Verborgene Schönheiten in Frankfurt (Teil 2)

Der Märchenteich im Bürgergarten

Verborgene Schönheiten in Frankfurt (Teil 2)


Ein Weiher und eine große Wiese. Da weiß man, was man hat. Der seit 1986 unter Denkmalschutz stehende Ostpark – 1911 als erster Volkspark Deutschlands eröffnet – ist den meisten Frankfurtern ein Begriff. Und immerhin ist er nach dem Volkspark Niddatal die zweitgrößte Parkanlage Frankfurts. Eine Runde um den kleinen See empfiehlt sich, da der Uferbereich über eine abwechslungsreiche Flora verfügt, die zahlreichen Wasservogelarten Unterschlupf, Brutplatz und Nahrung bietet.


An der unteren Spitze des Sees befindet sich in einem Pavillon aus den 20er Jahren schließlich eines der ältesten Kioske Frankfurts. Das charmante Wasserhäuschen Parkblick wurde im Stil des Neuen Frankfurt gebaut. Dort ist Tee mit Rum eine gute Option. Über den frisch sanierten neoklassizistischen Trinkbrunnen von 1927 schweift der Blick zuerst über die weitläufige Rasenfläche, bis er an der in der Sonne futuristisch schimmernden Außenfassade des Obdachlosenasyls am Eingang zum 3,76 Hektar großen Bürgergarten hängenbleibt.


Das Deutsche Architektenblatt schrieb im April 2020 über die Notunterkunft: „Das Team plante einen Mäander aus Beton, mit asymmetrisch geneigten Dachflächen und geknickten Fassaden. Grüne Innenhöfe bieten unterschiedliche Rückzugsorte und Ausblicke. Zum Park hin zeigt sich die Fassade mit grün-blau eloxierten Edelstahlschindeln und Rankpflanzen – ein grünes Gebäude im Park, ein Kunstwerk für die Augen der Passanten und die Seelen der Bewohner.“

Der lauschige Bürgergarten entstand 1983 in nahezu unveränderter Form aus dem ehemaligen Zentralschulgarten Frankfurts, der 1907 bis 1911 nach Plänen von Gartenbaudirektor Karl Heicke entstand und dazu diente, Gewächse für den Zeichen- und Biologieunterricht der Frankfurter Schulen zu züchten.

Seine Gartenanlage ist für Pflanzenliebhaber ein kleiner Schatz. Hier sind in Schaubeeten Blumen und Stauden aufeinander abgestimmt und blühen im Frühling um die Wette, während eine Vielfalt von Kräutern je nach Saison grünt. Außerdem freuen sich Insekten über eine extra für sie angelegte Wiese.


Durch seine pflanzengeographische Anlage mit heimischen Bäumen, Gehölzen aus Nordamerika und anderen Teilen der Welt windet sich ein Bach, der über einen Grundwasserförderbrunnen gespeist wird. Er fließt entlang an Sträuchern, Stauden und Gräsern, mal sonnendurchflutet und mal schattig, an Wiesen mit der einen oder anderen Steinskulptur und durch sumpfiges Terrain mit Schilf. Mehrere Holzbrücken überspannen den kleinen Bach, bis er schließlich in einen märchenhaften Teich mündet.

Der Wasserlauf des Bachs mäandert, vollführt also ein kurvenreiches, verschlungenes Muster; mäanderförmig sind auch der Grundriss des Obdachlosenheims und die darauf abgestimmten Fassaden, die zugleich parkseitig das Blattgrün reflektieren. Eine Einheit aus Natur und Baukultur fast wie im Schwarzwald.

Willst du immer weiter schweifen?
Sieh, das Gute liegt so nah.
Lerne nur das Glück ergreifen,
Denn das Glück ist immer da.


Ob Johann Wolfgang Goethe bei seinem Vierzeiler auch an den Bürgergarten dachte, ist nicht überliefert. Doch sein gedichteter Rat bleibt beachtenswert für seine Frankfurter Nachgeborenen auch in Sachen Ostpark.
 

Claus Folger

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