesicht der ungewissen Lage der Nachbarländer und der Tatsache, dass Saudi Arabien als Land in salafistischer Tradition den Islam besonders streng auslegt.
Nicht nur gelogen, sondern völlig absurd ist die neueste Meldung der Bundesregierung: „Israel wünscht diese Panzerlieferungen nicht nur, es unterstützt sie ausdrücklich“, so äußerte sich der Unionsabgeordnete Roderich Kiesewetter vor dem Bundestag, der diese Informationen direkt aus dem Kanzleramt erhielt. Im Zweifelsfalle kommt das Totschlagarguement, denn wenn es um die Sicherheit Israels geht, verstummt auch die größte Kritik. Dumm nur, dass Israels stellvertretender Außenminister Danny Ayalon dem lustigen Treiben einen Strich durch die Rechnung machte. Nach einer Anfrage seitens des Unionsabgeordneten Karl-Georg Wellmann an Ayalon wurde klar: „Von Zustimmung kann keine Rede sein“. Eine so dreiste Lüge, auch noch direkt von oberster Stelle, kann man nur als Vertrauensmissbrauch auf allen Ebenen bezeichnen. Wir erleben hier eine Regierung, die abermals nicht nur am Willen des Volkes vorbei „alternativlos“ handelt, sondern auch alle demokratischen Einwände ignoriert.
Der gesunde Menschenverstand braucht allerdings nicht erst die Bestätigung Israels, um zu erkennen, dass es sich hierbei nicht um die Wahrheit handelt. Wer auch nur ein wenig Ahnung von der israelischen Geschichte hat, wird sofort bemerken, dass Saudi Arabien alles andere als ein Land ist, das die Stabilität der Region zugunsten Israels erhält. Bei nahezu jeder militärischen Auseinandersetzung zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten war Saudi Arabien involviert. Offiziell befindet sich Saudi Arabien seit dem Palästinakrieg 1947 mit Israel im Krieg. Politische Kontakte beider Länder existieren nicht, zumal Saudi Arabien Israel als Staat nicht anerkennt! Im Sechstagekrieg belieferte unter anderen Saudi Arabien Ägypten, Syrien und Jordanien mit Waffen, die gegen Israel eingesetzt wurden. Bis heute unterstützt Saudi Arabien die Gegner Israels und wirkt somit alles andere als stabilisierend. Die scheinheiligen Behauptungen der Bundesregierung, es gehe um die Sicherheit Israels und um die Stabilisierung einer Krisen- und Umbruchsregion, entbehren nicht nur jeglicher Logik, sondern sind auch Gift für die israelisch-deutschen Beziehungen.
Zur gleichen Zeit an einer anderen Baustelle des Rüstungsexports: Deutschland bezahlt ein Drittel der Kosten für ein neues israelisches U-Boot der Dolphin Klasse sowie der Drohne „Heron“ (seit den neunziger Jahren wurden schon 5 U-Boote geliefert, zwei davon sogar komplett von Deutschland finanziert). Der Spiegel berichtet von einer Depesche der amerikanischen Botschaft in Tel Aviv, die als Grund für die Lieferung des U-Bootes eine „Wiedergutmachung der Verbrechen des Nationalsozialismus“ angibt. Wer denkt dabei nicht an Opportunismus? Wer soll hier gegeneinander ausgespielt werden? Auf der einen Seite einem erklärten Feind Israels modernste Kampfpanzer liefern, auf der anderen Seite Israel mit Hightech-Waffen versorgen und von einer „Wiedergutmachung“ sprechen.
Von der sonst immer so hoch gehaltenen „moralischen Verpflichtung“, die Deutschland gegenüber Israel habe, bleibt keine Spur.
Mit Verlaub, wer soll dieser Regierung überhaupt noch irgendwas glauben?
- Pascal C.