Hühner statt Biomüll
Hanauer Pilot-Projekt auch Vorbild für Frankfurt?

Verrückte Hühner? Und das nicht nur zur närrischen Jahreszeit? Eine interessante Idee für Frankfurt. Hanau macht es bereits vor!
In vor- und frühindustriellen Zeiten war die Nutztierhaltung in Städten noch üblich. Das heißt beispielsweise, dass Kühe und Schweine vor dem Bau der großen Schlachthöfe in der Kaiserzeit teils in kleinen Hinterhofbetrieben geschlachtet wurden, also mitten in Wohngebieten. Derartige Zustände wären heute nicht nur aus Gründen der Wohnqualität, sondern auch aufgrund der Hygiene wenig wünschenswert. Anders sieht es aber möglichenfalls bei der Kleintierhaltung aus.
Auch diese existierte noch bis in die 1960er Jahre durchaus häufig in städtischen Wohngebieten. Die Not der Nachkriegszeit führte zur Anlage von Nutzgärten hinter den Häusern, in denen sich häufig auch Kaninchen- und Hühnerställe befanden. Gerade für die deutschen Heimatvertriebenen stellten sie einen kleinen Ersatz für den Verlust ihrer landwirtschaftlich geprägten Lebenswelt dar.
Diese agrarische Kleinwirtschaft verschwand im Zuge der Wohlstandentwicklung und der allgemeinen Verpflegung durch Supermärkte. Nun könnte sie zurückkehren, wenn auch zuerst als Wohlstandsphänomen. Denn laut Presseberichten landen in bundesdeutschen Haushalten durchschnittlich etwas mehr als 20 Prozent der Lebensmittel im Müll.
Zum einen also können Nutztiere in der Stadt dazu dienen, den der Natur entfremdeten Stadtbewohnern sowie deren Kindern natürliche und landwirtschaftliche Kreisläufe wieder sinnlich näher zu bringen. Zum anderen können zum Beispiel Hühner und Kaninchen eine Menge der anfallenden Küchenabfälle vertilgen, somit das Biomüllaufkommen reduzieren helfen. 300 Gramm Bioabfall soll eine Henne pro Tag fressen können, während ein Mensch durchschnittlich 150 Gramm produziere. Über 100 Kilogramm pro Jahr könnte demnach ein Huhn wegfuttern.
Beispielsweise im Elsass wird es schon seit einiger Zeit praktiziert, Hühner mit übrig gebliebenen Kartoffeln, Gemüse, altem Brot und Knoblauch zu füttern. Die Stadt Colmar verschenkt lebende Hühner an Einwohner, sofern ein Garten vorhanden ist, damit diese sie mit Küchenabfällen füttern. Die artgerechte Haltung der Tiere ist dabei Bedingung. Die anfallenden Frühstücks-Eier dürfen die neuen Eigentümer selbstverständlich behalten.
Natürlich ist dabei an eine artgerechte und gesunde Ernährung der Tiere zu achten. Nicht alle Bio-Abfälle sind für sie geeignet, zumal menschliches Essen oft zu viel Fett und Salz für die Tiere enthält. In Maßen aber und unter Beigabe von Tierfutter steht nichts dem entgegen, dass sich die Tiere aus dem Biomüll herauspicken, was sie möchten.
In Hanau startet nun ein Modellprojekt der städtischen Baugesellschaft. Sie installiert in ihren Mietwohnungs-Anlagen Hühnerställe mit Auslauf. Als Flächen sind Hinterhöfe und begehbare Dächer im Gespräch. Interessierte Mieter können sich dann um die Pflege von Hühnern bewerben. Für das Füttern ernten sie regelmäßig frische Eier. Durch das Verteilen anderer Biomülltonnen an die Hühner-Pfleger wird untersucht, ob sich deren Volumen an Bioabfall tatsächlich verringert.
Dieses Pilotprojekt wäre auch für Frankfurt eine denkbare Maßnahme. Sie könnte neben mittlerweile populären Projekten wie dem Hobby-Imkern und dem Urban Gardening auf innerstädtischen Brachflächen ein weiterer Baustein dafür sein, mehr Natur in unsere Städte zurückzubringen.
Marlis Lichtjahr