Erzwungene Nachtschicht beim Bürgeramt

Viele abgelaufene und fehlende Pässe in Frankfurt

Erzwungene Nachtschicht beim Bürgeramt

Hübners Frankfurter Woche – Folge 15

Wenn Sie in Frankfurt einen bald oder bereits abgelaufenen Personalausweis verlängern wollen, vielleicht sogar ein neues Dokument Ihrer Identität brauchen, dann haben Sie verdammt schlechte Aussichten, bei den Bürgerämtern zum Ziel zu kommen. Denn seit den umfassenden Maßnahmen zum Schutz vor dem Virus ist der Gang zu einem dieser Ämter im Stadtgebiet lediglich mit Terminvereinbarung möglich. Das ist nur auf der entsprechenden Internetseite der Stadt Frankfurt zu erreichen. Allein daran wird schon mancher Mitbürger gescheitert sein. Und wer trotzdem diese Hürde überwindet, muß das Glück haben, auf der entsprechenden Seite einen freigeschalteten Termin zu erhaschen.

Tagsüber ist diese Terminvereinbarung übrigens ein ziemlich aussichtsloses, nur selten gelingendes Unterfangen, weil die Konkurrenz sich ebenfalls bemühender Mitbürger riesengroß ist. Denn in den Ämtern werden seit Corona täglich weniger Dienstleistungen absolviert als vor der Viruskrise. Der Bedarf ist aber nicht geringer geworden, schließlich hat die Stadt fast 800.000 Einwohner. Und es erforderte schon vor Corona einige Geduld, den Personalausweis verlängert zu bekommen. Deshalb hat es sich inzwischen herumgesprochen und wird vom Amt sogar telefonisch angeraten, daß die günstigste Gelegenheit zur Terminvergabe in den Nachtstunden bestehe - nicht nur für Berufstätige eine Zumutung

Diese Zustände hat gerade gestern in einer Frankfurter Tageszeitung eine Journalistin und Mutter zum Anlass genommen, ihre eigenen Erfahrungen in dieser Hinsicht zu schildern. Nachdem sie den Lesern erst einmal klar gemacht hat, wie penibel sie und ihre Familie alle Corona-Regeln befolgen, berichtet sie von ihren frustrierenden Erfahrungen bei der Terminsuche und auf dem Bürgeramt selbst. Die Journalistin selbst war zwar irgendwann zu nächtlicher Stunde damit erfolgreich, einen Termin für die Ausstellung eines Kinderpasses für die anstehende Urlaubsreise zu bekommen.

Doch auf dem Bürgeramt mußte sie beim Betreten des Warteraums schockiert feststellen: „Ein etwa 40 Quadratmeter großer Raum ist mit mindestens 25 Menschen besetzt, alle drängen sich vor dem Bildschirm, auf dem die Wartenummern angezeigt werden. Abstand Fehlanzeige.“ Die Mutter flieht mit ihren zwei Kindern, der Vater, „doppelt geimpft und mit FFP2-Maske“, bleibt zurück, resigniert nach langem vergeblichen Warten auf die terminliche vereinbarte Amtshandlung dann aber auch. Der Text der Journalistin endet so: „Heute Nacht habe ich nach einem neuen Termin geschaut. Es war keiner zu haben.“

Diese frustrierende Erfahrung dürften inzwischen immer mehr Mitbürger gemacht oder noch vor sich haben. Das ist allerdings eine Bankrotterklärung der Frankfurter Stadtverwaltung. War es noch verständlich, daß zu Beginn der Viruskrise auch die Amtsabläufe nicht mehr in den gewohnten Bahnen abliefen, so zeugt es nach weit mehr als einem Jahr mit Corona von Unvermögen und Unwillen der Verantwortlichen bei der Stadt, so wichtige Dienstleistungen für die Bürger wie Passverlängerungen oder Passvergaben nicht effektiver organisieren zu können. Und so wichtig der Schutz der städtischen Bediensteten in den Bürgerämtern ist: Die Bürger haben nicht weniger Anspruch auf ihre Rechte. Denn sie sind schließlich die Steuerzahler, die auch die Stadtverwaltung finanzieren.

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