150 Jahre Straßenbahn in Frankfurt

Ein moderner Oldtimer quer durch die Stadt

150 Jahre Straßenbahn in Frankfurt

Hübners Frankfurter Woche – Folge 42

Nein, heute geht es hier nicht um den Fußballtriumph der Frankfurter Eintracht, das große Ereignis dieser Woche. Aber sportliche Siege wie Niederlagen kommen und gehen. Doch seit nun 150 Jahren gibt es ein Verkehrsmittel in Frankfurt, das vielen Generationen der Bürger nützlich, vertraut und lieb geworden ist und auch weiter existieren wird: Die Straßenbahn. Am 19. Mai 1872 wurde die erste geschiente Linie vom seinerzeit noch selbständigen Bockenheim zur Hauptwache eröffnet. Nicht elektrische Energie trieb die Wagen an, sondern diese wurden von Pferden gezogen.

Es ging also recht gemütlich zu damals. Doch schon vom 18. Februar 1884 an gab es elektrische Straßenbahnen in Frankfurt, zuerst von Sachsenhausen nach Oberrad, danach auch weiter bis Offenbach. Es dauerte immerhin bis 1904 mit der vollständigen Elektrisierung der Straßenbahnen, die ein immer dichteres Netz durch die schnell und enorm gewachsene Stadt am Main zogen. Die Fahrten waren billig, die Bahnen konnten sich wegen des viel geringeren Autoverkehrs gut durch die Straßen bewegen. Und recht luftig ging es in den Zügen auch zu, denn die Ein- und Ausstiege waren offen. Daran werden sich ältere Bürger auch heute noch erinnern können.

Gegenwärtig verkehren auf 69 Kilometer des Streckennetzes 10 Linien der Straßenbahn. Die längste Strecke, nämlich der Linie 11, verläuft von Höchst im Westen bis nach Fechenheim im Osten Frankfurts und führt durch die Innenstadt samt der vielgenutzten Haltestelle Römer, von der es nur ein paar Schritte bis zum Besuchermagneten Neue Altstadt sind. Der Tiefpunkt in der Geschichte der Frankfurter Straßenbahn waren die späten sechziger sowie die siebziger Jahre, als der Bau der U-Bahnlinien Konjunktur bekam. Plötzlich schienen Straßenbahnen altmodische Störfaktoren im Verkehr zu sein.

1978 wurde der Bahnverkehr auf der Zeil beendet. Der Verfasser dieses Textes hat, das sei verraten, gerade zu diesem Streckenabschnitt eine ganz besondere Beziehung: Einige Jahre zuvor ist er just zwischen Konstablerwache und Hauptwache in der Straßenbahn erstmals seiner späteren Ehefrau begegnet, mit der er übrigens immer noch verheiratet ist. Gewiss hat es in der langen Geschichte der Frankfurter Straßenbahnen noch mehr solcher folgenreichen Begegnungen gegeben. Und das ist auch weiterhin möglich. Denn der U-Bahnausbau ist zumindest in Frankfurt an seine Grenzen gelangt, was auch mit den hohen Kosten sowie dem technischen Aufwand für dieses Verkehrsmittel zusammenhängt.

Straßenbahnen sind billiger, auch wenn die modernen Niederflurzüge natürlich nicht vergleichbar sind mit dem früheren Fuhrpark. Doch die Menschen müssen nicht, wie für die U-Bahnen, in die Tiefe steigen, sondern bleiben auf Augenhöhe mit dem Straßenverkehr, in dem sie den Vorteil von eigenen Schienentrassen haben und sich schneller als die sich oft stauenden Autos durch den Verkehr bewegen können. Einige neue Streckenausbauten in den Jahren seit 2003 zeugen in Frankfurt von dem erstaunlichen Comeback der nun 150-jährigen Straßenbahn, die offenbar ewig jung ist und bleibt.

 

Wolfgang Hübner

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