Die Gymnasien-Not ist Resultat doppelten politischen Versagens
Eingangsklassen platzen aus allen Nähten

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
PRESSEMITTEILUNG 56/2011
Frankfurt/Main, 24. August 2011
Der Andrang auf Frankfurts Gymnasien wird immer stärker. Die Klassen der Eingangsstufen sind entsprechend groß, die damit verbundenen Überforderung von Lehrern und Schülern ebenso. Nun fordert das Staatliche Schulamt die Einrichtung eines weiteren Oberstufengymnasiums von der 5. Klasse bis zum Abitur. Begründung: „Dem Streben der Elternschaft zu den Gymnasien muss man nachgeben.“ Bildungsdezernentin Jutta Ebeling (Grüne) hält dagegen: „Das kostet 50 Millionen Euro. Wo soll das Geld herkommen?“
Diese Frage kann noch relativ einfach beantwortet werden, nämlich mit dem Hinweis auf den Verzicht auf ebenso elitäre wie kostspielige Projekte wie den Neubau des Museums für Weltkulturen und den Kulturcampus Bockenheim. Aber damit wird das Kernproblem der Frankfurter Gymnasien-Not nur gestreift. Dieses Kernproblem ist in einer verfehlten Bildungspolitik zu suchen, die es nicht zuletzt aufgrund ideologischer Verblendung geschafft hat, Gymnasien zur Normalschule und das Abitur zum Regelabschluss einer Schulkarriere gemacht zu haben.
Besondere Schuld haben dabei SPD und Grüne auf sich geladen: Die Bildungspolitiker beider Parteien, da machen auch ihre Frankfurter Vertreter keinerlei Ausnahme, können und wollen sich einfach nicht mehr vorstellen, dass auch junge Menschen mit einem soliden Hauptschul- oder Realschulabschluss eine Perspektive haben können. Entsprechend lieblos werden diese beiden Schulformen behandelt, die für etliche leitungslimitierte Schüler so wichtige Hauptschule ist inzwischen fast völlig ruiniert. Dass Eltern ihre Kinder weder dorthin noch auf eine Realschule schicken wollen, sondern vielmehr aufs Gymnasium oder eine IGS ist verständlich, aber vom Potential der Kinder in vielen Fällen leider ungerechtfertigt.
Entsprechend groß ist im Verlauf einiger Jahre der Rückstrom von den Gymnasien auf die beiden anderen Schulformen, in jedem einzelnen Fall verbunden mit einer oft lebenslang bleibenden Enttäuschung. Die Politiker aller Parteien machen es sich mit dem Verweis auf den „Elternwillen“, dem sie ja bereitwillig nachgegeben haben, sehr einfach und waschen ihre Hände in Unschuld. Doch dieser „Elternwille“ ist ja einerseits unter denn gegebenen Bedingungen nachvollziehbar, seine Priorisierung aber eine im schlechtesten Sinne populistische Diskriminierung pädagogischer Erfahrung und Beurteilung.
Denn selbstverständlich würden deutlich weniger Schüler nach dem 4. Schuljahr auf Gymnasien und Gesamtschulen wechseln können, wenn nicht der Elternwunsch, sondern die Beurteilung der Lehrer den Ausschlag geben würde. Dass es dabei, wie auch früher schon, manchmal zu Fehlurteilen und auch Ungerechtigkeiten kommen könnte, sei unbestritten. Doch die ließen sich in etlichen Fällen späterhin korrigieren. Aus allen Nähten platzende Gymnasialklassen mit überforderten Lehrern garantieren jedoch viel mehr scheiternde Schülerkarrieren. Es ist unerträglich, wenn jetzt diejenigen Politiker und Parteien, die diese Fehlentwicklung zu verantworten haben, auf fehlendes Geld verweisen – damit dürfen Frau Ebeling und der Magistrat nicht durchkommen!