Interview mit dem Frankfurter PR-Profi Moritz Hunzinger
„Ich will stets den freien Diskurs mit geöffnetem Visier“

Herr Professor Hunzinger, womit verdienen Sie derzeit ihr Geld?
Seit fünf Jahren bin ich CEO des Mobile-Payment-Unternehmens Cash-cloud AG sowie der Vorstand der Holding des kleinen Automobilherstellers und Fahrzeugveredlers Gemballa SE. Zudem wurde ich vor zwei Jahren zum Vorstand der akabenos ag berufen, einem Anbieter für mobile Zahlungslösungen. Und seit zehn Jahren bin ich Professor für PR und Kommunikation an der Nationalen Pädagogischen Universität in Kiew, mit monatlichen Lehrveranstaltungen.
Es gibt in der Frankfurter Stadtgesellschaft ein diffuses Unbehagen im Hinblick auf Zustand und Nutzung der Paulskirche. Wie könnte man sie besser nutzen? Und soll der Bundespräsident in Frankfurt gewählt werden, wie es der frühere Frankfurter Oberbürgermeister Walter Wallmann einmal vorschlug?
Ich bin immer wieder Gast in der Paulskirche, an ihrem Zustand habe ich nichts zu bemängeln. An eine andere Nutzung als an eine würdevolle will ich nicht denken. Für eine Direktwahl des Bundespräsidenten spreche ich mich nicht aus.
Was ist aus Ihrer Sicht vordringlicher? Die Sanierung der Paulskirche oder die Rekonstruktion des Rathausturms Langer Franz?
Die Rekonstruktion des Rathausturms Langer Franz steht für mich direkt in der Folge der glänzenden Idee des verdienten BFF-Stadtverordneten Wolfgang Hübner und seines Mitarbeiters Dr. Claus Wolfschlag, die Frankfurter Altstadt rekonstruiert zu haben. Für seinen zielführenden Anteil am gelungenen Wiederaufbau wird Wolfgang Hübner bestimmt eines Tages zum Ehrenbürger der Stadt Frankfurt am Main ernannt werden.
Was ist eigentlich mit Frankfurt los? Wenn ich durch die Straßen von Frankfurt gehe, dann scheint es heute viel mehr Obdachlose, Dropouts und Bettler zu geben, als noch vor ein paar Jahren. Wie ist ihr Eindruck?
Die Union stellt den Bundesinnenminister, den hessischen Innenminister und den Sicherheitsdezernenten Frankfurts. Auf allen Ebenen erlebt man Kontrollverlust. Das ist entheimatend. Zudem muß die CDU um den Verlust ihres Markenkerns Sicherheit und Ordnung fürchten.
Da scheint Enttäuschung mitzuklingen. Sie sind seit 44 Jahren CDU-Mitglied, pflegen aber seit einiger Zeit eine freundschaftliche Beziehung zu den BÜRGERN FÜR FRANKFURT BFF. Für die Verleihung deren Bürgerpreises, die im November 2019 erstmalig stattfand, waren Sie der Impulsgeber. Was gefällt Ihnen an der kommunalpolitischen Arbeit der BFF?
Die BÜRGER FÜR FRANKFURT BFF fallen in der Frankfurter Kommunalpolitik positiv auf durch Agenda Setting, kreative pragmatische Lösungsvorschläge und hohe Präsenz. Von denen kommt immer Sinnvolles. Und natürlich faszinierte mich deren Idee, die Altstadt neu entstehen zu lassen.
Von 1559 bis 1966 führte die römisch-katholische Kirche den Index Librorum Prohibitorum, das für jeden Katholiken die Bücher auflistete, deren Lektüre als schwere Sünde galt. Was ist das verbotene Wissen von heute?
Ich übersetze das in meine Sichtweise: Die öffentlich-rechtlichen Sender halte ich in Teilen für demokratiegefährdend. Es ist ein Unding, wie Zuschauer und Zuhörer für linkes Gedankengut von Morgenmagazin bis zu Talkshows mißbraucht werden. Nicht mal mehr einen vernünftigen Tatort kriegen die über Zwangsgebühren finanzierten Anstalten hin.

Im Juli 2019 trafen Sie sich mit dem AfD-Bundesvorsitzenden, Prof. Jörg Meuthen, und dem Chef der hessischen Filmförderung, Prof. Hans Joachim Mendig, zu einem Restaurantbesuch in Frankfurt. Daraufhin erzwangen etwa 600 empörte Filmschaffende aus ganz Deutschland den Rücktritt von Prof. Mendig. Sind Sie ein Konterrevolutionär, der bürgerlich-liberales Gedankengut verbreiten will?
Seit 40 Jahren treffe ich unterschiedliche interessante Menschen zu Gesprächen über das Zeitgeschehen bei freier Themenwahl. Dem verdanke ich auch meinen enormen Informationsvorsprung in vielen Bereichen, die unsere Gesellschaft und ihre Verhältnisse betreffen. Prof. Mendig und ich brachten unsere nach wie vor erfolgreichen Firmen 1999 an die Börse: er die Odeon Film AG, ich die infas Holding AG – vormals Hunzinger Information AG. Es war ein fröhlicher Zufall, daß er zu meiner Verabredung mit Prof. Meuthen hinzustieß. Was 600 Filmschaffende – übrigens schöner DDR-Slang – dazu sagen, ist mir gleichgültig. Die sollen erst mal was schreiben und drehen, das sich im Kartenverkauf niederschlägt. Wenn eine grün-linke Kulturministerin nach einem Lunch mit einem Europaabgeordneten ihren Geschäftsführer feuert, ist das ein Versagen der gesamten schwarz-grünen Landesregierung. Das belegen auch die entsprechenden Debattenbeiträge im Hessischen Landtag. Nur gut, daß Prof. Mendig fürstlich abgefunden werden wird. Wer einen Lunch mit einem Europaabgeordneten dämonisiert, sollte seine Denk- und Sprechverbote besser in einer Diktatur ausleben.
Was verstehen Sie unter einem wehrhaften Nationalstaat?
Das ist genau mein Deutschland, das es unter Helmut Kohl definitiv gab und das ich sehr vermisse. Kanzler Kohl sprach oft von Heimat, Vaterland, Europa. Exakt dafür habe ich mich immer eingesetzt. 1999 erhielt ich das Bundesverdienstkreuz, 2016 das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold.
Ein Zitat von Ihnen lautet: „Ich kenne kein Land, wo es so verklemmt zugeht wie in Deutschland.“ In welcher Hinsicht geht es verklemmt zu bzw. was muß sich ändern?
Ich will stets den freien Diskurs mit geöffnetem Visier. Kein politisch-korrektes Geschwurbel und keinen Mainstream-Gender-Quatsch.
Sie sagen, daß Sie aufgrund der unkontrollierten Zuwanderung „Entheimatungsängste“ haben. Was bedeutet für Sie „Heimat“?
Unkontrollierte Zuwanderung lehne ich strikt ab. Schutzbedürftigkeit muß belegt werden, Stichwort Genfer Flüchtlingskonvention. Nulltoleranz dem, der mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Und wenn alte deutsche Mitbürger Flaschen sammeln müssen, hat der Staat, also die Heimat, diesen Menschen zuerst zu helfen. Die Heimat ist Dein Freund, und Freunde behandelt man gut.
Soll Deutschland seinen Kampf gegen den globalen Klimawandel intensivieren, auch wenn es die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Wirtschaft damit weiter schwächt?
Der „Kampf gegen den globalen Klimawandel“ ist eine gute PR-Idee, aber bezogen auf Deutschland vollkommen übertrieben. Politik und Wissenschaft müssen zu vernünftigen Lösungen kommen. Deutschland muß aufpassen, daß Ideologie nicht die Vernunft beherrscht und wir unsere Spitzenposition verlieren. Vieles ist eine Mogelpackung. Siehe „Atomausstieg“. Während wir lediglich aus der Produktion ausgestiegen sind, geht die Nutzung von Kernenergie im Land munter weiter. Andere Staaten freuen sich.
1984 sang die DDR-Rockband Puhdys: „Denke ich an Deutschland, fallen mir Gedichte ein, klingen große Namen raus aus totem Stein und in mir ist Schweigen wie nie gekannt. Hier bin ich geboren, das ist mein Land.“ Welches sind Ihre Liedzeilen, wenn Sie an Deutschland denken?
Einigkeit und Recht und Freiheit.
Was können Männer besser als Frauen?
Nichts, aber Frauen können Anmut haben.
Vielen Dank für das Gespräch!
ZUR PERSON
Prof. Moritz Hunzinger, geboren am 26. Januar 1959 in Frankfurt am Main, ist einer der erfahrensten Gründungsunternehmer der Medienbranche in Deutschland. Zudem ist er Deutschlands wohl „prominentester Kommunikationsexperte an der Schnittstelle von Politik und Wirtschaft“ (JF, 2014) und wird von den Medien gerne mit Attributen wie „Hohepriester der PR“ (BILD, 2009), „PR-Genie“ (FR, 2012) oder „Genialer PR-Stratege“ (FNP 2016) belegt.