Feldmann verdient weder Nachsicht noch Mitgefühl

Der SPD-Politiker hat sein Amt selbst verspielt

Feldmann verdient weder Nachsicht noch Mitgefühl

Hübners Frankfurter Woche – Folge 61

Wenn am Sonntag von den Bürgern Frankfurts über den Verbleib des SPD-Politikers Peter Feldmann im Amt des Oberbürgermeisters abgestimmt wird, dürften auch Emotionen die individuellen Entscheidungen mitbestimmen. Nicht wenige mögen immer noch denken: Ist es nicht übertrieben, einen Mann aus dem Chefzimmer im Römer zu verjagen, der doch stets für soziale Erleichterungen war und sich als einer präsentiert hat, dem die sogenannten „kleinen Leute“ immer am Herzen lagen? Und spielen nicht auch fragwürdige Motive bei seinen Gegnern eine Rolle?

Als langjähriger ehemaliger Stadtverordneter hatte ich viele Gelegenheiten, den Politiker und Menschen Feldmann aus der Nähe zu beobachten, ich konnte seine überraschende Karriere sehr genau verfolgen. Er hat mir in dieser Zeit politisch nur im Rahmen der normalen parlamentarischen Auseinandersetzungen geschadet, das kann ich ihm nicht ankreiden. Für mich war und ist er allerdings ein Sozialdemagoge, weil er unleugbare soziale Probleme dazu benutzte, um sich politisch zu profilieren, indem er die Kosten und Folgen der von ihm geforderten, als Oberbürgermeister teilweise auch durchgesetzten Maßnahmen schlichtweg ignorierte.

Als Mensch habe ich Peter Feldmann eben so wenig geschätzt wie das in seiner eigenen Partei der Fall war. Gleichwohl war ich nun doch entsetzt, als er bei dem kürzlich stattgefundenen Gerichtsverfahren gegen ihn intime Details aus seinem Privatleben öffentlich machte, die ihn charakterlich in einem sehr schlechten Licht zeigen. Doch am 6. November 2022 wird nicht über Feldmanns Charakter, sondern seine Eignung entschieden, auch weiterhin Oberbürgermeister einer der wichtigsten deutschen Großstädte zu sein.

Wäre der SPD-Politiker tatsächlich ein glaubwürdiger Sozialpolitiker von Rang und ein engagierter Verfechter der Interessen vieler nicht so wohlhabender Mitbürger, dann wären seine Aussichten im Amt zu bleiben sehr viel größer. Doch aus meiner Sicht ging es Feldmann vorrangig immer nur um ihn selbst. Das zeigte sich auch darin, wie fast demonstrativ oft er eitel die goldene Amtskette um seinen Hals vorzeigte. Und er scheute zur Eigenprofilierung auch ein faktisches Bündnis mit der Zeitung mit den großen Schlagzeilen nicht, obwohl er politisch immer gegen „Populisten“ vom Leder zog. Das war schon deshalb verlogen, weil er nichts ausließ, sich selbst „populistisch“ zu betätigen.
 
Unvergessen ist seine 180-Grad-Kehrtwendung bei dem Projekt Neue Altstadt: Als Politiker war er stets gegen dieses Projekt, als Oberbürgermeister jedoch versuchte er den Eindruck zu erwecken, als liege ihm nichts mehr am Herzen als diese Neue Altstadt. Doch die ist ihm seit ihrer glanzvollen Eröffnung im Herbst 2018 ebenso egal wie der zunehmend verwahrloste Zustand der Frankfurter Innenstadt, von der katastrophalen Lage im Bahnhofsviertel ganz zu schweigen. Feldmann hat viele kommunale Betätigungsfelder gerade in den letzten Jahren sträflich durch Desinteresse und auch Unkenntnis vernachlässigt. Akten lesen und mühsam Sachkompetenz erwerben war und ist so wenig seine Sache wie die seiner CDU-Vorgängerin Petra Roth. Nur konnte diese halt besser repräsentieren, was Feldmann nicht gegeben ist.

Trotzdem hätte er ein akzeptabler Oberbürgermeister in der beeindruckenden Galerie seiner bedeutenden Vorgänger von Adickes, Miquel, Landmann, Kolb bis zu Wallmann werden können, wenn er fehlende persönliche Ausstrahlung durch Fleiß und Demut im Amt ausgeglichen hätte. Weil er das aber nicht tat, ist bei der Abstimmung am Sonntag weder Nachsicht noch Mitgefühl mit Peter Feldmann geboten. Er hat, unabhängig vom Ausgang der Abstimmung, sein hohes Amt selbst verspielt.


Wolfgang Hübner

Leserkommentare (0)

Um einen Kommentar zu verfassen, loggen Sie sich bitte hier ein.
Falls Sie noch kein Benutzerkonto besitzen, können Sie sich hier registrieren.