Das Problem der Demokratie ist der Parteienstaat

Vertrauen in das deutsche System auf Tiefstand

Das Problem der Demokratie ist der Parteienstaat
Original von Steffen Prößdorf (bearbeitet), CC BY-SA 4.0, commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=87433013

Hübners Frankfurter Woche – Folge 59

Wenn ich durch die Straßen meiner Heimatstadt Frankfurt laufe, begegne ich in letzter Zeit auffallend oft Plakaten, die für die Demokratie werben. Und in unserer Stadt soll neben der Paulskirche, diesem steinernen Symbol deutscher Demokratie, gar ein „Demokratiezentrum“ gebaut werden. Allerdings herrscht noch keine Klarheit, wie dieses Gebäude sowohl innen wie außen gestaltet werden soll. Wenn so nachdrücklich, fast schon aufdringlich für etwas inzwischen so Selbstverständliches wie Demokratie als Wesenskern unserer politischen Ordnung Werbung gemacht wird, dann erweckt das den Verdacht, daß es um den derzeitigen Zustand der Demokratie vielleicht nicht mehr besonders gut bestellt sein könnte.
 
Tatsächlich gibt es dafür beunruhigende Anzeichen: Einer repräsentativen Umfrage des renommierten Allensbach-Instituts zufolge haben 65 Prozent der Befragten auf die Frage: „Hat die Regierung die Lage im Griff?“ mit Nein reagiert, nur 21 Prozent mit Ja. Das ist ein negativer Rekordwert. Und 59 Prozent geben an, „die Welt nicht mehr zu verstehen“, nur 24 Prozent geht es nicht so. Auch das ist ein negativer Spitzenwert, der nichts Gutes verheißt. Doch ist das auch eine Kritik an der Demokratie? Muß deshalb Werbung für diese gemacht werden? Oder ist es nicht viel eher ein sehr massives, in der Bevölkerung Deutschlands weitverbreitetes Unbehagen an den politischen Kräften, die unsere Demokratie gestalten, also den dominierenden Parteien?
 
Ich bin sicher: Letzteres ist richtig. Denn ein Parteienkartell, das wegen kaum noch unterscheidbarer politischer Inhalte unter sich jederzeit jede beliebige Koalition schließen kann, um Regierungen im Bund, den Ländern und fast in jeder deutschen Großstadt zu bilden – jenes Parteienkartell hat sich sowohl den Staat wie auch die Demokratie zur Beute und zum Machtinstrument gemacht. Diese dem Geist und Buchstaben des Grundgesetzes Hohn sprechende Entwicklung schadet tatsächlich der Demokratie sehr, stellt sie als geeignetes politisches System allerdings keineswegs in Frage. Mehr als fragwürdig hingegen ist der Anspruch der Kartellparteien, ob CDU, SPD, Grüne oder FDP, unter sich zu bestimmen, was Demokratie in Frankfurt wie Deutschland ist und wie sie zu funktionieren hat.
 
Die multiplen Krisen, die nun mit immer schwerwiegenderen Auswirkungen die allermeisten Menschen in Sorgen und Ängste versetzen, machen deutlich: Der Parteienstaat in seiner gegenwärtigen Verfassung ist zur Lösung der Probleme unfähig. Und wie erschreckend unwillig dieser Parteienstaat auch nur zur geringsten Einsichtsfähigkeit ist, beweist die provokative Blockade der meisten politischen Kräfte in Berlin, die skandalöse Wahl zum dortigen Abgeordnetenhaus zu wiederholen. Damit wird die Demokratie mehr beschädigt als mit noch so viel Plakatwerbung für die Demokratie gut gemacht werden könnte.  

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