Zwei OB-Kandidaten, keine Offenbarung

Frankfurter SPD mit Frühstart für 2013

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
Kommentare/Meinungen 17/2011


Die Zahl der SPD-Sitze in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung sinkt von Wahl zu Wahl. Das ist misslich für die einst in dieser Stadt so übermächtige Partei. Aber es gibt nun eine in den Augen sozialdemokratischer Funktionäre hoffnungsbeladene Gegenbewegung in Gestalt von gleich zwei Bewerbern für das Amt des Oberbürgermeisters. Da dieses erst 2013 neu vergeben wird, können durchaus noch mehr SPD-Kandidaten ins Rennen gehen. Das würde für noch mehr innerparteiliche Spannung und öffentliche Publizität sorgen als nur das Duell zwischen den beiden Politikern, die im Sommer 2011 vorzeitig ihren Hut in den Ring geworfen haben.

Peter Feldmann und Michael Paris, so heißen die Bewerber um die OB-Kandidatur ihrer Partei, mögen aus heutiger Sicht beide keine große Chance gegen die noch unbekannten Konkurrenten von CDU und Grünen besitzen. Doch in zwei Jahren kann die Welt auch im derzeit grün-schwarz dominierten Frankfurt schon wieder ganz anders aussehen. Deshalb lohnt ein näherer Blick auf die beiden OB-Aspiranten der SPD, bringt er doch auch einige Erkenntnisse über das politische Personal einer der wichtigsten Städte Deutschlands.

Peter Manuel Feldmann ist 52 Jahre alt, seit 1989 Stadtverordneter und seit 2004 stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Römer. In Helmstedt geboren, hat Feldmann an der Ernst-Reuter-Schule in der Nordweststadt sein Abitur gemacht, in Marburg ein Politologie-Studium absolviert und auch noch eine Ausbildung zum Sozialbetriebswirt absolviert. Seitdem leitete er ein Jugendzentrum, war Geschäftsführer der SPD-Jugendorganisation „Die Falken“ und ab 1996 Grundsatzreferenz des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, derzeit ist Feldmann eigenen Angaben zufolge als Zentrumsleiter eines Altenhilfezentrums tätig. Der Politiker ist verheiratet, der späten Ehe entstammt ein noch kleines Kind.

Feldmann, daran gibt es keinen  Zweifel, ist ein lupenreiner Sozialpolitiker mit ebenso lupenreiner linkssozialdemokratischer Bildungsbiographie. Deswegen ist er beim den Themen „Soziale Gerechtigkeit“ und „Soziale Benachteiligung“ stets im ureigensten Element. Seine arg moralisierenden Reden zu diesen Themen erzeugen allerdings auch in den eigenen Reihen oft gequälte Blicke und mühsam abgezwungenen Beifall, für die politische Konkurrenz sind Feldmanns Beiträge in Stadtverordnetendebatten hingegen immer ein willkommener Grund, eine Kantinenpause einzulegen.

Immerhin ist der aus einer jüdischen Familie stammende Politiker ein Mann mit guten Umgangsformen, womit er sich deutlich von einigen seiner Genossinnen und Genossen unterscheidet. Selbst mit eingefleischten „Rechtspopulisten“ pflegt Feldmann einen recht unverkrampften Diskussionston, auch das hebt ihn positiv ab von etlichen seiner Fraktionskollegen.

Gleichwohl ist die Vorstellung, Feldmann könne Oberbürgermeister werden, wenig einladend. Denn entweder macht der SPD-Politiker dann aus der selbsternannten „sozialen Stadt“, die nach kurzen Boomjahren schon wieder hohe Jahresdefizite aufweist, eine „supersoziale Stadt“ auf Pump – das entspräche ganz der Gesinnung des lebenslangen Sozialpolitikers. Oder Feldmann verrät im Amt seine bisherigen Ansichten und wird massiv unglaubwürdig. Es wäre besser, er würde sich und anderen das ersparen.

Sein Parteikonkurrent Michael Paris ist nicht nur äußerlich von ganz anderer Gestalt als der eher zierlich-feingliedrige Feldmann. Der großgewachsene Vater von  vier Kindern und Mitglied etlicher Karnevalsvereine ist gebürtiger Frankfurter, was bei ihm auch zu hören ist. Schon mit 17 trat der 56-jährige mit junger Zweitfrau der SPD ein. In der Partei als Stadtverordneter, Landtagsabgeordneter  und seit kurzem auch als ehrenamtlicher Stadtrat hat Paris ebenso Karriere gemacht wie als Kinder-Lobbyist und stadtbekannter Macher des Abenteuerspielplatzes Riederwald e. V.

Paris präsentiert sich als Sozialdemokrat mit Bodenhaftung: „Eine Politik, die nicht die konkreten Lebensbedingungen der Menschen verbessert, kann mir gestohlen bleiben.“ Allerdings würde noch besser zu Paris der Spruch passen: „Ein Leben in der Politik, das nicht meine konkreten Lebensbedingungen verbessert, kann mir gestohlen bleiben.“ Diese Einstellung ist gerade in der SPD wohlbekannt und hat den stets gutgelaunten Politiker dort nicht zu einer sonderlich beliebten Figur gemacht.

Denn das Programm von Paris ist im Zweifelsfall nicht das, was gerade in seiner Partei gilt, sondern das Programm von Paris ist Michael Paris selbst – der Mann hat egomanische Züge. Ein Teil des Wählerpublikums ficht das nicht an, denn bei der Kommunalwahl im März hat sich Paris von einem aussichtslosen Listenplatz bis fast ganz nach vorne geschoben und konnte mit Verweis auf seine Popularität sogar durchsetzen, von der SPD zähneknirschend als Stadtrat nominiert zu werden.

Paris hatte einmal mehr einen von Peinlichkeiten ganz und gar nicht freien Persönlichkeitswahlkampf geführt – und war erfolgreich damit. Das sagt übrigens nicht nur einiges über den Neu-Stadtrat, sondern auch über seine Wähler aus. Die hat es noch bei keiner Stimmentscheidung für Paris gestört, dass dieser Politiker entweder unfähig oder unwillig war und ist für auch nur eine einzige substantielle Aussage.

Michael Paris ist, ebenso wie Markus Frank von der CDU, ein politischer Luftikus, den keine andere tiefe Überzeugung leitet als die von der selbstverliebten eigenen Wichtigkeit. Als Oberbürgermeister würde Paris kein Vereinsfest in Frankfurt auslassen, das ist gewiss. Wer aber Bewerber für das Amt auch unter dem Gesichtspunkt betrachtet, ob sie die Befähigung mitbringen, wirkliche Probleme der Stadt zu vorausschauend zu lösen oder in Krisen umsichtig zu handeln, wird sich schwer tun, auf den Politiker Paris Hoffnungen zu setzen.

Und wer gar unter dem Eindruck der aktuellen ökonomischen Verwerfungen in der anfälligen Finanzmetropole härtere Zeiten für die kommenden Jahre erwartet, sollte weder auf den passionierten Sozialpolitiker Feldmann noch auf den Strahlemann Paris vertrauen – für solche Zeiten sind beide, jeder auf seine Art, nicht geschaffen.

Aber bis 2013 ist es ja noch ein Weilchen hin. Und in ihrem ungeliebten Mitglied Thilo Sarrazin, der bekanntlich in Frankfurt schon beruflich tätig war,  hat die SPD eine Geheimwaffe, die sie in größter Not, aber mit besten Aussichten noch als Frankfurter OB-Kandidat in Stellung bringen könnte. Natürlich unter der Voraussetzung, dass sie Sarrazin nicht einige Monate später im Jahr 2013 als Kanzlerkandidat für Berlin benötigen sollte.  

 

Wolfgang Hübner, 7. August 2011

Leserkommentare (0)

Um einen Kommentar zu verfassen, loggen Sie sich bitte hier ein.
Falls Sie noch kein Benutzerkonto besitzen, können Sie sich hier registrieren.