"Ampel-Plus" im Römer?

Was hinter der politischen Partei "Volt" steckt

"Ampel-Plus" im Römer?


Ab Ende Mai soll die Stadt Frankfurt von einer so genannten "Ampel-Plus"-Koalition regiert werden. "Ampel" ist bekannt. Es ist ein rot-grünes Bündnis mit der "gelben" FDP, die für ein paar Posten immer schon als opportunistische Mehrheitsbeschafferin funktioniert hat. Aber für was steht das "Plus"? Dahinter verbirgt sich die neu in den Römer eingezogene Partei "Volt". Hier lohnt ein genauerer Blick, um welches Phänomen es sich dabei eigentlich handelt. "Volt" sieht sich nämlich als "paneuropäische" Partei. Die jeweiligen nationalen und kommunalen Sektionen verstehen sich primär nicht als eigenständig, sondern als Untergruppierungen der transnationalen Gesamtpartei.

Ziel ist die Zentralisierung hin zu einem europäischen Bundesstaat. Die politischen Rechte der Nationalstaaten würden dadurch weiter beschnitten, so dass die Einzelstaaten irgendwann nur noch machtlose Provinzen einer Brüsseler Zentralverwaltung wären. Dieser Weg zu einem "vereinten Europa" wird auch von "Volt Frankfurt" als Engagement für eine "nachhaltige und gerechte Gesellschaft" verkauft. Politischer Feind sind hingegen "nationale Egoismen und nationalistische Bestrebungen", die es "zu überwinden gelte". Das ist komplett anschlussfähig an die Ausrichtung der bundesdeutschen Altparteien und den Interessen derjenigen, die auf eine weitere Globalisierung drängen.

Zwei Punkte sind auffällig bei "Volt". Zum einen handelt es sich um eine sehr neue Formation, die erst 2017 gegründet wurde. Dennoch schaffte sie es aus dem Stand innerhalb von nur drei Jahren, 2020 mit einem Abgeordneten ins Europa-Parlament gewählt zu werden und in Kommunalparlamente einzuziehen. Dieser Sprung glückte im März auch in Frankfurt, mit für eine Neugruppierung recht stolzen 3,7 Prozent und vier Sitzen. In ganz Hessen gingen 18 Kommunalsitze an die neu angetretene Gruppierung.

Zum anderen fällt auf, daß „Volt“ im Durchmarsch durch geöffnete Türen auch gleich in Regierungsmitverantwortung gehievt wird. Nicht nur in Frankfurt wird die Partei mitregieren, in der Rhein-Metropole Köln tut sie es ebenfalls, dort in einem Bündnis mit CDU und "Grünen". Bei den etablierten Parteien besteht also keinerlei natürliche "Berührungsscheu" gegenüber einem bislang unbekannten parlamentarischen Neuling. Das bedeutet, daß „Volt“ auch in ihren über den Europa-Globalismus hinausgehenden politischen Zielen offenbar bestens zu den Inhalten der übrigen Altparteien passt. Diese folgen ja schon längst dem "grünen" Zeitgeist, in welchen unterschiedlichen Farben sie sich auch dem Wähler präsentieren.

Linksliberales Wählerpotential in den Großstädten


Dazu hilft ein Blick in die politische Programmatik von "Volt". Liest man in den Verlautbarungen ihrer Vertreter, geht es um Einwanderungskontingente, für die in einem massiven Neubauprogramm Sozialwohnungen errichtet werden sollen. Es geht um Gender-Sternchen, Klimaschutz, europäische Wirtschaftsunion (natürlich zulasten Deutschlands) und den üblichen Kampf gegen alles Nationale. Da es offenbar Überschneidungen in der Wählerschaft gibt, überrascht es nicht, daß der Stadtverordnete Nico Wehnemann von der weit links angesiedelten "Die Partei" unlängst vor der Formation "Volt" warnte, die in Frankfurt ein deutlich stärkeres Wahlergebnis erzielte als seine Spaßpartei. Diese würde einen "neoliberalen" Kurs fahren, mahnte er.

Wobei er übersah, daß die gesamte Linke längst zum nützlichen Idioten des globalisierenden Kapitals geworden ist. Seine "Partei", deren "Späße" in die Jahre gekommene Restbestände von Punk-Subversion bedienen, eingeschlossen. Denn die Pseudo-Satire der "Partei" richtete sich ja all die Jahre nur gegen die auch von den anderen Parteien markierten Kritiker von "rechts", nicht aber gegen die wirklich Mächtigen. Sobald die "Witze" den vorgegebenen Rahmen übertreten, werden auch in Wehnemanns Gruppierung schnell die Mechanismen der globalen "Cancel Culture" wirksam. Dann wird zurückgerudert und um Verzeihung gebeten. Insofern wirkt Wehnemanns Lamento gegen die stärkere und frischere Kraft "Volt", die in dessen eigenen Wählerpotenzial derzeit erfolgreicher hausiert, hilflos.

Dennoch liegt er in seiner politischen Einschätzung nicht falsch. Denn es ist erstaunlich, daß "Volt" so schnell wachsen konnte, offenbar Anhänger und Kandidaten fand. Und "Volt" scheint ein gewisses Wählerpotenzial zu binden. Schaut man auf die Listen der Kandidaten, so wirken diese so, als würde besonders ein linksliberales Potenzial zwischen 25 und 40 Jahren angesprochen. Junge bürgerliche Großstädter, die sich als angehende Besserverdiener in Wartestellung halten, um die durch das globale Kapital vergebenen Angestelltenposten zu besetzen.

Erfolgreiche Parteigründung im Schnellverfahren

Besonders erstaunlich aber wird es, wenn man sich den Gründungsmythos von "Volt" anschaut. Angeblich saßen im Januar 2017 die beiden Studenten Damian von Boeselager und Andrea Venzon in einem New Yorker China-Restaurant, als ihnen die Idee kam, eine paneuropäische Partei zu gründen. Noch am selben Abend riefen sie die 24-jährige Französin Colombe Cahen-Salvador an, um sie ebenfalls von der Idee einer Parteigründung zu überzeugen. Cahen-Salvador sei dann der Name "Volt" eingefallen, der die "neue Energie für Europa" symbolisieren solle. Ein paar Wochen später gab es eine Homepage, und schon in der ersten Nacht der Online-Schaltung hätte es Anmeldungen von Parteimitgliedern gehagelt.

Nach vier Monaten hatte die Partei bereits 4000 Mitglieder. Das klingt sehr außergewöhnlich für jeden parteipolitisch Erfahrenen, der weiß, wie schwierig erfolgreiche Parteigründungen sind: Es fehlt an Personal, an Finanzmitteln für Wahlkämpfe und Öffentlichkeitsarbeit. Hinzu kommen bürokratische Hürden, zum Beispiel beim Sammeln von Unterstützer-Unterschriften für die Wahlzulassung. All dies scheint "Volt" mit Leichtigkeit geschafft zu haben, und zwar mit einer Programmatik, die letztlich keine inhaltliche Leerstelle besetzt, sondern sich mit den Zielen bestehender Parteien deckt.

Zu den Mit-Gründern Venzon und Cahen-Salvador finden sich im Internet wenige Informationen, die über einige Bekenntnisse zur Globalisierung und "gegen Rechts" hinausgehen. Bei Damian von Boeselager, der mittlerweile für "Volt" im Europa-Parlament sitzt, sieht das etwas anders aus. 1988 wurde er in Frankfurt am Main als Spross des Adelsgeschlechts Boeselager geboren. Sein Vater ist der Bankier Georg Freiherr von Boeselager, der erst beim Bankhaus Metzler in Frankfurt tätig war, dann zur Privatbank Merck Finck wechselte: "Er verantwortete unter anderem die Kontaktpflege zu vermögenden Kunden, war Aufsichtsratsvorsitzender der Merck Finck Treuhand sowie Stiftungsratsvorsitzender der Merck Finck Stiftung."

Merck Finck gehört zum europäischen Privatbankenverbund der KBL European Private Bankers. 2012 wurde KBL von Precision Capital übernommen. Auf der KBL-Webseite ist zu lesen: "Precision Capital vertritt die privaten Interessen von Mitgliedern der Al-Thani-Familie in Katar und hält 99,9% der KBL epb." Die Al-Thani-Familie ist die weitverzweigte Herrscher-Dynastie des Emirats Katar. Damian von Boeselager wiederum studierte in Bayreuth, in New York und der Hertie School of Governance in Berlin. Bereits in der Zeit zwischen diesen beiden Studiengängen arbeitete er von 2013 bis 2016 für die in New York ansässige Unternehmensberatung McKinsey & Company. Diese vertritt nach eigenen Angaben über zwei Drittel der 1.000 größten amerikanischen und die Mehrzahl der im DAX vertretenen deutschen Unternehmen, betreut zudem zahlreiche öffentliche Institutionen und Regierungsstellen.

Boeselager entstammt also einem Milieu des großen globalen Kapitals und kam mit diesem frühzeitig beruflich in Berührung. So kann vermutet werden, daß Mäzene aus diesem Milieu bei der Installation von "Volt" behilflich waren, um auf weitere Globalisierung gerichtete Interessen zu fördern. Offenbar ist "Volt" somit eine politische Kraft, die die "Trägheit" der Alt-Parteien etwas aufbrechen soll bzw. den Druck zu einer beschleunigten Abschaffung der nationalstaatlichen Rechte erhöhen soll. Welche Rolle sie in der Frankfurter Politik spielen wird, ist abzuwarten. An der Macht in der Finanzmetropole zumindest dürfte sie wohl bald beteiligt sein.
 

Claus-M. Wolfschlag


Leserkommentare (1)

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Eine Randnotiz zu "Volt" und Boeselager ist auch interessant.

Laut "Wikipedia" initiierte Damian von Boeselager 2012 ein "journalistisches Projekt" mit dem Namen "Euroskop". Dies war eigentlich ein Reiseblog der damaligen Studenten Boeselager, Bernhard Clemm und Jan Stöckmann. Dokumentiert wurde deren Reise durch 21 Länder und dabei geführte Gespräche mit "jungen Europäern" auf der Straße sowie ausgesuchten Politikern. Interessant an diesem, auf den ersten Blick unspektakulär erscheinenden, Blog ist, dass es finanzielle Sponsoren gab, die auf der Webseite aufgelistet wurden. Und als erster Sponsor tauchte dort die "Open Society Foundations" des einschlägig bekannten Multimilliardärs George Soros auf. Dies führte 2019 bei "Telepolis" zu einem Kommentar mit der Überschrift: "Volt ist eine Soros-Truppe..."

Quellen dazu:
1. https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Keine-Chance-fuer-Sprechblasen/Volt-ist-eine-Soros-Truppe/posting-34527490/show/
2. https://web.archive.org/web/20160816133519/http://www.euroskop.org/wordpress/
3. https://www.euractiv.de/section/soziales-europa/news/jugend-in-sudeuropa-arbeitslos-oder-auswandern/
4. https://www.klonovsky.de/2019/05/5-mai-2019/