„Bei den Grünen ist nur noch das Papier grün!“
Im Gespräch mit OB-Kandidat Mathias Pfeiffer (BFF)

Der freie Journalist Claus Folger trifft den Oberbürgermeisterkandidaten der Bürger Für Frankfurt (BFF) zu einem Interview in den Räumlichkeiten des SAE Institute Frankfurt. Die private Medien-Uni hat sich vor kurzem von Preungesheim ins Ostend vergrößert und verwirklichte in der angemieteten Bürofläche an der Hanauer Landstraße für ca. 430.000 Euro fünf Tonstudios und zwei Aufnahmeräume, weitgehend ohne Körperschallübertragung.
Herr Pfeiffer, der Campusleiter Markus Gran hält die Umwandlung von leerstehender Bürofläche in Proberäume für anspruchsvoll, aber 'mit Handwerkern, die wissen was sie zu tun haben', für möglich. Reicht ihre politische Fantasie für die Materialisierung dieser Möglichkeit?
Natürlich! Ich komme ja aus dem Bereich Planen und Einrichten. Am Ende ist es eine Frage der finanziellen Bereitschaft der Stadt, die Musikszene mit Proberäumen zu unterstützen. Ich persönlich kann mir hier durchaus mehr Engagement vorstellen, denn die Schwierigkeit für Bands und Musiker, geeignete Übungsräume in Frankfurt zu finde, ist ja hinlänglich bekannt.
Sie leben in Bergen-Enkheim. Was gefällt Ihnen dort? Was mögen Sie nicht?
Es ist ein beschaulicher Stadtteil am Rande der Stadt mit direkter Anbindung an die Natur. Es gibt eigentlich nichts, was mir dort nicht gefallen würde.
Welche Themen fehlen Ihnen in der politischen Debatte?
Frankfurt soll schöner werden. Darüber wird viel zu wenig gesprochen.
Wer ist der größte Lügner im Frankfurter Römer?
Das möchte ich jetzt nicht bewerten. (lacht) Ich sehe aber in der täglichen politischen Praxis, wie gelogen wird, dass sich die Balken biegen. Wir Bürger Für Frankfurt BFF sind von Anfang an mit der Maxime angetreten, dass Politik auch ehrlich sein kann.
Sie werfen Uwe Becker (CDU) vor, zwar häufig nach rechts zu blinken, dann aber links abzubiegen. Welche sind denn ihre rechten Positionen, die durchzusetzen wären?
Ich mag dieses Rechts/Links-Schemata grundsätzlich nicht, da es sich um eine alte Kategorie politischen Denkens handelt. Manchmal muss man sie dann aber doch bemühen, um bestimmte Sachverhalte zu illustrieren. Ich selbst sehe mich als pragmatisch und vernünftig. Darüber gibt auch mein Sieben-Punkte-Plan Auskunft, den ich für Frankfurt entwickelt habe.
Aus für die Musikmesse! Aus für die IAA! Spärlicher Besuch bei der Buchmesse.
Wie wollen Sie über die Messe Frankfurt wieder mehr Glanz und Kultur in die Stadt bringen?
Als Oberbürgermeister sehe ich mich zugleich auch als ersten Wirtschaftsförderer unserer Stadt. Niemals hätte Peter Feldmann die IAA vergraulen dürfen. Doch unsere Messe Frankfurt ist nach wie vor attraktiv für Aussteller und hat ein riesiges Potential. Ich war gerade auf der bis unters Dach vollgepackten Ambiente. Selbstverständlich werde ich anstreben, verlorene Messen wieder zurück nach Frankfurt zu holen!
Ist der von den BFF initiierte Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt tatsächlich abgeschlossen? Dem Augenschein nach wartet der Gehweg der Braubachstraße an der Altstadt noch immer auf seine Pflasterung. Und der Lange Franz vom Rathaus Römer vermisst weiterhin seine Turmspitze.
Die fehlende Pflasterung, die uns nach wie vor sehr ärgert, haben wir im Stadtparlament schon mehrfach zum Thema gemacht. In der „alten“ Altstadt ist insgesamt noch viel Luft nach oben. Neben dem Langen Franz als weltlichem Pendant zum Domturm haben wir auch die Rekonstruktion des Kleinen Cohn seit Jahren im Programm, wozu es auch schon seit 2017 eine Beschlusslage des Stadtparlaments gibt. Insgesamt dauert das aber alles viel zu lange.
Als sei es schicksalsbestimmt oder schlechtes Karma, gammelt der Bahnhofsvorplatz – das sogenannte Entree der Stadt – vor sich hin. Wie wäre es zum Beispiel, wenn man den überflüssigen Treppenabstieg in die B-Ebene einfach schließen und den Platz insgesamt um Funktionen bereinigen würde?
Vordringlich betrachte ich die Hauptwache als zentralen Platz in Frankfurt, den es neu zu gestalten gilt. Dort fehlt es an jeglicher Aufenthaltsqualität. Zur Neugestaltung gibt es sehr gute Vorschläge aus der Bürgerschaft, etwa von der Stiftung Altes Neuland Frankfurt, die die Politik in jedem Fall aufgreifen sollte. Wobei man in punkto Sauberkeit auf dem Bahnhofsvorplatz durchaus sofort tätig werden kann. Petra Roth hatte ihn in ihrer Zeit als Oberbürgermeisterin ja noch jeden Tag kärchern lassen.
Hat Gott die Antiterror-Quader, die seit Jahren das Stadtbild (Alt-Sachsenhausen) verschandeln, wie Manna vom Himmel regnen lassen, so dass es heute einem Sakrileg gleichkäme, sie einfach abzuräumen?
Einen wirksamen Antiterrorschutz für die sensiblen Fußgängerbereiche erachte ich grundsätzlich für sinnvoll. Allerdings sollte man die Provisorien endlich durch ästhetisch ansprechende Lösungen ersetzen. Das haben wir in der Vergangenheit bereits mehrfach gefordert.
Ihr Fraktionskollege Haluk Yildiz von der BIG bezeichnet seine Partei als bürger- und werteorientiert. Wie sähe denn eine bürger- und werteorientierte Frankfurter Kommunalpolitik aus?
Abgehobene Themen einer bestimmten politischen Blase wie das Gendern stünden garantiert nicht im Vordergrund, sondern die tatsächlichen Probleme der Menschen in unserer Stadt, deren Nöte und Sorgen, die man ernst nehmen muss. Häufig habe ich z. B. in letzter Zeit mit Familien gesprochen, die aus finanziellen Gründen aus Frankfurt wegziehen mussten. So möchte ich etwa über die Einführung eines kommunalen Wohngeldes sicherstellen, dass sich Menschen aller Berufsgruppen in Zukunft das Wohnen in Frankfurt wieder leisten können.
Neulich besuchte ich Freunde in Kelkheim. Die Königstein-Bahn fuhr nicht zum Hauptbahnhof wie sonst, sondern pendelte nur zwischen Höchst und Kelkheim. Dazu kamen die mittlerweile notorischen Zugausfälle auf der Hin- und Rückfahrt, so dass mich die Gastgeber am späten Samstagabend mit ihrem privaten PKW von Kelkheim nach Frankfurt zurückfahren mussten. Was ist der Wirtschaftsstandort Frankfurt/Rhein-Main wert mit einem nur noch drittklassigen Nahverkehrssystem?
Das ist ein wichtiger Punkt, den Sie ansprechen. Wir haben gerade die Zahlen bekommen, wie unpünktlich der RMV ist. Bevor wir ein 49-Euro-Ticket anbieten, muss der ÖPNV zuverlässiger und qualitativ hochwertiger werden und über ein attraktives Streckennetz verfügen, ansonsten zäumen wir das Pferd von hinten auf.
Einer schlechten Tradition folgend legt der RMV regelmäßig in den Sommerferien zu Wartungs- und Reparaturzwecken große Teile des S-Bahn-Systems lahm, ohne es jemals endgültig gebacken zu bekommen. Was kann die Kommunalpolitik tun?
Wir Bürger Für Frankfurt BFF fordern seit Jahren einen zweiten S-Bahn-Tunnel, da zurzeit fast alle Linien durch eine Röhre geführt werden. Es müssen ja nicht die von Ihnen angesprochenen Wartungsarbeiten sein. Es mag nur ein Problem geben, wie Menschen auf den Gleisen oder einen Tunnelbrand und schon bricht das gesamte System zusammen. Das ist auf Dauer sehr unbefriedigend und für die Nutzer eben nicht attraktiv.
Der BFF-Ehrenvorsitzende Wolfgang Hübner hält im ökologischen Sinn BFF für die besseren Grünen. Ist das ernstgemeint?
Ja! Nehmen Sie als Beispiel die Josefstadt, wo die Grünen im Nordwesten von Frankfurt alles zubetonieren möchten. Wir wollen dieses Umweltverbrechen nicht und lehnen es seit Bekanntwerden der Planungen konsequent ab. Bei den Grünen ist heute doch nur noch das Papier grün, denn deren Politik verfolgt längst andere Ziele. Ich möchte an dieser Stelle ausnahmsweise Sarah Wagenknecht bemühen, die die Grünen kürzlich als „die gefährlichste Partei im Bundestag“ bezeichnet hat.
E-Scooter werden auf Bürgersteigen stehen gelassen oder hingeworfen, als hätten sie Dreijährige dort zurückgelassen. Welche Handhabe hat die Stadt?
Wir waren die erste Fraktion im Römer, die nach Einführung der E-Scooter einen Antrag gestellt hat, Verstöße gegen die geltenden Vorschriften wirksam zu sanktionieren. Die Stadt hat aber nur beschränkte rechtliche Möglichkeiten. So ist bis jetzt z. B. unklar, inwieweit das von uns angestrebte Geofencing in Deutschland rechtmäßig ist. In Frankreich kann man mit dieser GPS-Technologie z. B. den Einsatz von E-Scootern in Fußgängerzonen drosseln.
In Ihrer Kandidatenrede sagten Sie, dass die Abrechnung mit der deutschen Corona-Politik noch ausstehe. Was stört sie denn?
Mich stört, dass die Auferlegung der größtenteils unwirksamen Zwangsmaßnahmen nicht aufgearbeitet wird und daraus anscheinend auch keine politischen Konsequenzen gezogen werden sollen.
Deutschland hat 2022 mehr Flüchtlinge aufgenommen als im Spitzenjahr 2015. In den Frankfurter Flüchtlingsklassen geht es teilweise drunter und drüber. So weigern sich ukrainische Schüler und Schülerinnen mit afghanischen Schülern zusammenzuarbeiten, weil sie in ihnen Menschen zweiter Klasse sehen, während diese wiederum aus religiös-kulturellen Gründen die Namen ihrer in Afghanistan zurückgebliebenen Mütter und Schwestern, die ohne männliche Begleitung das Haus nicht mehr verlassen dürfen, weder schreiben noch aussprechen dürfen. Unabhängig von Wohnraummangel und Ressourcenknappheit: Braucht die Frankfurter Stadtgesellschaft noch weitere Flüchtlinge bzw. ist der Ausländeranteil nicht schon hoch genug?
Hinsichtlich der Flüchtlingsfrage haben wir uns klar positioniert: Wir wollen sichere Grenzen, eine geregelte Zuwanderung und keine Aufnahme von Asylbewerbern in Frankfurt, die über den Königsteiner Schlüssel hinausgeht, also dem Pensum, das uns durch das Land Hessen ohnehin zugewiesen wird. Auch weil die Aufnahmemöglichkeiten erschöpft sind und wir schon über 8.900 Haushalte mit etwa 22.800 Menschen haben, die in unserer Stadt auf eine Sozialwohnung warten.
Mit dem Lostreten der Flüchtlingswelle 2015 kippten die Zustände im Frankfurter Bahnhofsviertel ins desaströs Kriminelle. Eine Vielzahl der Drogendealer sind Merkels Flüchtlinge. Jetzt rufen die Medien die nächste Flüchtlingskrise aus. Ist das Bahnhofsviertel noch zu retten?
Sicherlich hat die Flüchtlingswelle 2015 zu einer Verschlechterung der Zustände beigetragen, gekippt ist das Bahnhofsviertel aber endgültig durch Corona. Seitdem sind die Zustände dort wirklich unerträglich. Durch ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Politik, Polizei, Justiz und Sozialarbeit kann das Viertel aber wieder zu einem Ort für alle Menschen werden.
Welche Chancen sehen Sie mit der Einführung der neuen Gebietskategorie „Urbanes Gebiet“ im Jahr 2017 für die Innenentwicklung von Frankfurt?
Sehr große Chancen, da wir ca. 260 Hektar untergenutzte oder brachliegende Gewerbeflächen in Frankfurt haben, mit teilweise nicht mehr funktionalen Bebauungsplänen. Um Wege zu minimieren und Ressourcen zu sparen, könnten wir durch eine Neuordnung bestehender Bebauungspläne und der Nutzung dieser vom Bundesgesetzgeber geschaffenen Gebietskategorie Wohnen und Arbeiten in unserer Stadt wieder stärker zusammenbringen.
Das 1500 Wohneinheiten starke Quartier „Günthersburghöfe“ im Frankfurter Norden sollte ein Modellstandort hinsichtlich Bauweise, Energieeffizienz und Mobilität werden. Doch die grüne Basis beerdigte das innovative Projekt. Wie geht es weiter?
Ich bedauere das hoffentlich nur vorläufige Ende dieses Projekts, da es ein sinnvoller Weg der Innenentwicklung gewesen wäre. Eins ist klar: Wir brauchen mehr Zuverlässigkeit der politischen Akteure in der Planungspolitik, sonst kommen wir beim Wohnungsbau in Frankfurt nicht voran.
Wie und warum wollen Sie die Dezernate neu zuschneiden?
Die Macht und die Möglichkeit der Grünen sind zu begrenzen, insbesondere hinsichtlich ihrer Verkehrspolitik, bei der man sich mittlerweile wie ein Versuchskaninchen vorkommt. Die Zuständigkeit für das Dezernat Planen, Wohnen und Bauen werde ich zur Chefsache machen und selbst übernehmen.
Was ist ämter- bzw. dezernatsübergreifend zu erreichen?
Da ich aus der Wirtschaft komme, schätze ich eine interdisziplinäre Vorgehensweise, da sich viele Probleme in Frankfurt, wie im bereits angesprochenen Bahnhofsviertel, nur so lösen lassen. Auch hängen Mobilität und Stadtentwicklung unmittelbar zusammen, so dass Stadtentwicklung nur im Einklang mit einer integrierten Verkehrsplanung gelingen kann.
Wie verhalten Sie sich als OB, wenn Eintracht Frankfurt die Champions League gewinnt? Wer darf auf den Rathaus-Balkon?
(lacht) Diese Frage würde ich im Vorfeld sehr sorgfältig mit dem Protokoll abstimmen.
Ein vietnamesisches Sprichwort besagt: „Selbst der kleinste Floh kann den größten Hund verrückt machen.“ Beschreibt das zutreffend Ihre Außenseiterchance als OB-Kandidat?
Ja, wir sehen uns ja sozusagen als Stachel im Fleisch der etablierten Parteien. Bei der neuen Altstadt hat man gesehen, was so ein kleiner Floh erreichen kann.
Meine letzte Frage: Braucht Frankfurt überhaupt einen vom Volk gewählten OB, der unter den jetzigen Umständen ohne eine Art von Richtlinienkompetenz wohl keine Machtgrundlage im Stadtparlament hat, da sich unglaubliche 10 Fraktionen und zwei Einzelstadtverordnete die 93 Sitze im Parlament teilen? Kritiker sprechen von Weimarer Verhältnissen oder Parteiensalat.
Als Erstes begrüße ich es selbstverständlich, dass die 5% Marke für kleine Parteien auf kommunaler Ebene gefallen ist. Denn dadurch wird der Wählerwille im Stadtparlament auch tatsächlich abgebildet. Unregierbar ist Frankfurt dadurch ja nicht geworden. Eine Vierer-Koalition, so wie wir sie heute im Römer haben, hat es im Übrigen schon einmal in Frankfurt gegeben, und zwar 2001, damals aus CDU, SPD, Grüne und FDP. Um auf die Rolle des Oberbürgermeisters zu kommen: Er hat zuallererst eine Vorbildfunktion für alle Frankfurterinnen und Frankfurter!