100 Millionen fürs U-Boot im Park
Frankfurts „Vielfalt“-Propagandisten scheuen keine Kosten

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
Kommentare/Meinungen 19/2011
Der Kämmerer weiß es schon: Auch die reiche Stadt Frankfurt wird nicht alle Großprojekte realisieren können, die den Parteien und Politikern im Römer am Herzen liegen. In der kommenden Diskussion darüber, welche Projekte finanziert werden sollen und welche nicht, wird die Entscheidung über den Neubau des Museums der Weltkulturen von besonderer Brisanz sein.
Seit etlichen Jahren schon wird in Frankfurt um die Erweiterung des Museums der Weltkulturen gerungen. Die Institution, die politisch unkorrekt früher Völkerkundemuseum hieß, hat für ihre wertvolle große Sammlung zu kleine Räumlichkeiten, niemand kann, niemand will das bestreiten. Zu bestreiten ist aber auch nicht, dass dieses Institut zu den besucherschwächsten unter all den Häusern am Museumsufer am Main gehört. Ob eine größere Ausstellungsfläche für die Exponate daran viel oder überhaupt etwas ändern wird, ist ungewiss. Es gibt jedenfalls einige sehr gute Gründe, das zu bezweifeln.
Gleichwohl soll das Museum der Weltkulturen über bessere Räumlichkeiten verfügen, darüber gibt es unter allen politischen Kräften in Frankfurt keinen Streit. Kontrovers wird allerdings diskutiert – und zwar schon seit vielen Jahren –, wo das Museum erweitert werden soll und was das kosten darf. Die kürzlich bei den Kommunalwahlen bestätigte Koalition aus CDU und Grünen hat konkrete Pläne, das Museum unterirdisch im Park so umfangreich und aufwendig zu erweitern, dass von einem Neubau gesprochen werden muss. Die schwarz-grüne Koalition legte nach der Wahl auch die Zahl auf den Tisch, die sie vor der Wahl aus sehr durchsichtigen Gründen nicht präsentieren wollte: Die Erweiterung bzw. der Neubau in bis zu 16 Meter Tiefe soll nach einer Grobschätzung 80 Millionen Euro kosten!
Dieser Betrag löste vor einigen Wochen kurzzeitig auch bei den Koalitionsparteien einen Schock aus. Denn jedem Kommunalpolitiker ist klar: Nach aller Erfahrung mit ähnlichen Projekten in der Vergangenheit werden sich die realen Kosten für die sehr anspruchsvollen Baumaßnahmen auf mindestens 100 Millionen Euro und durchaus auch noch wesentlich mehr erhöhen. Und das in einer Situation, in der Frankfurt trotz gegenwärtig noch hoher Steuereinnahmen weder in diesem noch in den kommenden Jahren ausgeglichene Haushalte vorlegen kann, sondern bereits hohe jährliche Defizite eingeplant sind.
100 Millionen Euro für ein Museum, das sehr wenige Besucher hat und gegen dessen Erweiterung im Park tausende von Anwohnern und Bewohnern im Stadtteil Sachsenhausen mit Unterschriften und Aktionen protestieren – wie soll das politisch durchgesetzt, wie soll dafür in der steuerzahlenden Bürgerschaft Verständnis und Zustimmung erreicht werden?
Denn 100 Millionen sind viel Geld für ein Museum, dessen U-Boot-Bauplan einen Leserbriefschreiber zu folgenden ironischen Formulierungen reizte: „Was soll dieser Unsinn, ein Museum, das auf Licht angewiesen ist und ein exorbitantes Glanzstück in der Frankfurter Museumslandschaft werden könnte und müsste, völlig unter die Erde zu legen, und das noch mit mehreren Ebenen? Soll es als Trainingszentrum für Klaustrophobiekranke dienen? Wer, glaubt man, geht gerne in einen solchen Bunker, der im Wesentlichen auf Kunstlicht angewiesen ist und dem Besucher den Blick ins Freie verwehrt? Die besuchswilligen Frankfurter müssen dann gelbe Säcke horten, um das Licht wie weiland die Bürger von Schilda ins Haus zu tragen.“
Mit überzeugenden Argumenten wird man es folglich kaum schaffen, die Mehrzahl der Bürger von der Rieseninvestition zu überzeugen. Denn es gibt ganz einfach bessere und überzeugendere Gründe gegen diesen. Trotzdem ist es nach kurzer Schock-Phase CDU und Grünen mit tatkräftiger Unterstützung einiger lokaler Medien noch vor der Sommerpause gelungen, das Projekt als „unverzichtbar“ darzustellen und mit Zustimmung der SPD 7,8 Millionen Euro für Planungsmaßnahmen und Gutachten locker zu machen.
Wer wissen wollte, wie solch ein Manöver vollführt wird, konnte in einer Sitzung des Kulturausschusses sehr viel schlauer werden: Die Direktorin des Museums der Weltkulturen wie auch der Kulturdezernent ließen bei der Gelegenheit keinen Zweifel, warum dieses Museum auch 100 Millionen und mehr kosten darf: Weil es politisch und ideologisch nämlich so gewollt ist! Denn die künftige Konzeption des einstigen Völkerkundemuseums ist vollständig der globalistischen „Vielfalt“-Ideologie verpflichtet, die seit knapp einem Jahr das frühere Ziel der Integration in Frankfurt abgelöst hat.
Die Direktorin argumentierte bei ihrem Plädoyer im Ausschuss für die 100-Millionen-Erweiterung nicht vorrangig mit dem Hinweis auf die vielen interessanten Ausstellungsstücke im Depot, die schon lange darauf warten, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu werden. Nein, was ihr viel wichtiger erschien, war der Hinweis auf die moderne „Internationalität“ Frankfurts, die es notwendig mache, dieses Museum der Weltkulturen zu einer Art „Bildungsstätte“ für die Bürger der „Vielfalt“-Stadt zu machen. Offenbar soll das neue Haus unter dem Park mit explizit pädagogischem Programm gerade für Kinder und Jugendliche eine Art Bildungsstätte zur Indoktrinierung in die gewünschte „Vielfalt“-Realität der Stadt werden.
Der Schriftsteller und Kunstkritiker Ulf Erdmann Ziegler hat in einem lesenswerten Artikel, der Anfang April in der FAZ unter der bezeichnenden Überschrift „Ein Park macht Platz für das Palaver“ veröffentlicht wurde, sowohl die Direktorin wie auch ihr Konzept scharf kritisiert: „Frau Deliss, Jahrgang 1960, war unter Ethnologen so gut wie unbekannt. Sie hat zuvor noch nie ein Museum geleitet und auch keine Sammlung betreut oder aufgebaut.“
Ziegler fährt nach einer sarkastischen Betrachtung der Dissertation von Frau Deliss im Blick auf deren bisherige Frankfurter Aktivitäten fort: „Ihre mit Verve betriebene Veranstaltungsreihe heißt ‚Expeditionen‘. Künstler und Ethnologen sitzen auf dem Podium und erklären uns die Welt. Aber nicht im Museum, nein – im Schauspielhaus! Denn Clementine Deliss verbindet und vernetzt, das macht sie seit zwanzig Jahren. Wen sie einlädt, der ‚gehört zu den international Renommiertesten‘, den ‚wichtigsten‘ oder ist ‚Weltweit bekannt‘“.
Ziegler urteilt lakonisch: „Geredet wird viel, ausgestellt wird gar nichts mehr“. Frau Deliss bestätigte dieses Urteil im Ausschuss selbst mit der Bemerkung, ihr gehe es nicht um Ethnologie (dt. Völkerkunde), sondern um die Gegenwart. Da können all die aus der Vergangenheit stammenden Exponate eigentlich nur stören. Immerhin will die Direktorin – das gute Wahlergebnis der regierenden Grünen stets im Sinn - im Magazin ihres Hauses „intelligente Objekte“ gesichtet haben, aus denen sich aus „ökologischer Sicht“ viel „lernen“ lasse…
Abgehobene Kulturvermittlerinnen wie die Museumsdirektorin kümmern sich so wenig um das Normalpublikum wie die Verfasser des theorielastigen Frankfurter „Vielfalt“-Konzepts um reale Integration. Mit größter Selbstver-ständlichkeit kassieren sie alle aber hohe Gehälter und Honorare, dazu stellen sie unentwegt Forderungen an die zahlende Bürgerschaft nach noch größeren Häusern und noch mehr Mitarbeitern. Welch Geistes Kind die meisten dieser Frankfurter Museumsleiter sind, verraten sie schon mit ihrer Vorliebe, in ihren Häusern Ausstellungen nicht ganz einfach zu zeigen, sondern diese zu „bespielen“.
Es ist keineswegs nur eine Frankfurter Sonderentwicklung, dass sich Museumsdirektoren und Kuratoren längst für wichtiger erachten als diejenigen, ohne deren Kunst und Arbeit absolut nichts zu „bespielen“ wäre. Allerdings ist dieser Größenwahn in der Stadt der „Frankfurter Schule“ von Adorno und Co. stets von besonders viel Theoriepalaver begleitet.
Frau Deliss ist eine typische Vertreterin dieser elitären Schicht, die als Hohepriester einer neuen, höchst irdischen Religion gelten können: Der Anbetung von Kunst und Kultur als Ersatz für den von vielen Menschen in der Wohlstandsgesellschaft verlorenen Gottesglauben. Aber nicht den Hohepriestern und Hohepriesterinnen kann der Hauptvorwurf gelten, sich auf Kosten der Allgemeinheit mästen und hofieren zu lassen.
Es sind vielmehr die Politiker verschiedenster Couleur, die bei den Stichworten Kunst und Kultur ganz schnell in Demutshaltung gehen und ohne Zögern – zumindest in Frankfurt - die ganzen großen Schecks auszuschreiben pflegen. Offenbar plagt diese Politiker inzwischen keine größere Angst als die, in den Ruch von Kultur- und Kunstfeindlich zu geraten. Wer ständig damit beschäftigt ist, sich parteiinterne Konkurrenz oder Gegner aus anderen Parteien vom Hals zu halten, will eben zumindest in Sachen moderner Ersatzreligion gut und großzügig dastehen – wenngleich auf Kosten derer, die das alles mit ihren Steuergeldern bezahlen, aber nie oder selten Gebrauch davon machen.
Erfahrene Kultur-Priesterinnen wie Frau Deliss kennen diese Mentalität der politischen Zeitgeistknechte nur zu gut und wissen sie zu nutzen. Was sie allerdings gar nicht vertragen, ist Widerstand gegen ihre hochfahrenden Pläne. Man musste bei der Sitzung des Ausschusses nur das beleidigt-angewiderte Gesicht der Museumsdirektorin beobachten, als Kritik an den hohen Kosten für die Erweiterung formuliert wurde. Gewiss hielt Frau Deliss solch Einwände für widerwärtigen ‚Populismus‘ von notorischen Ignoranten.
Dabei hätte die Direktorin mit einem leidenschaftlichen Plädoyer dafür punkten können, all ihre Schätze endlich in einem angemessenen Rahmen präsentieren zu dürfen. Aber sie reagierte rein ideologisch mit dem Hinweis, Frankfurt sei so multikulturell und deshalb brauche die Stadt eben auch ein so großes Museum der Weltkulturen. Und sie brauchte gar nicht hinzuzufügen: Wer das nicht einsieht, ist halt ein unverbesserlicher Reaktionär.
Die Reaktionen von Frau Deliss glichen verblüffend denen von „Vielfalt“-Dezernentin Eskandari-Grünberg (Grüne) in der Integrations-Diskussion vor einigen Monaten, als Frau Eskandari-Grünberg mit dem Widerstand der FREIEN WÄHLER gegen ihr Konzept konfrontiert wurde. Sowohl die Direktorin wie auch die Grünen-Politikerin zeigten sich der Herausforderung einer offenen Diskussion argumentativ nicht gewachsen, sie waren auch nicht willens, diese überhaupt zu führen.
Der Verdacht liegt nahe, dass sich beide Damen überhaupt nicht mehr vorstellen können, dass ein vernünftiger, also weder reaktionärer noch gar rechtsradikaler Mensch völlig anderer Auffassung ist. Dabei werden sie bestärkt von politischen Kräften wie den Grünen, die strikte Klientel-bedienung mit ideologischer Ausrichtung gerade in der Kulturszene betreiben. Aber sie werden auch unterstützt von einer Frankfurter CDU, die sich der neuen Ersatzreligion ebenso besinnungslos unterworfen hat wie die kreuzbiedere SPD.
Die Grünen, eindeutig die Hauptbetreiber der „Vielfalt“-Ideologien ebenso wie des Weltkulturen-Museum-Projekts, müssen sich um die soziale Basis von CDU und SPD nicht kümmern, denn der Großteil ihrer Wähler wähnt sich derzeit noch ‚postmateriell‘ ganz unabhängig von kleinlichen Kostenbedenken. Und dass der Park arg im Mitleidenschaft gezogen werden soll und etliche alte Bäume geopfert werden, kümmert letztlich auch nur diejenigen Grünen-Wähler, die rund um den Park angesiedelt sind. Um die zu beruhigen, wurde übrigens ja gerade die teuerste Lösung gewählt, nämlich die unterirdische Erweiterung. Denn mit dieser Variante soll suggeriert werden: Oben wird wieder alles schön grün, und die neu gepflanzten Bäume werden ja irgendwann auch mal wieder Schatten spenden.
Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen: Das Hauptmotiv für das 100-Millionen-Projekt Weltkulturen-Museum ist politischer Art. Für die Propagierung und Erziehung in der “Vielfalt“-Ideologie spielen Kosten indes keine Rolle. Der grüne Globalismus mitsamt der möglichst weitgehenden Verleugnung der eigenen nationalen und kulturellen Identität soll am Frankfurter Museumsufer um jeden Preis einen attraktiven Tempel bekommen.
Dessen unterirdische Konstruktion kann als höchst symbolisch verstanden werden: Möglichst heimlich und verborgen sollen die Grundpfeiler der gewachsenen einheimischen Kultur untergraben und zum Einsturz gebracht werden. Soweit muss es nicht kommen, wenn diese Absichten durchschaut und verhindert werden. Deshalb ist es – neben schwerwiegenden finanziellen und ökologischen Einwänden – von größter Bedeutung, auch und gerade die ideologischen Hintergründe des Großprojekts zu verstehen. Nur dann kann der teure Wahnsinn erfolgreich verhindert werden. Und verhindert werden muss er!
Wolfgang Hübner, 16. August 2011