Klimaschutz statt Friedhofspflege

Großer Ehrgeiz, aber zu wenig Geld

Klimaschutz statt Friedhofspflege

Hübners Frankfurter Woche – Folge 35

Das nun ein Jahr alte Parteienbündnis im Römer will Frankfurt bis 2035 „klimaneutral“ machen. Dieser Begriff ist zwar mehr als fragwürdig, weil selbstverständlich die Stadt Frankfurt auch unter grüner Führung den klimatischen Gewalten ausgesetzt ist, die in der Welt walten. In Anbetracht der aktuellen ökonomischen, energiepolitischen und kriegerischen Verwerfungen auf dieser Welt muß sogar damit gerechnet werden, daß der Kampf gegen die von Menschen verursachten Klimabeeinträchtigungen einen schweren Rückschlag erleidet. Gleichwohl ist es richtig, in Frankfurt Anstrengungen zu unternehmen, zumindest das Mikroklima im Stadtgebiet zu verbessern. Ideen dazu gibt es genug, aber sie müssen auch realisiert und finanziert werden.

Doch daran hapert es in Frankfurt schon lange. Bereits 2015 hat die Stadt einen mehrere Hundert Seiten starken Masterplan zum Klimaschutz ausgearbeitet. Papier ist geduldig, konkret getan hat sich wenig. Vielmehr wird Frankfurt an allen Ecken und Ende verdichtet, viele alte Bäume sind dem Bauboom zum Opfer gefallen. Und im Nordwesten soll sogar ein neuer Stadtteil entstehen, für den auch wertvolle landwirtschaftlich nutzbare Flächen versiegelt werden müssten. Ein Großteil der problematischen Kohlendioxid-Emissionen sind dem Bau und Betrieb von Gebäuden geschuldet. Von diesen Gebäuden besitzt die Stadt aber nur einen geringen Teil, der bislang übrigens keineswegs umfassend „klimaneutral“ gestaltet worden ist.

Der Großteil der Gebäude ist in privatem Besitz oder gehört der großen städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG. Die Besitzer müssten riesige Summen investieren, um ihre Gebäude den geltenden energetischen Vorschriften gemäß zu sanieren. Was das für die Mieten bedeutet, kann sich jeder leicht ausmalen. Wenn nun der Magistrat ein umfangreiches Gesamtpaket für einen „klimapolitischen Aufbruch“ vorlegt, dann ist das ein „sehr ambitioniertes Ziel“, wie es in der Begründung des Antrags, über den die Stadtverordneten noch abstimmen müssen, heißt. Das trifft umso mehr zu, weil die Finanzierung all dieser klimapolitischen Absichten völlig ungewiss ist. Denn die Stadt macht im Haushalt 2022 hohe Schulden, die immer schneller die in Vorjahren erzielten Überschüsse aufzehren.

Das hält eine Initiative jedoch nicht davon ab, mit einem geplanten Bürgerbegehren Frankfurt zu mehr Klimaschutz verpflichten zu wollen. Der Klimaentscheid dieser Initiative zielt auf die Umsetzung von 15 Zielen innerhalb von drei Jahren, die mit Kosten von 119 Millionen Euro verbunden sein würden. Woher das Geld kommen soll, sagt die Initiative leider nicht. Einer ihrer Sprecher bemängelt, daß von den 290 Millionen Euro an investiven Mitteln im Haushalt jährlich nur 2,5 Millionen Euro für Klimaschutz aufgewendet werden und sagt: “Für die Friedhöfe in Frankfurt wird zehnmal mehr ausgegeben“.

Da stellt sich die Frage: Sollen künftig zehnmal weniger finanzielle Mittel für Friedhöfe ausgegeben werden? Und noch eine Frage drängt sich auf: Sind nicht gerade Friedhöfe mit ihrem riesigen Baum- und Pflanzenbestand besonders wichtig fürs städtische Mikroklima? Eine Initiative, die solch leichtfertigen Unsinn verbreitet, dient weder dem politischen Klima in Frankfurt noch dem Klimaschutz, sondern bringt ihn in Verruf.

Wolfgang Hübner

Leserkommentare (0)

Um einen Kommentar zu verfassen, loggen Sie sich bitte hier ein.
Falls Sie noch kein Benutzerkonto besitzen, können Sie sich hier registrieren.