Benedikt Fehrs Euro-Pavillon braucht eigentlich (fast) niemand

Videofilmchen auf dem Rossmarkt

Benedikt Fehrs Euro-Pavillon braucht eigentlich (fast) niemand
© Christoph F. Siekermann, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons


Gute Pressekontakte sind toll. Mit ihnen lässt sich bei Bedarf jede Schnapsidee hochjubeln. Zum Beispiel eine Kultstätte für den Euro auf dem Rossmarkt in Frankfurt.

Benedikt Fehr scheint über gute Pressekontakte zu verfügen. Oder sollte man sogar von beruflichen Seilschaften sprechen? Immerhin war der heutige Ruheständler einstmals nicht nur Kommunikationschef der Deutschen Bundesbank, sondern auch Finanzredakteur der F.A.Z. Und so ist es zumindest auffällig, daß sich der F.A.Z.-Redakteur Rainer Schulze in mehreren aufeinander folgenden Artikeln und Kommentaren fast euphorisch zu einem Einfall Fehrs äußerte.

Fehr möchte auf dem Rossmarkt einen Pavillon errichten lassen, in dem der Gemeinschaftswährung "Euro" gehuldigt wird. "Die gemeinsame Währung funktioniert. Sie treibt die europäische Einigung weit mehr voran als viele politische Reden", verkündete er. Frankfurt sei zudem die "Hauptstadt des Euros". Dies sei ein touristisches Alleinstellungsmerkmal, weshalb es eines Info-Pavillons auf dem Rossmarkt (oder eventuell einem anderen zentralen Ort der Stadt) bedürfe, in dem "an die Geschichte und Bedeutung der Währungsunion und der europäischen Einigung" erinnert würde.

Man stellt sich vor dem inneren Auge bereits die touristischen Besucherscharen aus aller Herren Länder vor, die Frankfurt aufsuchen, um den Fehrschen Pavillon auf dem Rossmarkt zu besuchen. Und sich dort gegen ein "kleines Eintrittsgeld" einen lobhudelnden Videofilm über den Euro und die Währungsunion anschauen zu dürfen. Vor allem die Schüler, die von ihren Lehrern beim Klassenausflug dorthin geschleift werden, um den Raum wenigstens gelegentlich zu füllen, dürften in Begeisterungsstürme ausbrechen.

Wenige Tage nach der ersten Mitteilung dieser Idee, legte F.A.Z.-Redakteur Rainer Schulze nach und verkündete, daß die Idee in Kommunalpolitik und Finanzbranche auf "viel Zuspruch" träfe. Das aktuell regierende Römer-Bündnis hätte sich durchweg positiv geäußert. Ebenso der Verein „Frankfurt Main Finance“, der den Vorschlag für "uneingeschränkt gut" halte. Die EU-Lobbyisten der Gruppierung "Volt" erklärten, wie nicht anders von ihnen zu erwarten, den Pavillon bereits zu einem in Zukunft möglichen "Teil der Stadtkultur".

Nun aber stellt sich für die Fürsprecher die Frage der Finanzierung. Und hier hofft das finanziell klamme Römer-Bündnis, das am liebsten keinen Pfennig zuschießen möchte, daß Interessenten aus der EU-Bürokratie und der Finanzbranche die nötigen Euros für den Währungs-Jubel-Kiosk herüberschieben.

Das wiederum sollte kein Problem sein, denn es gibt ja täglich mehr von diesen Euros. Die Geldmengenausweitung inklusive der nun massiv anziehenden Inflation machen es möglich. Existierten 2005 noch rund 7 Billionen Euro, so waren es Ende 2020 bereits über 14,5 Billionen Euro. Innerhalb von nur 15 Jahren hat sich die Geldmenge des Euro also mehr als verdoppelt. Und wenn man erst die Gelder hinzuzieht, die in jüngster Zeit als Corona-Hilfen lockergemacht wurden und werden, kann man schlichtweg nicht anders, als von einer Erfolgsgeschichte zu sprechen. Oder, um es mit den Worten von Benedikt Fehr zu sagen: "Die gemeinsame Währung funktioniert."

Über den Standort des Pavillons wird noch debattiert. Auch ein Neubau neben dem Euro-Denkmal von Ottmar Hörl wäre denkbar. Dass überhaupt der Rossmarkt genannt wurde, liegt natürlich daran, daß die öde Stein- und Pflasterfläche regelrecht nach Gestaltung schreit. Einst schön mit Rabatten bepflanzt, wurde der Platz 2008 nach dem Entwurf der Berliner Landschaftsarchitektin Gabriele G. Kiefer umgestaltet. Zu dieser Zeit regierten in Frankfurt CDU, "Grüne" und FDP. Es waren die Bürger Für Frankfurt BFF, die damals dagegen protestierten und mehr Grün für den Platz forderten. Der damalige Leiter des Stadtplanungsamtes Dieter von Lüpke riet, sich an den neu gestalteten Platz zu gewöhnen und äußerte während einer Podiumsdiskussion sarkastisch, daß nun bei Demonstrationen auf dem Goetheplatz immerhin keine Blumenrabatte mehr zertrampelt werden könnten.

Als Randphänomen der aktuellen Fehr-Debatte ist es somit doppelt komisch, dass nun ein Vertreter just der Partei, die den öden Steinplatz mit zu verantworten hat, in der Presse mit Stellungnahmen pro Begrünung auftritt. So erklärte der planungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Bernhard Maier, der große Platz solle doch stärker begrünt und beschattet werden, denn "der Roßmarkt braucht mehr Klimaverträglichkeit". Es ist doch immer wieder toll, mit welcher Dreistigkeit sich diejenigen, die das Übel erst erzeugt haben, schließlich als Retter präsentieren, indem sie die Ideen derjenigen übernehmen, die sie einst bekämpft haben.

Zurück zum "Euro-Pavillon“. F.A.Z.-Redakteur Rainer Schulze verlautbarte in seinem wohlwollenden Kommentar zu Fehrs Idee: "Die entscheidende Frage lautet also nicht `Braucht man das?‘, sondern `Wer soll das bezahlen?´" Mit beiden Fragestellungen irrt Schulze. Die Stadt Frankfurt braucht einen solchen Euro-Pavillon nicht. Die Frage erübrigt sich also. Aber auch die zweite Frage kann gespart werden. Denn zum Bezahlen solcher Propaganda-Aktionen finden sich meist Interessenten. Sei es von Seiten der EU-Bürokratie oder der Finanzwirtschaft, sei es mit Steuergeldern oder neu gedruckten Euros.


Dr. Claus Wolfschlag

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