„Titanic“ vorm Eisberg: Piraten ahoi!

Vor der Kollision noch etwas Party

„Titanic“ vorm Eisberg: Piraten ahoi!

FREIE WÄHLER - Fraktion im Römer
Kommentare/Meinungen

In Berlin geht es munter zu, dafür ist unsere Party-Hauptstadt ja auch bekannt: Der abgezockte Partymeister kann sich nach der Wahl seinen Begleiter für die nächsten Jahre unter den abgebremsten Künast-Grünen oder der nach Senatsposten lechzenden CDU aussuchen – was will der nur ein bisschen gerupfte Dauerwahlsieger mehr? Die orientierungslose FDP hat weniger Stimmen als die NPD, die mauersüchtigen Linken nicht viel mehr als die Piraten. Piraten? Das ist jene muntere Schar selbstbekennender Dilettanten, die kurz vor der  unvermeidlichen Kollision des deutschen Rettungstankers „Titanic“ mit dem europäischen Eisberg aus Schulden und Bürgschaften fröhlich das Deck gekentert hat, damit für die letzte Wegstrecke vorm Untergang noch einmal für richtig gute Unterhaltung gesorgt ist, digital und in HD natürlich.

Künftige Historiker werden gar nicht oft genug den Kopf schütteln können bei dem Versuch zu begreifen, wie ein ökonomisch so potentes Land sich sehenden Auges politisch so herunterwirtschaften konnte wie in Berlin im September 2011 unter Beweis gestellt. Aber mit einem distanzierten Blick auf die Vergangenheit lässt sich der aktuelle deutsche Wahnsinn aus Euro-Rettungsschirmen und Piraten-Triumph sicher immer noch besser verstehen als für uns, die wir mitten drin im unwirklichen, aber offensichtlich realen Geschehen sind. Wer noch bei halbwegs klarem Verstand ist, wird zwar keinen Zweifel mehr hegen, wie die Fahrt der völlig vom Kurs abgekommenen deutschen „Titanic“ enden wird. Doch mit dem Lärm von der Piraten-Begrüßungsparty an Oberdeck wird die Stimme der letzten Vernünftigen weniger den je gehört werden.

Und irgendwie will man ja auch gar nicht mehr stören, wenn noch einmal so richtig gefeiert wird, bevor es in die rostigen Rettungsboote oder gleich auf Nimmerwiedersehen in die eisige Tiefe geht. Denn es ist ja nicht so, dass die Volksmassen im Zwischen- und Unterdeck allzu missbilligend das wilde Treiben über ihnen verfolgen würden – im Gegenteil, auch sie fühlen sich von den Live-Übertragungen der „Wowi, Renatchen und die Seeräuber-Shows“ und den „Maybritt Jauch-Taubblindenrevuen“  bestens unterhalten und zahlt mit Gebühren und Wählerstimmen gerne dafür.

Auch im Zwischen- und Unterdeck handeln sie mit qualifizierter Mehrheit nach dem Motto: Warum in den Nebel schauen, hinter dem ja doch nur der hässliche Eisberg lauert, wenn es noch einmal so richtig Spaß macht zu erleben, wie die blassen Berliner Netz-Buben in schwarzen Hemden mit dem Totenkopf als letzte politische Hoffnung  einer Hasenfuß-Nation zur Kommandobrücke hinaufklettern? Deutsche, keine Angst vorm Eisberg: Piraten ahoi!

Wolfgang Hübner, 19. September 2011

Leserkommentare (2)

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Einfach süß wie Freie Wähler in ihrer überheblich dümmlichen Arroganz über eine junge Partei herziehen der sie das Wahlergebnis neiden. Ihr werdet am Politikbetrieb bestimmt nichts mehr ändern.

Hoffe nur Freie Wähler sind nicht alle so...

Irgendwo habe ich es aufgeschnappt: Die Piraten seien "einfach süß". Treffender kann man es nicht beschreiben. Da ist mancher noch so wenig trocken hinter den Ohren, dass man tatsächlich noch darauf hoffen kann, dass aus ihm mal noch ein nützliches, wahrhaft innovatives Mitglied der Gesellschaft wird. Denn in einem Punkt haben die Piraten natürlich alle Sympathien auf ihrer Seite: Sich nicht anpassen und ehrliche, vernünftige Politik machen wollen.

Wenn ein Pirat diesen Weg konsequent geht und vor den dazu nötigen Wandlungen, die auf ihn zukommen, nicht zurückscheut, könnte aus ihm noch was werden.

Irgendwie fühle ich mich menschlich dazu verpflichtet, den Piraten pädagogisch zu begegnen. Woher das wohl kommt?