Der Schaffner verschwindet bei Berührung

Peter Feldmann steigt ins Model-Business ein

Der Schaffner verschwindet bei Berührung

 

Peter Feldmann glänzt nicht nur allzu gerne mit der goldenen Amtskette in der Öffentlichkeit und hat das Frankfurter Hauptamt weitgehend zu seiner persönlichen Marketingabteilung umgebaut, jetzt stieg er sogar als Werbegesicht ins Model-Business ein.

Inspiriert haben muss unseren Oberbürgermeister dazu wohl die Delegationsreise anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft zwischen Guangzhou (VR China) und Frankfurt, zu der sich das Stadtoberhaupt im November mit einem ganzen Tross aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aufgemacht hatte. Dort nämlich konnte er sich unter anderem auch ganz neue Anregungen zum Thema Selbstmarketing holen. Prangte doch zu seiner großen Überraschung wie Freude gleichermaßen eine nahezu lebensgroße Fotografie des Frankfurter Oberbürgermeisters an der Wand eines Wagens der Freundschafts-Bahn in Guangzhou, die dort aus Anlass der 30 Jahre währenden Städtepartnerschaft feierlich eingeweiht wurde.

Wenn also die Menschen in Guangzhou nun Straßenbahn fahren, dürfen sie jetzt auch auf Peter Feldmann blicken. Das diese Idee auch ohne weiteres auf Linien der VGF in Frankfurt übertragbar ist, war schnell klar. Nico Wehnemann von der "Partei" äußerte bereits vor Ort in Guangzhou: "Er ist allgegenwärtig und wird hier offensichtlich als Schaffner verehrt, das sollte in Frankfurt Schule machen."

CDU-Fraktionschef Michael zu Löwenstein wusste zur chinesischen Straßenbahn noch etwas ganz anderes anzumerken: "Wir sollten uns aber auch ein Beispiel an der Sorgfalt für die öffentliche Sauberkeit nehmen." Nirgendwo liege Müll liegt an den Haltestellen herum, stellte er weiter fest. Nun, der Christdemokrat könnte sich ja mal an seinen grünen Koalitionspartner wenden. Schließlich wird das zuständige Umweltdezernat von Rosemarie Heilig geleitet, die ihm sicher gerne Auskunft darüber erteilt, warum es mit der Sauberkeit im Vergleich zu Guangzhou in Frankfurt nicht ganz so gut funktioniert.

Jedenfalls, mit frischen Ideen aus Fernost versorgt, ging Peter Feldmann nun daran, diese auch auf die hiesige Eigenwerbung zu übertragen. Denn die hat aus seiner Sicht natürlich eindeutig Vorrang vor so läppischen Themen wie etwa Sauberkeit im öffentlichen Raum. Also wurde die aus China mitgebrachte Anregung in rekordverdächtiger Geschwindigkeit bei uns in die Tat umgesetzt und die berührungssensitiven Bildschirme der etwa 600 Fahrkartenautomaten der VGF als Werbefläche für den Oberbürgermeister aufgewertet. Oder etwa mit dem Oberbürgermeister für das Angebot „Nachtverkehr“, wie es von offizieller Seite heißt?

Wollte der VGF-Nutzer also Anfang dieses Jahres sein Ticket ziehen, grinste ihm also Peter Feldmann als Bildschirmschoner entgegen. Der Oberbürgermeister schon wieder im Wahlkampf-modus? Und damit es nicht zu eintönig wurde, wechselten die Feldmann-Motive auch hin und wieder. Zeigte er sich dem verdutzten Kunden das eine Mal eingerahmt von hübschen Frauen, posierte er das andere Mal als Straßenbahnfahrer.

Der Fahrgastbeirat "pro Bahn" bezeichnete die Feldmann-Werbung als "verwunderlich". Motive Frankfurter Sehenswürdigkeiten oder Hinweise zu den Tarifen hätte er ja verstanden, sagte Vorstand Wilfried Staub, weniger aber Feldmann-Fotografien. "Gut, er ist im Aufsichtsrat des Unternehmens. Aber er hat es doch nicht nötig, selbst für den Nachtverkehr zu werben." Bernd Conrads von der VGF wies indes darauf hin, dass Feldmann doch bereits 2017 ebenfalls als Werbeträger der VGF diente: "Nicht zuletzt, weil diese Angebotsausweitung Herrn Feldmann persönlich am Herzen lag."

Übrigens, die Feldmann-Bildstrecke lief auf den VGF-Bildschirmen in Endlosschlaufe durch. Doch geschah dies nur so lange, bis sich jemand erbarmte und den Bildschirm berührte. Dann verschwand der Oberbürgermeister. Ganz so einfach ist das in der Realität wiederum nicht.

Feldmann wurde schließlich erst im März 2017 erneut zum Oberbürgermeister gewählt. Knapp sechs lange Jahre wird uns sein Konterfei also noch erhalten bleiben, und zwar keinesfalls nur auf Fahrkartenautomaten. Feldmann wird ganz gewiss noch viel einfallen, um sich selbst als Werbegesicht und vermeintliche Bereicherung ins Stadtbild einzubringen. Eine neue Frisur dafür hat er sich ja bereits zugelegt - nach erfolgter Typberatung, wie man hört. Na, dann!


Marlis Lichtjahr

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