Sie waren weder Millionäre noch Legionäre

Eintracht-Held Egon Loy hatte 90. Geburtstag

Sie waren weder Millionäre noch Legionäre


Hübners Frankfurter Woche – Folge 6

In Frankfurt herrscht nicht nur unter den vielen Fans der Eintracht Enttäuschung darüber, daß die Profis des traditionsreichen Vereins die Teilnahme an der begehrten Champions-League in den letzten Spielen der Bundesligasaison noch vertan haben. Denn in der international geprägten Mainmetropole würde man so gerne dabei sein, wenn die besten europäischen Mannschaften aufeinandertreffen. Dieses Ziel schien so nah, doch dann kam mit dem angekündigten Abgang von Trainer Hütter ein Leistungsbruch in der Mannschaft. Nun gilt manchem Fan Hütter so sehr als Spielverderber, daß er mit Vornamen nicht mehr liebevoll „Adi“ genannt wird. sondern Adolf, wie es auch bei Hütter im Pass steht.

Man kann diese Aufregung verstehen, muß sie aber nicht teilen. Denn Profifußball ist längst ein Milliardengeschäft geworden, in dem Trainer- und Spielerwechsel am laufenden Band die Normalfall ist. In diesem Geschäft versucht jeder in der meist kurzen Zeitspanne der Karriere für sich auf und neben dem Spielfeld den maximalen finanziellen Ertrag zu sichern. Selbst die treuesten Fans haben dieses System akzeptiert, sie finanzieren es ja auch selbst kräftig mit. Ganz fern in der Vergangenheit erscheinen da die Zeiten, als es auch im bezahlten Fußball noch ganz anders zuging. Zum Beispiel in jenen Jahren von 1954 bis 1966, als Egon Loy Stammtorwart der Frankfurter Eintracht und Mitglied der Meistermannschaft von 1959 war.

Vor einigen Tagen feierte Egon Loy seinen 90. Geburtstag. Zu diesem Anlass veröffentlichte die FAZ ein fast ganzseitiges Interview mit dem noch immer hellwachen Fußballveteran. Dieses Interview sollte zur Pflichtlektüre aller heutigen Eintracht-Fans gehören. Viele von ihnen werden nämlich ganz verwundert sein über die Einsichten, die Loy über die noch immer glorreichste Epoche des Vereins vermittelt. Es sind die Erinnerungen eines trotz aller früheren Bekanntheit und Ruhms auch in seiner aktiven Zeit stets bescheiden gebliebenen Mannes, der mit seiner Frau Irmgard nun schon seit 67 Jahren verheiratet ist.

Diese Eheschließung hatte eine Bedingung seitens des Schwiegervaters. „Er sagte: Meine Tochter darf nur einen Mann mit anständigen Beruf heiraten. Fußballspieler zählen für ihn nicht dazu.“ Deshalb entschied sich Loy für die Eintracht, weil er in Frankfurt bei der Metallgesellschaft arbeiten konnte, für 330 DM monatlich. Bei der Eintracht erhielt er ein Grundgehalt von 150 DM, zusätzlich Prämien: 75 DM für einen Auswärtssieg, 50 DM für einen Heimsieg. Loy: „Wenn andere sagen, heute wärt ihr Millionäre, Egon, du hast zu früh gespielt, dann sage ich: nein. Die Millionen können nicht mehr bringen, als wir hatten: Wir waren glücklich!“


Wolfgang Hübner

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