Würstchen in der Gelben Tonne

Neue Wege in der Mülltrennung notwendig

Würstchen in der Gelben Tonne
© Richard Bishop


Frankfurts Mülltrennung funktioniert immer weniger. Doch die Politik findet nicht die Kraft, neue Wege zu beschreiten. Nach Angaben des Bundesverbands Sekundärrohstoffe, lag 2017 die Quote so genannter Fehlwürfe bundesweit zwischen 40 und 60 Prozent. Gerade der Verpackungsmüll bereitet Sorgen. In Frankfurt sind die Bio- und Altpapiertonnen kein großes Problem. Fehlerquoten lägen zwischen einem und drei Prozent. Hingegen die Gelben Tonnen ("Grüner Punkt") werden zu 40 Prozent falsch befüllt.

Häufig werde in die Gelben Tonnen Restmüll geworfen, teils weil die Restmülltonnen bereits überfüllt sind. Zum einen handelt es sich dabei um Essensreste, zum anderen auch um Wertstoff-Müll, bei dem es sich um keine Verpackungen handelt. Vielen Leuten ist nicht verständlich, daß in die Gelben Tonnen nicht der kaputte Toaster gehört, obwohl dieser ebenso aus Metall und Plastik besteht, wie viele Verpackungen.

Immerhin hat der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) in Berlin erkannt, daß die kunterbunten Fehlbefüllungen etwas mit der zunehmenden Buntheit unserer Gesellschaft zu tun haben könnten: "Laut VKU könnte auch die zunehmende Zahl an Migranten ein Grund sein: Das deutsche Trennsystem sei eben auch für Ausländer schwer zu verstehen und müsse ihnen genau erklärt werden."

Im August hat die Kommunale Ausländer- und Ausländerinnenvertretung (KAV) zudem gefordert, auf Flyern in verschiedenen Herkunftssprachen Mieter über Aushänge und Briefe über die Mülltrennung zu informieren. Genannt werden die Sprachen Englisch- Türkisch, Russisch, Serbo-Kroatisch, Arabisch, Rumänisch-Moldawisch, Bulgarisch und Italienisch. Ob diese Ausgabe angesichts einer starken Bewohnerfluktuation gerade unter Migranten effektiv eingesetzt ist, wird die Zukunft zeigen. Immerhin sollen die Flyer in Schwarz-Weiß gedruckt werden, um - so die KAV - "die Umwelt nicht zusätzlich zu belasten".

Was ist zu tun:
1. Man könnte in der Tat, wie der VKU äußert und die KAV fordert, die "Aufklärungsarbeit" bei Einwanderern erhöhen. Doch wie will man das bewerkstelligen? Wirklich die Flyer, die die KAV vorschlägt, und die zu einem großen Teil auf der Straße oder im Müll landen dürften? Die Mülltonnen mit mehrsprachigen Aufdrucken versehen? Und welche Sprachen will man dann wählen? Nur die von der KAV vorgeschlagenen. Oder doch eher Kurdisch und Urdu? Paschtunisch und Georgisch? Würde man zu viele Sprachen wählen, könnte es sein, daß aus Platzgründen die Schrift kleiner gewählt werden müsste, was sie vielleicht zu leicht übersehbar macht.

2. Bereits 2010 forderte die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES), die gelbe Tonne durch eine Wertstofftonne zu ersetzen, in die dann z.B. auch alte Metallkochtöpfe geworfen werden können. Sie wurde "Gelbe Tonne plus" genannt. Kein Mensch begreife, so das Argument, daß Plastikverpackungen unbedingt in die Gelbe Tonne sollen, kleine Plastik-Blumentöpfe aber in den Restmüll gehören. In anderen Städten existiert eine solche Wertstofftonne bereits. Ein 2013 für ein Jahr gestarteter Modellversuch in Frankfurt brachte allerdings ein ernüchterndes Ergebnis. Die Zunahme an gesammelten Wertstoffen erreichte mitnichten die prognostizierte Zielmarke. Die Fehlwürfe durch Restmüll nahmen sogar leicht zu. Zudem führte eine unklare Rechtslage dazu, den Versuch nicht weiter zu verfolgen.

3. Es gilt zu bedenken, daß die gesonderte Trennung von Verpackungsmüll ohnehin nicht den gewünschten Effekt hat. Etwa die Hälfte der in Deutschland mühevoll gesammelten Abfälle in der gelben Tonne landet wieder beim Restmüll beziehungsweise in der Verbrennungsanlage. Also komplett auf private Mülltrennung verzichten? Das klingt für den Bürger verlockend, für die Politik hingegen provokant, ist aber bereits vor neun Jahren in Trier ausprobiert worden. 2009 gab es in Kooperation mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen einen Modellversuch auf dem Recyclinghof Trier. Dabei kam eine moderne Sortiermaschine zum Einsatz, die angeblich 50 Prozent mehr Kunststoff-Müll herausfiltern konnte, als bei der Trennung durch private Haushalte.

Politik ignoriert alternatives Konzept

Ein Jahr lang wurde nur Altpapier gesondert gesammelt. Rest-, Bio- und Verpackungsmüll wurde hingegen zu einem großen Haufen zusammengeschmissen. Der Müll wurde getrocknet und mit Infrarotscannern und Druckluftkanonen getrennt. Die Sortenreinheit bei Kunststoffen lag danach bei 99 Prozent. Metalle sind ohnehin leicht aus dem Müll zu filtern. Warum wird dieses Modell nicht übernommen? Der Geschäftsführer der Abfallwirtschaft Trier Max Monsel äußerte dazu 2010: "In der Politik haben wir für unser Konzept geworben. Aber wir mussten feststellen, daß es einfach in der politischen Landschaft so nicht gewünscht ist."

In einer Radiosendung wurde dazu kommentiert: "Konkret heißt das: Die ganze Müllwirtschaft in Deutschland basiert auf der Trennung im Haushalt. Ein System, vor über zwei Jahrzehnten aufgebaut, mit teuren Müllverbrennungsanlagen, die sich erst einmal rechnen müssen. Klar, daß da auch handfeste finanzielle Interessen der privaten Müllentsorger-Lobby im Spiel sind. Da passt die maschinelle Vollsortierung einfach nicht rein – Blockade-Politik?"

Und so bleibt es leider derzeit alles beim Alten. Die Bürger sind genervt oder überfordert vom Mülltrennen. Die FES ist genervt von Fehlwürfen. Die Politik ist genervt von zusätzlichen Aufwandskosten der kommunalen Betriebe, die durch solche Fehlwürfe hervorgerufen werden. Und dies alles, weil sich die Politik auf ein überholtes System festgelegt hat, an dem einige offenbar nur allzu gut verdienen.


Marlis Lichtjahr

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