Das Nordend regiert nun Frankfurt

Hübners Frankfurter Woche – Folge 3

Das Nordend regiert nun Frankfurt

Hübners Frankfurter Woche – Folge 3

In Europa zählt Frankfurt trotz seiner vielen Hochhäuser zu den kleinsten Metropolen. Das betrifft sowohl die neuerdings stagnierende Einwohnerzahl wie die Fläche der Stadt. Doch so klein wie der Stadtteil Nordend ist Frankfurt nun auch wieder nicht. Gleichwohl wird nach der Wahl im März 2021 die Politik in der Mainmetropole von einer Partei bestimmt, die seit vielen Jahren im Nordend ihre Hochburg hat, also von den Grünen. Das dicht bevölkerte Nordend ist ein sehr teures, begehrtes Wohnviertel, entsprechend ist die soziologische Zusammensetzung der dort lebenden Menschen. Wer sich hier die Mieten oder gar Wohneigentum leisten kann, hat ein gutes Einkommen oder zumindest gut geerbt. Im Nordend ist man gerne weltoffen, doch Flüchtlinge und ärmere Migranten sind hier kaum zu finden. Grün wählen gehört dort für viele zum Lebensgefühl eines saturierten Wohlstands.

Ähnlich sieht es im benachbarten Westend, in Teilen Bockenheim, Bornheims sowie im südlichen Sachsenhausen aus – alles Stadtregionen mit besonders hohen Stimmanteilen der Grünen. Überall dort war im März die Wahlbeteiligung deutlich höher als in früheren Jahren. Das machte die Grünen erstmals zur stärksten Partei im Römer, die nun ihren künftigen Koalitionspartnern die Bedingungen der Beteiligung an der Stadtregierung diktieren können. Dass in dieser Koalition Parteien wie die FDP und Volt wahrscheinlich mitvertreten sein werden, kann nicht erstaunen: Auch diese werden von ungefähr den gleichen Bevölkerungsgruppen gewählt. Wesentlich schlechter vertreten sind hingegen die sozial schwächeren Frankfurter an der westlichen und östlichen Peripherie der Stadt.

Zwar nahm auch dort die Wahlbeteiligung ein wenig zu, doch längst nicht so wie in den „angesagten“ innenstadtnahen Stadtteilen. Trotz der insgesamt um rund sechs Prozent gestiegenen Gesamtwahlbeteiligung von 45,1 Prozent der Wahlberechtigten hat die Mehrheit der Frankfurter, also 54,9 Prozent, 2021 nicht an der Wahl teilgenommen. Diese nichtwählende Mehrheit wohnt in den sozial schwächeren, auf dem Wohnungsmarkt als nicht so attraktiv geltenden Stadtteilen. Doch deren Sorgen und Nöte werden in den kommenden fünf Jahren für die neue Koalition nur nachrangige Bedeutung haben. Daran wird auch die Beteiligung der Wahlverlierer von der SPD wenig ändern. Denn auch die ehemalige Partei der Arbeiter und „kleinen Leute“ schielt längst auf eine akademisch gebildete und gut verdienende Wählerschicht.

Schon mittelfristig wird die Dominanz der Grünen und ihrer privilegierten Wählerklientel Konflikte in der Stadt heraufbeschwören. Schließlich wurde auch der Wahlgewinner nur von rund 11 Prozent der Frankfurter Gesamtbevölkerung gewählt. Wer Sossenheim, Nied oder Fechenheim aus der Perspektive und Interessenlage von Nordend oder Westend betrachtet, wird der Peripherie der Stadt und ihren Problemen nur schwer gerecht werden können oder auch gerecht werden wollen. In dieser Tatsache liegt die künftige Chance für das neue, viele so überraschende Fraktionsbündnis von Bürgern Für Frankfurt – BFF und Bündnis für Integration und Gerechtigkeit – BIG. Es gilt, diese Chance zu nutzen.

Leserkommentare (2)

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Ein Kabarettist, dessen Namen ich leider vergessen habe: Er sei gefragt worden "Und? Wählst Du AUCH grün?" und er habe geantwortet "So rechts kann ich gar nicht sein, dass ich grün wählen würde".

Ich möchte den sehr geschätzten Prof. Otte zitieren: Er erzählte vor einer Weile, er habe Besuch einer befreundeten Familie gehabt. Alle natürlich Grün wählend.
Die Kinder gingen auf Privatschulen.
Ob es dort denn auch Ausländer in der Klasse gebe, habe Herr Otte gefragt.
Und sehr eifrig die Antwort erhalten: Aber klar, natürlich, Japaner zum Beispiel!

So sinngemäß. Er hat es noch besser rübergebracht.