Polizei schreibt Frankfurter Moscheegemeinden

Brief zum Ramadan wirft Fragen auf

Polizei schreibt Frankfurter Moscheegemeinden


Ein Schreiben des Frankfurter Polizeipräsidenten Gerhard Bereswill vom 21. April 2020 an die Frankfurter Moscheegemeinden anlässlich der aktuellen Corona-Situation und dem Beginn des Fastenmonats Ramadan wirft Fragen auf. Diese hat der Vorsitzende der BFF-Fraktion im Römer, Mathias Mund, heute in einem offenen Brief an den Polizeipräsidenten artikuliert und um Antworten gebeten.

Seinen offenen Brief, der auch den Presse- und Medienvertreter übermittelt wurde, veröffentlichen wir an dieser Stelle:

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Offener Brief zu Ihrem Schreiben an die Frankfurter Moscheen vom 21. April 2020



Sehr geehrter Herr Bereswill,

mir ist heute Ihr oben bezeichnetes Schreiben anlässlich der aktuellen Corona-Situation und des bevorstehenden Fastenmonats Ramadan „an die Vorstände, Vertreterinnen und Vertreter sowie Mitglieder der Frankfurter Moscheen“ zur Kenntnis gelangt (siehe Anlage).

Dieses - sich über zwei Seiten erstreckende – Schreiben wirft verschiedene Fragen auf, die ich in Form dieses offenen Briefes an Sie richte.

1.) In Ihrem Schreiben versichern Sie den Vertretern der Frankfurter Moscheegemeinden, daß der Polizei „die wertvollen und bedeutsamen islamischen Rituale und Gepflogenheiten im Fastenmonat sehr gut bekannt“ sind. Sind der Polizei die christlichen und jüdischen Rituale und Gepflogenheit zum Oster- bzw. Pessachfest ebenfalls sehr gut bekannt und werden diese von ihr auch als „wertvoll und bedeutsam“ betrachtet?

2.) Haben Sie ein solches oder ähnliches Schreiben vor dem Osterfest an die christlichen Gemeinden und vor dem Pessachfest an die jüdischen Gemeinden in Frankfurt versandt, die ja den gleichen Einschränkungen in der Corona-Krise unterlagen wie jetzt die islamischen Gemeinden zum Beginn des Fastenmonats Ramadan? Meinem bisherigen Kenntnisstand zufolge ist dies nicht erfolgt. Falls dies zutrifft, warum nicht?

3.) Sie erwähnen in Ihrem Schreiben explizit, daß Sie selbst „mit großer Freude … persönlich bereits am Fastenbrechen teilgenommen“ haben. Haben Sie mit ebensolcher Freude auch schon einmal an einem Sederabend und einer Osternachtsmesse teilgenommen?

4.) Es ist zu begrüßen, daß Ihnen und der Frankfurter Polizei die Gesundheit der Musliminnen und Muslime in unserer Stadt sehr am Herzen zu liegen scheint. Bei dem Ihrem Schreiben zugrunde liegenden Tenor könnte man über weite Strecken hinweg eher das Frankfurter Gesundheitsamt als Absender vermuten, weniger das Polizeipräsidium. So appellieren Sie „im Interesse Ihrer persönlichen Gesundheit und der Gesundheit Ihrer Angehörigen und Mitmenschen“ an die Vertreter der Moscheegemeinden, doch „bitte“ „dringend“ von den sonst im Ramadan üblichen Zusammenkünften „Abstand“ zu nehmen. Liegt Ihnen und der Frankfurter Polizei die Gesundheit der Christen, Juden, Buddhisten, Hindus sowie Atheisten (um nur einige Glaubensrichtungen zu nennen) ebenso am Herzen und warum haben Sie dies nicht gleichfalls anlässlich der Corona-Pandemie zum Ausdruck gebracht, insbesondere gegenüber Christen und Juden zum diesjährigen Oster- und Pessachfest?

5.) Ist Ihnen bewusst, daß Sie mit Ihrer Reduzierung des islamischen Fastenmonats Ramadan auf die allabendlichen Fastenbrechen-Essen, Nachtgebete und das Festtags-Gebet am Ende des Ramadan in Ihrem Schreiben den eigentlichen Sinn des Fastenmonats, nämlich die Enthaltsamkeit als Tugend zu üben und diese zu trainieren, verfehlen? Und dass die von Ihnen angeführten „allabendlichen Nachtgebete“ im Fastenmonat für Muslime nicht verpflichtend sind, sondern lediglich die Freitagsgebete (wie sonst das ganze Jahr über auch)?

6.) Mit Hinweis darauf, daß derzeit sogar die „Kaaba in Mekka geschlossen“ ist und „die diesjährige Pilgerfahrt voraussichtlich nicht stattfinden“ kann, werben Sie in Ihrem Schreiben bei den Moscheegemeinden um Verständnis für die Einschränkungen in der Corona-Krise. Haben Sie in einem Schreiben an die katholischen Kirchengemeinden in Frankfurt zum Osterfest 2020 darauf hingewiesen, daß auch der Papst im Vatikan den Ostersegen „Urbi et orbi“ in diesem Jahr nicht vor zehntausenden Menschen auf dem Petersplatz, sondern im leeren Petersdom spendet, um damit die Einhaltung der Corona-bedingten Auflagen durch die katholischen Gläubigen in unserer Stadt sicherzustellen?

7.) Aus der Tatsache, daß Sie es überhaupt für notwendig erachtet haben, dieses Schreiben an die Frankfurter Moscheegemeinden zu richten, lassen sich letztlich nur zwei Schlussfolgerungen ziehen: Entweder sind der Grund dafür diskriminierende Ressentiments bei Ihnen und der Frankfurter Polizei gegenüber Musliminnen und Muslimen, oder den Polizeibehörden liegen belastbare Hinweise darauf vor, daß die konkrete Gefahr besteht, daß die gesetzlichen Pandemie-Auflagen von diesen nicht eingehalten werden könnten. Ersteres wäre zu verurteilen, letzteres für die Öffentlichkeit selbstverständlich von berechtigtem Interesse.
 

In Erwartung Ihrer baldigen Antwort verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen
 

Mathias Mund

Fraktionsvorsitzender
Bürger Für Frankfurt BFF

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