„Was nichts kostet, ist nichts wert“

Vom Frust mit Kursangeboten für Flüchtlinge

„Was nichts kostet, ist nichts wert“
© Claus Folger


Um Flüchtlingen den Zugang an deutschen Hochschulen zu erleichtern und sie finanziell zu unterstützen, haben die Universitäten unterschiedliche Programme aufgelegt. An der Frankfurt University of Applied Sciences ist es das Willkommensjahr, welches „Studieninteressierte mit Fluchthintergrund“ fördert. Allerdings ist es in hohem Maße fehlbelegt. Von verantwortlicher Seite ist zu hören, daß sich etwa 30 % nur deshalb in das mit zahlreichen Spenden unterstützte Projekt einschreiben, „weil ihre reichen Eltern es so wollen“. Am Ende der für sie kostenlosen Sprachkurse bestehen nur sehr wenige Teilnehmer (manchmal nur einer) die deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang DSH.

Die Goethe-Universität Frankfurt protegiert mit ihrem Academic Welcome Program for highly qualified refugees „im Geist der Weltoffenheit und Solidarität die Integration von hochqualifizierten Geflüchteten in Deutschland“. Als Lehrkraft für Deutsch-als-Fremdsprache durfte ich - ganz im Geiste der Bürgeruniversität - meinen vermeintlichen Beitrag zur Lösung von gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Problemen leisten. Zur allgemeinen interkulturellen Sensibilisierung gab ich meinen Teilnehmern dazu Gelegenheit, von ihrem Kulturschock nach Ankunft in Deutschland zu erzählen. Einen schwer traumatisierten Syrer machte es fassungslos, daß die Wege von seiner Wohnung zum nächsten Supermarkt so weit sind. In seiner Heimatstadt sei die Einkaufsinfrastruktur mit vielen kleinen Geschäften viel besser gewesen. Als nächstes kassierte ich einen Vortrag von ihm, daß Deutschland unmöglich eine Demokratie sein könne, da er seine Familie immer noch nicht nach Deutschland habe nachholen können. Später steckten mir zwei Teilnehmerinnen zu, daß viele in den Kursen gar keine Flüchtlinge seien. „Ja ja, ich weiß“, winkte ich ab.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verpflichtet als Bestandteil eines Sprach- und Integrationskurses zu einem Orientierungskurs, „um durch die Vermittlung von Kenntnissen grundlegender Werte der Gesellschaft sowie der Rechtsordnung, Geschichte und Kultur und der politischen Institutionen in Deutschland Zugewanderten das Zurechtfinden in der neuen Gesellschaft zu erleichtern.“ Wie man mit deutschem Idealismus garantiert nicht die Welt rettet, sondern stattdessen den Zerfall des eigenen staatlichen Gemeinwesens befördert, zeigt die Auswertung des Abschlusstests Leben in Deutschland. Viele kreuzen bei Staatsform Diktatur und nicht Demokratie an und kommen trotzdem durch. Mindestens genauso viele Integrationskursteilnehmer treten gar nicht erst zur Abschlussprüfung an.

Der Geschäftsführer einer privaten Sprachschule in Frankfurt, der namentlich nicht genannt werden möchte, berichtet von seinen ganz persönlichen Erfahrungen:

„Der Träger kann den Teilnehmer nicht zur Reservierung des Orientierungskurses zwingen. Und es gibt viele Teilnehmer, die sich diese extra 5 Wochen lieber ersparen und illegal arbeiten gehen oder sonst was machen und sich privat auf den Test vorbereiten. Ergebnis: Der Träger ist der Gelackmeierte und darf mit einem reduzierten Häuflein von Teilnehmern die Werte der Bundesrepublik Deutschland erklären oder den Kurs, nicht zuletzt auch zum Nachteil der eingeplanten Dozenten, absagen.

Hohe Sozialleistungen als Pullfaktor für die Einwanderung

Die Räumlichkeiten der von ihm geleiteten Sprachschule haben Flair. Ein Raum ist im Stil einer Privatbibliothek eingerichtet. Doch sind die Dozenten für Integrationskurse gefrustet, da sie sich nicht wertgeschätzt fühlen. „Es ist der lässige Umgang mit Präsenzpflichten einzelner Teilnehmer; dabei handelt es sich insbesondere um Personen, deren Kurs vollumfänglich, oft inklusive der Fahrtkosten finanziert wird und die dann ihr Fehlen unverblümt mit Schwarzarbeit entschuldigen.“, so der Tenor.

Wenn Menschen etwas umsonst bekommen können, verhalten sie sich fundamental anders als wenn sie einen verschwindend geringen Preis zahlen müssen. Wer das Geschäftsmodell verfolgt, im Internet etwas zu kleinen Preisen zu verkaufen, wird erkennen müssen, daß die Leute lieber langes Suchen in Kauf nehmen, um es irgendwo umsonst zu finden, als ein paar Cent zu bezahlen. Die Erkenntnisse der Wirtschaftsforschung könnte man einfließen lassen, um seine Erwartungshaltung an Flüchtlinge zu überprüfen, die zudem meist aus Ländern kommen, in denen keine staatlichen Leistungen existieren. Plötzlich finden sie ein System vor, das für alles aufkommt - ohne dies zumindest rigoros an eindeutige und sanktionsbewehrte Bedingungen zu knüpfen. Warum dafür also jeden Weg in Kauf nehmen?

Die hohen Sozialleistungen sind zweifellos der entscheidende Faktor für die massive (Flüchtlings-)einwanderung nach Deutschland. Uwe Brandel, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister der Stadt Abensberg, schätzt es realistisch ein:

„Ich sehe in meiner kleinen Stadt, daß es nur einen verschwindend geringen Prozentsatz echter Integrationswilliger gibt. Der Großteil der Zugewanderten hat an unseren Angeboten kein Interesse. Da werden Sprachkurse geschwänzt oder Auflagen der Behörden nicht eingehalten. Eigentlich müsste man alles daransetzen, um die Menschen sofort in Ausbildung und Arbeit zu bringen. Das wäre die beste Schule, um unser Gesellschaftssystem und unsere Sprache kennenzulernen. Nach jetzigem Stand wird ein Großteil der Zugewanderten aber auf Dauer in den sozialen Netzen bleiben.“

„Bewirb dich ja nicht als Sprachlehrer für einen Integrationskurs an der Volkshochschule in Offenbach“, warnt mich eine Kollegin. „Die Teilnehmer kommen und gehen, wann sie wollen. Von 20 Schülern bleiben am Ende des Kurses fünf übrig.“ Keine Überraschung also, daß bei einem Stundenaufkommen von 800 Unterrichtsstunden mehr als die Hälfte der oft bildungsfernen Teilnehmer an VHS-Integrationskursen abschließend nicht das Anfängersprachniveau A2 erreicht, während eine normale Sprachschule maximal 360 Unterrichtseinheiten dafür veranschlagt.

Wollte man uns bislang immer weismachen, mit der Grenzöffnung 2015 seien Fachkräfte in großer Zahl zu uns gekommen, hat die Bundesregierung mittlerweile offensichtlich selbst erkannt, daß dies nicht zutrifft und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschlossen. Es tritt am 1. März 2020 in Kraft und soll ermöglichen, daß jetzt auch Fachkräfte aus der ganzen Welt - ohne Vorrangprüfung für deutsche und europäische Bewerber (!) - einwandern sollen. Denn laut Auswärtigen Amt seien aktuell rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland unbesetzt. Kein Wort von Seiten der Verantwortlichen darüber, daß Staat und Wirtschaft eigentlich über genügend eigene Ressourcen verfügen, um eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung des eigenen Nachwuchses sicherzustellen.

Für die große Koalition hat die Neuansiedlung von Millionen Fremden in ein dichtbesiedeltes Land weiterhin Vorrang und die neoliberale Wirtschaft erhofft sich (wieder einmal) einen großen Pool an billigst einsetzbaren Arbeitskräften, aus dem sie sich bedienen kann. Mit denjenigen, die dabei auf der Strecke bleiben sowie den möglichen Begleitumständen wie Familiennachzug, importierter Kriminalität, geistig-kulturellen Brüchen, Kindergeldzahlungen usw. dürfen sich dann gesellschafts-politisch Marginalisierte wie deutsche Rentner herumschlagen, die Pfandflaschen sammeln gehen oder auf die Angebote der Tafeln angewiesen sind.

Zumal der anhaltend hohe Migrationsdruck die Wohnungsnot zusätzlich verschärft. So hat die Obdachlosigkeit mittlerweile auch Familien mit Kindern erreicht und Frauen müssen nach ihrem Aufenthalt im Frauenhaus häufig zu ihren Peinigern zurückkehren, weil sie auf dem freien Markt keine Wohnung finden. Die Liste der Verzweifelten ist lang. Aber jetzt erst einmal den Klimanotstand ausrufen und die Strompreise auf neue Höhen treiben, als ob es sonst keine Probleme gäbe. Quo vadis Deutschland, wenn Werte wie Basisdemokratie, Solidarität, gesellschaftspolitische Verantwortung, Bürgerrechte und Heimat für gewählte Volksvertreter zu Fremdwörtern werden oder bereits geworden sind?

In der Vergangenheit repräsentierten unsere Volksvertreter in einem organisierten und strukturierten Organ das Volk, das sie gewählt hat. Heute wird dieser Normalfall jedoch nur allzu gerne als „rechte Identitätspolitik“ verbrämt. Fakt ist, daß diejenigen, die schon länger das Land regieren, den Gesellschaftsvertrag mit denjenigen, die schon länger hier leben, aufgekündigt haben. Aber die deutschen Schäfchen grasen einfältig so lange weiter, bis für sie kein Gras mehr übrig ist, während sich ihre Hirten längst den Wölfen angeschlossen haben


Claus Folger

Leserkommentare (1)

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Wir haben nichts zu sagen. Es gibt eigentlich keine Demokratie mehr oder gab es vielmehr noch nie. Sie war nie gewollt. Empfehlehnswerter Beitrag zu diesem Thema:

https://www.youtube.com/watch?v=wmlcLZLuGAY