Der neue Kleinmut des Volker Stein

FDP-Politiker gegen Mitgliederentscheid zu Euro-„Rettung“

Der neue Kleinmut des Volker Stein
© Gerd Altmann - pixelio.de

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
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Volker Stein, Mitglied des hauptamtlichen Magistrats und bekannteste Persönlichkeit der Frankfurter FDP, ist nicht für übergroße Zurückhaltung bekannt. Stein riskiert oft ein klares Wort da, wo sich andere Politiker ins Unbestimmte flüchten. Umso irritierender, dass nun ausgerechnet Stein sich gegen die von einigen Parteifreunden betriebene Mitgliederbefragung innerhalb der FDP zur Euro-„Rettung“ ausgesprochen hat.  

Dabei würde gerade diese Mitgliederbefragung eine der ganz wenigen Möglichkeiten darstellen, die Liberalen vor dem endgültigen Absturz in die Bedeutungslosigkeit zu bewahren. Wer nur noch eine Patrone im Magazin hat, sollte keineswegs warten, bis der Pistolenlauf verrostet ist. Nun  könnte man annehmen, ein erfahrener und auch sehr gewitzter Politiker wie Stein könnte sich deshalb ablehnend äußern, weil er als Magistratsmitglied am Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) eine besondere Loyalität zu der Währung, als deren Hauptstadt das Finanzzentrum Frankfurt ja irgendwie gilt, unter Beweis stellen will. Dabei könnte er durchaus auf Verständnis rechnen.

Stadtrat Stein hat jedoch, will man einem Zeitungsbericht glauben, seine Ablehnung des Mitgliederentscheids ganz anders begründet: Seiner Meinung nach sollten die anstehenden sehr folgenreichen  Entscheidungen über Verträge zur Euro-„Rettung“ nämlich Fachleuten überlassen werden. Ist das schon eine mehr als erstaunliche Erkenntnis für einen Politprofi wie Stein, dann ist sein in dem Zeitungsbericht wiedergegebenes Zitat geradezu selbstmörderisch: „Ich bin da wohl genauso inkompetent wie die meisten Abgeordneten“.

Dass Stein sich selbst ungewohnt bescheiden bei der Beurteilung der Euro-„Rettung“ für „inkompetent“ erklärt, wäre ja durchaus als sympathisch ehrlich zu respektieren. Aber seine Vermutung, wonach die „meisten Abgeordneten“ in der Sache „genauso inkompetent“ seien wie er, enthält  Zündstoff. Denn in Steins Logik entscheiden schon in Kürze vom Volk gewählte Vertreter im  Deutschen Bundestag über etwas, von dem sie eigentlich keine Ahnung haben und über das sie deshalb auch kein verantwortbares Urteil abgeben können.

Ob Stein damit nur die Abgeordneten seiner FDP oder aller im Bundestag vertretenen Parteien gemeint hat, soll uns hier nicht näher beschäftigen. Nehmen wir mal an, der Stadtrat habe in intimerer Kenntnis seiner eigenen Parteifreunde nur auf diese gezielt. Wenn er aber unterstellt, diesen Abgeordneten fehle die Kompetenz für eine sachgerechte Entscheidung, macht seine Ablehnung des Mitgliederentscheids keinen Sinn, weil es bei einer so wichtigen Frage wie der Euro-„Rettung!“ dann schon besser wäre, wenn FDP-Mitglieder ohne Kompetenz ihren „inkompetenten“ Abgeordneten wenigstens eine gewisse Legitimität bei ihrer Entscheidung mit auf den Weg geben würden.

Wer als Abgeordneter schon nicht weiß, was richtig oder falsch ist, kann sich dann wenigstens darauf berufen, dass diejenigen, die ihn zum Abgeordneten berufen haben, es zwar auch nicht wissen, aber mit in die Verantwortung gezogen worden sind. Für einen ratlosen, jedoch nicht selbstvergessenen Abgeordneten wäre das immer noch ehrenvoller als am Ende unter der drohenden Fuchtel des „Fraktionszwangs“ seine Stimme so abzugeben, wie die Parteioberen das aus irgendwelchen Gründen für opportun halten.

Stadtrat Stein hat aber laut dem Bericht etwas gesagt, was eher noch brisanter ist, nämlich dass Entscheidungen wie die über die Euro-„Rettung“ Fachleuten überlassen bleiben sollten. Da möchte man spontan ausrufen: „Liest denn der Volker Stein keine Zeitung, sieht er denn  nicht fern, hört er kein Radio, ignoriert er sämtliche Internet-Diskussionen?“

Es sind doch gerade die „Fachleute“, die heillos zerstritten sind darüber, wie der Euro gerettet werden könnte und ob er überhaupt gerettet werden kann und sollte. Von „Fachleuten“ ist in dem Fall keine Erlösung für ratlose Politiker zu erwarten. Und gerade einer wie Volker Stein ist so ziemlich der letzte, der seine demokratisch legitimierte Entscheidungskompetenz an „Fachleute“ abzugeben bereit wäre – womit er auch recht hätte!

Etwas anderes hat der FDP-Politiker bei seiner Bemerkung aber auch völlig unbeachtet gelassen: Der Euro war und ist ein politisches Projekt, keineswegs aber eine besonders schlüssige oder gar zwingende ökonomische Notwendig-keit. Das ist übrigens auch der Hauptgrund, warum sich die „Fachleute“ so schwer mit der Euro-„Rettung“ tun: Sie sollen zu dieser etwas beitragen, obwohl viele von ihnen von der Schöpfung der Euro-Währung nie sonderlich überzeugt waren und es, so darf vermutet werden, weniger denn  je sind. Weil das so ist, sind in der Stunde der Euro-Not nun ganz allein die Politiker gefordert, verantwortungsvoll zu entscheiden, was aus ihrem kranken Geschöpf wird und ob dem überhaupt noch geholfen werden kann.

Volker Stein sollte es nicht gering schätzen, sondern freudig begrüßen, dass es wenigstens in seiner FDP noch Persönlichkeiten gibt, die vor einer schicksalhaften Entscheidung für Deutschland und Euro-Europa die Mitglieder  darüber entscheiden lassen wollen, welcher Weg eingeschlagen wird. Und der nach der verlorenen Kommunalwahl mehrfach gedemütigte Stadtrat sollte nicht vergessen, dass eine Restpatrone im Magazin seiner Partei  nur dann auch sein eigenes politisches Überleben sichern wird, wenn diese Patrone zielgenau abgeschossen wird. Eine Mitgliederbefragung zur Euro-„Rettung“ wäre besser als alles parteiinterne Personalgeschiebe dazu geeignet, dieses Ziel nicht zu verfehlen.


 

Wolfgang Hübner, 12. September 2011

Leserkommentare (1)

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Die FDP hat keine Chance mehr, weil sie Vertrauen verspielt hat. Sie hat auf ganzer Linie nicht geliefert, alles war nur dummes Geschwätz. Vertrauen gewinnt nur, wer Opfer bringt und langen Atem hat. Mit anderen Worten: Die FDP ist mindestens für die nächsten 5 Jahre weg vom Fenster. Hoffentlich. Denn was wir brauchen, sind bürgerliche, liberale Politiker, also keine FDP- oder CDU-Politiker.