Öffentlicher Toilettennotstand in Frankfurt
Eine Misere, die nicht enden will

Hübners Frankfurter Woche – Folge 40
Wer jemals auf und unter der Hauptwache, dem Herzen der Frankfurter Innenstadt, in Druck geraten ist, eine öffentliche Toilette aufsuchen zu müssen, dem brauche ich über Not und Elend dieser Einrichtung der kleinen Weltstadt am Main nicht mehr viel zu erzählen. Denn noch nachträglich wird es jedem ehemaligen Nutzer gruseln beim Gedanken an diesen verdreckten und stinkenden Unort. Er ist nur die negative Spitze eines Problems, das seit Jahrzehnten besteht, doch noch von jeder politischen Mehrheit im Römer bislang nicht gelöst wurde.
Deswegen ist tiefes Misstrauen geboten, wenn die derzeitige Baudezernentin im Magistrat nun ankündigt, ein überarbeitetes Konzept für den Ausbau öffentlicher Toiletten befinde sich in der „finalen Abstimmung“ und solle noch vor der Sommerpause in den parlamentarischen Gremien beraten werden. Doch machte die Dezernentin gleichzeitig darauf aufmerksam, die Umsetzung dieses Konzepts könne „einige Zeit“ dauern. Diese schwammige Zeitangabe sollte alle Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Dauermisere stark dämpfen. Zumal seit vielen Jahren von der Politik eine Konzept versprochen, aber weder vorgelegt noch verabschiedet und schon gar nicht realisiert worden ist.
Das ist keine polemische Behauptung, sondern wird dokumentiert in dem nützlichen digitalen Informationssystem der Stadt Frankfurt: Dort sind unter dem Stichwort „Toiletten“ alle parlamentarischen Initiativen zu diesem leidigen Thema seit 1993 penibel aufgelistet – es sind sage und schreibe 1637 (Stand 5. Mai 2022)! Selbstverständlich behandeln diese Initiativen nicht allesamt nur den Mangel oder den beklagenswerten Zustand öffentlicher Toiletten im Stadtgebiet, sondern drehen sich oft um Bedürfnisstätten zum Beispiel auf Friedhöfen. Als regelmäßiger Besucher des Hauptfriedhofs kann ich allerdings bestätigen, daß zumindest die Toilette an einem wichtigen Seiteneingang oft nur mit Brechreiz benutzbar ist.
Zweifellos hat der Zustand öffentlicher Toiletten viel mit denen zu tun, die sie benutzen. In einer Großstadt wie Frankfurt mit ihrer sozialen Bevölkerungszusammensetzung und vielen Besuchern kann realistischer Weise nicht erhofft werden, daß diese Orte von allen pfleglich in Anspruch genommen werden. Umso wichtiger ist es, regelmäßige Reinigungen und Reparaturen dort durchzuführen. Geschieht das nicht, gehen selbst ansonsten ordentliche Benutzer oft nachlässig mit den Toiletten um.
Pflege und technische Erhaltung kosten Geld, das ist nicht zu bestreiten. Doch öffentliche Orte sind eben auch Visitenkarten einer Stadt. Und erst recht sind das Toiletten an zentralen Stellen wie der Hauptwache oder in der Nähe des beliebten Touristenmagneten Römer. Dort sollten unbedingt Menschen damit beschäftigt werden, die Reinlichkeit und Hygiene der entsprechenden Einrichtungen ständig zu kontrollieren. Das ist kein Luxus, sondern ebenso notwendig wie ab und an das unwiderstehliche Bedürfnis, eine öffentliche Toilette aufsuchen zu müssen.
Die Politik in Frankfurt darf sich nicht weitere Jahrzehnte um die Lösung des Toilettenproblems drücken. 1637 (meist vergebliche) Initiativen und unzählige Klagelieder der Bürger sind genug!
Wolfgang Hübner