Der Prozess Arid Uka: Tag 1
1. Teil / Die Tränen

Vorwort:
In Frankfurt am Main findet seit dem 31. August der Prozess gegen den jungen muslimischen Flughafenattenäter statt, der aus religiös-politischen Motiven Anfang des Jahres zwei US-Soldaten getötet und zwei weitere lebensgefährlich verletzt hat. Die Tat und der Prozess sind von erheblicher Bedeutung für die Diskussion, ob der Islam zu Deutschland gehört und welche Folgen das haben kann.
Von besonderer Bedeutung für die FREIEN WÄHLER in Frankfurt ist, dass die Tat ausgerechnet in der Stadt geschah, in der wenige Monate zuvor das gesellschaftspolitische Ziel der Integration von Einwanderern aufgegeben wurde zugunsten eines "Vielfalt"-Konzepts, in dem die Integration von Muslimen und die damit verbundenen Probleme faktisch geleugnet wird.
Die offizielle Reaktion auf die Bluttat bei Frankfurter Politikern und Parteien, aber auch der meisten Medien war dann große Verlegenheit, gezieltes Herunterspielen des ungeheuerlichen Vorfalls und die Suche nach individualpsychologischen Erklärungen für das Handeln des Mörders, der in Frankfurt aufwuchs und sozialisiert wurde. Angeregt von meinem Vorschlag, verfolgt der Sozialwissenschaftler G. Andreas Kämmerer nun den Prozessverlauf und wird über alle Stationen Berichte und Analysen abgeben.
Für die Richtigkeit und Tendenz seiner mit Autorenrechten geschützten Texte zeichnet G. Andreas Kämmerer mit Namen verantwortlich. Seine Texte über den Prozessverlauf erscheinen auf dieser Seite ohne Kürzungen und inhaltliche Eingriffe oder Veränderungen. An der herausragenden sprachlichen und analytischen Qualität der Texte gibt es aus meiner Sicht keinen Zweifel. Doch die Leser mögen sich selbst ein Urteil bilden, für Reaktionen aller Art sind wir dankbar.
Wolfgang Hübner, Stadtverordneter
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Der Andrang war groß, und nur wer sich rechtzeitig um Einlass bemüht hatte, konnte am 31. August 2011 im Oberlandesgericht Frankfurt, exakt um 10:01 Uhr, auf einem der ca. 90 Presse- und Besucherplätze sitzend das grelle Blitzlichtgewitter mit verfolgen, das den Angeklagten Arid Uka nach einer 5 Monate währenden Pause schlagartig wieder in das öffentliche Bewusstsein einblendete, weiterhin das Thema, in Allahs Namen Krieg in Deutschland zu führen, auf die öffentliche Themenliste setzte und schließlich die Diskussion eröffnete, wie viel Islam unserer Gesellschaft noch zuzumuten ist, von dem Bundespräsident Wulff behauptet hatte, er gehöre zu Deutschland.
Der erste Prozesstag des Staatsschutzsenats, der sich über ca. 7 Stunden erstreckte und an dieser Stelle aus der Erinnerung und Notizen protokolliert wird, untergliederte sich grob in folgende fünf Abschnitte: Verlesung der Anklage, die anschließende "Vorstellungsrunde" des Angeklagten, die Verlesung einer Erklärung von Arid Uka, weitere Fragen an den Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft und abschließend die Anhörung eines Sachverständigen des BKA zum Tathergang. Die weitere Einvernehmung des prominenten psychologischen Sachverständigen (u.a. von Magnus Gäfgen und der islamischen Sauerlandgruppe) der forensischen Psychiatrie, Herrn Prof. Dr. Kurt Leygraf, Essen, der mit einem Gutachten über Arid Uka von Seiten der Verteidigung zu Wort kommen sollte, konnte offensichtlich aus Zeitgründen am ersten Tag nicht realisiert werden.
Von Seiten der Anklage war anerkennend zur Kenntnis zu nehmen - dies kann als ein hoffnungsvolles Zeichen vorausgeschickt werden -, dass der erfahrene Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel seine Aufgabe mit Bravour leistete, indem er sich mit viel intellektuellem Fingerspitzengefühl dem schwierigen Angeklagten Arid Uka näherte und in der Sache offensichtlich streng bemüht war, Widersprüche und Unklarheiten in dem Vortrag der Verteidigung und des Angeklagten aufzudecken, um in erster Linie der Frage nachzugehen, ob der eingestandenen Verantwortlichkeit des Angeklagten ein individuelles Versagen zu Grunde lag, oder aber hinter der Tat ein längerer Prozess der Radikalisierung im Rahmen eines dschihadistischen Netzwerkes in Deutschland zu vermuten ist.
Dahingegen kann die Verteidigungsstrategie der beiden Anwälte von Arid Uka (Jens Jörg Hoffmann und Michaela Roth), die sich im Laufe des ersten Prozesstages abzeichnete, als ein Lehrstück gelesen werden, wie im Namen des Islam öffentlich taktiert werden kann, um ausnahmslos Recht und Moral auf islamischer Seite zu haben und mittelbar eine junge Demokratie, wie sie in Deutschland noch kein Jahrhundert existiert, in ihren Grundfesten erschüttert wird.
1. Die Anklage gegen Arid Uka
Die Tatvorwürfe, die von der Generalbundesanwaltschaft gegen den 21-jährigen Arid Uka erhoben werden, lauten auf zweifachen Mord, dreifachen Mordversuch sowie schwere und gefährliche Körperverletzung. Zwei tote und zwei schwer verletzte amerikanische Soldaten der US-Airforce sind dabei zu beklagen.
Der Tathergang selbst wird von Seiten der Staatsanwaltschaft mit knappen, sparsamen Worten beschrieben, es ist ein dürrer Tatsachenbericht. Gegen Ende des 1. Prozesstages wird ein hoher BKA-Beamter das Tatgeschehen sowie die näheren Umstände der Tatdurchführung in einem Vortrag detailliert beschreiben und mit Tatortfotos und Videoaufnahmen und Protokollen das anfängliche Entsetzen mit Fakten zu einer begreifbaren Kette von Ereignissen verdichten und so der eigenen Vernunft überantworten.
Doch am Beginn des Prozesses werden nur die blutigen Eckpunkte während der Anklagevorlesung kurz umrissen:
"... erstes Opfer ... Kopfschuss von hinten mit ausgestreckter Hand aus 1.5 m Entfernung ... tot ... zweites Opfer... Kopfschuss aus 50cm Entfernung ... tot ... lautes, mehrfaches Rufen im Bus: ALLAHU AKBAR ("Gott ist größer") ... weitere Schüsse ... 2 auf den Kopf und Körper des 3. Opfers ... überlebt knapp ... Kopfsteckschuss beim 4 Opfer ... überlebt mit Verlust eines Augenlichts und schweren Schäden ... zwei Schußversuche auf einen 5. Soldaten mit der Waffe auf den Kopf gerichtet ... Klick ... Klick ... zweifache Ladehemmung ... sofortige Flucht aus dem Bus in den Flughafenbereich ... Verfolgung durch eine Beamtin und einen Beamten der Bundespolizei ... Arid Uka zieht ein Messer ... droht ... wird von einer Beamtin durch Drohung mit dem Schlagstock zum Aufgeben überwältigt ...". Arid Uka ergibt sich schließlich einer Frau.
Das Grauen, das sich beim Zuhören einstellt, findet überreichlich Platz zwischen den Zeilen und Pausen: ein wachsendes Grauen, wenn die eigene Vorstellung dem protokollierten Tatgeschehen bildhaft folgen will, und im Kopf ein Kinofilm entsteht, der die eigene Seele langsam verdunkeln lässt. Im herben Kontrast tritt Arid Uka in seinem weißen, Unschuld signalisierenden Oberhemd auf, das lässig über die Jeans hängt, mit offenen Ärmeln, ein Outfit, das an salafistische Extremisten erinnert, sichtlich um den Eindruck bemüht, unbeteiligt und ganz ruhig zu sein.
Leise äußert sich Arid Uka nach der Verlesung der Anklageschrift: "Es trifft zu, was die Anklage mir vorwirft".
Arid Ukas Mimik ist noch nicht so geübt, wie sein bemüht gehemmtes Vorlesen der wohlgeformten Worte der Verteidigung, besonders seine sensible Mundpartie spiegelt sein Gemüt, und so zieht sich immer wieder sein Mund in Richtung Nase, dezent, aber unverkennbar, ein leichtes Dauer-Nasenrümpfen, als gäbe es olfaktorische Kontrapunkte zu registrieren, ein mögliches Zeichen der inneren Verachtung und des Missbehagens, in Gefangenschaft von Ungläubigen zu sein, so erscheint es zumindest, überheblich auf jeden Fall. Arid Uka wirkt nur auf den ersten Blick auf die Zuschauer als der harmlose Junge von nebenan: Es ist der Habitus der lauernden Friedfertigkeit, des stillen Erdulden des momentan nicht Losschlagen-Könnens, es ist die Ruhe nach und vor dem nächsten Sturm.
2. Arid Uka Kennenlernen
Der Vorsitzende Richter ordnet im Anschluss der Anklageverlesung eine Art Kennenlern-Runde an und fordert Arid Uka auf, sich zu seiner Person und der Vorgeschichte zu äußern. Die Verteidigung möchte stattdessen sofort dazu übergehen, eine vorbereitete persönliche Erklärung von Arid Uka verlesen zu lassen. Der Vorsitzende Richter lässt sich auf die Argumentation der Verteidigung, Arid Uka sei einer persönlichen Vorstellung nervlich nicht gewachsen, nicht gelten und fordert den Angeklagten mehrmals auf, dem Gericht Respekt zu zollen, den Blick zu erheben, den Vorsitzenden anzuschauen und Fragen zu beantworten.
Der Angeklagte spricht leise, sehr leise. Ein stärkeres Mikrophon muß angeschlossen werden, damit die Einlassungen von allen Prozessbeteiligten einigermaßen verstanden werden können. Dennoch muß der Vorsitzende den Angeklagten wiederholt auffordern, laut und deutlich zu sprechen. Arid Uka wirkt unwillig, möchte sich am liebsten nicht äußern.
Der Vorsitzende Richter baut Arid Uka Brücken, trägt vor und fordert jeweils Arid Uka um Bestätigung bzw. zu ergänzenden Einlassungen auf. Ein erster Eindruck entsteht. Arid Uka ist kosovarischer und serbischer Staatsbürger mit deutschen Papieren und ist mit 3 oder 4 Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland eingereist - genau kann sich Arid Uka nicht mehr erinnern. Nach der Grundschule besucht er die Realschule in Frankfurt Sossenheim. Danach wechselt er auf die Fachoberschule, auf der er in der 12. Klasse zweimal sitzenbleibt. Seinen Eltern erzählt er nichts von seinem schulischen Versagen, sondern lügt sie an, als erfolgreicher Abiturient die Wartezeit für einen Studienplatz mit einer Arbeitsaufnahme überbrücken zu wollen.
Tatsächlich beginnt er bei einer islamisch geprägten Organisation in Frankfurt, "Grüner Halbmond" ein Freiwilliges Soziales Jahr, bricht es aber wieder ab und sucht am Frankfurter Flughafen nach Arbeit. Er äußert sich, dass sein eigentlicher Berufswunsch Chemielaborant gewesen sei. Eine Aussage, die im Kontext der Tat und der Sauerlandgruppe frösteln lässt. Warum Arid Uka das Freiwillige Soziale Jahr nicht fortsetzt und dann beim Flughafen anfängt, wird am ersten Tag nicht problematisiert; Arid Uka nennt finanzielle Gründe, um seine Familie zu unterstützen.
Im Verlauf der Einlassungen wird klar, dass sich Arid Uka spätestens nach 2006 verstärkt der Religion des Islams zuwendet. Seine Eltern bezeichnet er als nicht stark religiös, wiewohl seine Mutter Kopftuch trägt und auch die Moschee besucht, sowie der Ramadan eingehalten wird. Im Laufe seiner schulischen Laufbahn trennen sich seine Eltern für eine gewisse Zeit, kommen aber wieder zusammen. Ob die Trennung der Eltern ursächlich dazu beigetragen hat, dass Arid Uka die 4. und die 9. Klasse wiederholen musste, bleibt unklar. Ebenso die vielen Fehlstunden im Unterricht, bevor er die Oberschule verlässt, auf die der Vorsitzende Richter mehrmals gegenüber dem Angeklagten fragend Bezug nimmt.
Die Verteidigung interveniert an dieser Stelle und verweist auf ein psychologisches Gutachten, das jene Fragen der schulischen Fehlzeiten zu erhellen vermag. Es entsteht zum ersten Mal das Gefühl, dass der Angeklagte etwas verbergen will, nämlich die naheliegende Frage, mit wem und mit welchen Kontakten er die vielen Monate ohne Schulbesuch verbracht hat.
Warum aber kann eine solche Frage bzw. die Beantwortung für die Verteidigung von Gefahr sein? Möglicherweise, weil die Beantwortung einer Theorie der Blitz-Radikalisierung widersprechen würde, der der Angeklagte "zum Opfer" gefallen ist. Das angekündigte Gutachten von Prof. Dr. Leygraf wird nicht nur in dieser Frage eine wichtige Rolle der Verteidigung einnehmen.
Ob es jedoch der Verteidigung gelingen wird, aus einem frühen Trennungstraumata des jungen Arid Uka seine spätere Radikalisierung ursächlich begründen und somit den Angeklagten von seiner Verantwortung teilweise freisprechen zu können, darf bezweifelt werden. Millionen Scheidungskinder in Deutschland mutieren auch nicht zu religiösen Terroristen und erschießen hinterrücks und heimtückisch Altersgenossen auf dem Weg zu ihrer Arbeit.
Zu seiner Freizeitbeschäftigung äußert sich Arid Uka entsprechend einsilbig: Computerspiele jedes Genres, im Computer chatten sowie mit Freunden die Freizeit verbringen. Ob es den Eltern nicht aufgefallen sei, dass der Angeklagte so viel Tagesfreizeit zu Hause verbringen kann, obwohl die Schule besucht werden muß, kann Arid Uka nicht befriedigend beantworten. 129 Freundeskontakte sind zuletzt bei Facebook auf der Seite von Arid Uka zu verzeichnen gewesen. In der Freundesliste finden sich ein Wer-ist-Wer der deutschen Islamisten-Szene. Bei einer Freundesliste in halber Stärke eines Bundeswehrbataillons ist die goutierte These eines Einzeltäters sehr gewagt. Der Vorsitzende Richter zitiert den Nickname von Arid Uka auf Facebook: "Abu Reyyan", was in etwa mit Kämpfer zu übersetzen ist. Arid Uka verweist auf sein Computerspielhobby und dass dies sein virtueller Kampfname gewesen sei.
Nachdem die persönliche Vorstellung und Befragung des Angeklagten nur widerwillig von Seiten Arid Uka und seiner Verteidigung hingenommen wurde, erlaubt der Vorsitzende Richter die Verlesung einer längeren schriftlichen Erklärung von Arid Uka, die in Kopie allen Prozessbeteiligten ausgehändigt wird. Dieses Vorgehen wird notwendig, da Arid Uka viel zu leise vorliest, so dass niemand folgen kann. Die Verhandlung wird kurz unterbrochen, bis die Kopien erstellt und verteilt worden sind.
Obwohl jener Erklärung Arid Ukas von Seiten der Verteidigung von Anfang an ein zentrales Gewicht beigemessen und anfänglich sogar darauf gedrungen wird, Arid Uka möge sich aus Gründen persönlicher Schwäche nicht frei äußern, stattdessen solle die vorliegende Erklärung verlesen werden - trotz jener Wichtigkeit des Dokuments ist die Verteidigung nach erstem Prozesstag auf schriftliche Anfrage hin nicht bereit, die öffentlich verlesene und an alle Prozessbeteiligten ausgeteilte Erklärung zur Einsicht zur Verfügung zu stellen.
Wie der Rechtsanwalt Arid Ukas, Jens Jörg Hoffmann, ausführte, sei ein Einblick in die spezielle Erklärung aus prozessrechtlichen Gründen nicht möglich, eine Herausgabe der Erklärung aus den Prozessakten sei ein Straftatbestand. Bedauerlich, wenn dies zuträfe, denn auch die Öffentlichkeit hat ein starkes und sicherlich berechtigtes Interesse, die Beweggründe eines die öffentliche Sicherheit gefährdeten islamisch motivierten Terroristen zur Kenntnis nehmen zu dürfen. So dient diese "Geheim-Erklärung" möglicherweise vor Gericht als Entlastung des Angeklagten, eine Entlastung, die unter Verschluss gehalten wird; eine Perspektive, die nicht dazu geeignet ist, das Vertrauen in die vorgebliche Reue Arid Uka zu stärken.
3. Arid Uka Erklärung
Arid Uka erklärt sich, leise, kaum hörbar. Seine Aussagen sind schwerwiegend, entlastend, werfen neue Fragen auf, stimmen nachdenklich. Es ist kaum möglich, dem Vortrag in der gebotenen Gänze zu folgen. Fragmente, leise vorgetragen, teilweise nicht verständlich, reihen sich aneinander, während die Zuhörer versuchen, dem noch unbekannten roten Faden zu folgen:
"... ich wollte töten ... erinnere mich an damals, heute weiß ich nicht mehr, warum ... wie in einem Film ... am Tag dachte ich, ich muß töten, um eine Ungerechtigkeit zu rächen ... auch Töten von Menschen ist nach meiner Religion eine große Sünde ... eine Sünde im Islam ... nach der Versetzung in die 12. Klasse hatte ich ein nutzloses Gefühl ... bekam Depressionen ... Sinnlosigkeit ... Selbstmordgedanken ... die Beschäftigung mit der Religion ... der Islam hat mich vor dem Selbstmord gerettet ... Antriebslosigkeit ... in der Moschee war es besser ... so flüchtete ich mich immer mehr in PC-Spiele ... suchte in der Religion nach Halt ... habe mich über den Islam informiert ... immer mehr ... und immer mehr Isolation, immer mehr PC-Spiele ... eine andere Spielwelt ... in der PC-Welt konnte ich als Kämpfer stark sein ... mein Glaube zum Islam wurde immer stärker ... wurde immer mehr ein Leitfaden für mein Leben ... dann begann ich beim "Grünen Halbmond" zu arbeiten ... es gab mir ein gutes Gefühl, bei Muslimen zu arbeiten ... arbeiten und Geld verdienen können ... Computerspielen und Beten und noch mehr Islam ... immer mehr Informationen aus dem Internet ... sehr viele Informationen, Texte, Videos ... ich wollte Arabisch lernen ... immer mehr extremes Gedankengut und Propaganda ... auch über deutsche Soldaten als Killer gegen die islamische Glaubensbrüder ... dann legte ich meinen Glauben an den Islam als Wahrheit aus ... extrem ... besserer Muslim wollte ich werden ... ein sinnvolleres Leben führen ... noch mehr Isolation ... eine langsame Entwicklung ... fast nur noch Islam und Computerspiele ... dann eine Pause vor der Tat ... noch mehr Infos von Facebook ... sehr gute Islam-Informationen ... dann nur noch Islam-Themen ... haben dann Namen geändert in "Abu Reyyan", ein Kampfname, der in etwa "drängender Vater" bedeuten soll bzw. "Kämpfer" ... war aber nur für die Videospiele so gemeint ... nicht für den islamischen Kampf ... dann habe ich viele Videos gesehen ... am Vortag vor der Tat sah ich ein Video, in dem eine muslimische Frau von US-amerikanischen Soldaten vergewaltigt wird ..."
An dieser Stelle der lange vorbereiteten, in Szene gesetzten Erklärung übermannen Arid Uka die schlimmen, quälenden Erinnerungen an den Vorabend der Tat. Arid Uka weint ein wenig, verliert einzelne Tränen, bekommt geflissentlich von Seiten der Verteidigung die bereitliegenden Taschentücher gereicht. Er ist sichtlich ergriffen in der Erinnerung an die für ihn hochsensible emotionale Situation, als er abends in der elterlichen Wohnung in einem Youtube-Video schemenhaft die Spielfilm-Szene einer Vergewaltigung gesehen hat und seinen Entschluss fasste, US-Soldaten in Deutschland bekämpfen zu wollen, wischt sich die Tränen ab, stockt, und fährt schließlich in seiner Erklärung fort:
"... konnte ich nach dem schrecklichen Video keinen klaren Gedanken fassen ... gehe verstört ins Bett ... versuche zu schlafen ... schlafe ein ... wache wieder auf ... bete mitten in der Nacht, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen ... weine, aber das bringt nichts ... schockiert lange wach gelegen ... müde ... gehe Duschen ..."
Nochmaliges dezentes Weinen, Stocken, Pause, Weiterlesen:
"... habe ich schließlich gefühlt, ich muss etwas tun! ... die Soldaten in Afghanistan sind böse ... ich dachte, mit meiner Tat kann ich Böses in Afghanistan verhindern ... ich erinnerte mich dann plötzlich an eine Pistole im Kleiderschrank ... nahm sie an mich ... war hin- und hergerissen, weil ich Frauen in Not helfen wollte ... wären die Soldaten nicht dort gewesen, hätte ich die Tat nicht getan ... Dshihadisten haben mich aufgeheizt ... obwohl ich kaum etwas verstehe ... ich habe gehofft, dass keine Soldaten da sind ... habe mich schuldig und verantwortlich gefühlt ... war von der Situation überfordert ... dachte, für die Frauen verantwortlich zu sein, dann der 1. Schuss, dann setzt meine Erinnerung aus ... alles wie in einem Stummfilm ... ab der Festnahme ist die Erinnerung wieder da ... seit diesem Tag denke ich, warum? ... ich verstehe mich selbst nicht ... kann meine Tat nicht ungeschehen machen ... Lügen und Propaganda ... alles ist falsch, was ich tat, weil gegen den Glauben ..."
(c) G. Andreas Kämmerer, 11. September 2011
Der 2. Teil protokolliert die Fragen an Arid Uka, sowie die BKA-Stellungnahme;
Der 3. Teil umfasst eine kommentierende Analyse des ersten Prozesstages.