Becker vs. Josef: Drei Wochen Langeweile

Bei der Stichwahl droht geringe Beteiligung

Becker vs. Josef: Drei Wochen Langeweile

Hübners Frankfurter Woche – Folge 74

An der ersten Runde der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt am Main beteiligten sich nur 40,4 Prozent der Wahlberechtigten, die anderen mehr als 300.000 von ihnen machten von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch. Damit war die Beteiligung an der Entscheidung, wer Feldmanns Nachfolger im Amt werden soll, geringer als bei dessen Abwahl. Ein Großteil der Frankfurter Wahlberechtigten verzichtete somit darauf, sich für einen der 20 OB-Kandidaten zu entscheiden, unter denen alle politischen Strömungen vertreten waren. Offenbar hält es eine deutliche Mehrheit in der Vielfalt-Metropole nicht für wichtig, wer den Magistrat leitet und Frankfurt repräsentiert. Der Eindruck, daß dieser Makel weder die lokalen Medien noch die etablierten Parteien sonderlich umtreibt, ist nicht von der Hand zu weisen.

Nun deutet vieles darauf hin, daß bei der am 26. März anstehenden Stichwahl zwischen Uwe Becker (CDU) und Mike Josef (SPD) die Wahlbeteiligung noch weiter sinken dürfte. Denn beide Politiker, die in der letzten Wahlperiode in der schwarz-grün-roten Koalition im Magistrat eng zusammengearbeitet haben, trennt inhaltlich wenig. Und was sie doch unterscheidet, können sie als Oberbürgermeister - ein Amt mit sehr begrenzten Kompetenzen - kaum wirksam werden lassen. Im Grunde genommen geht es am 26 März nur noch darum, wer künftig die Goldene Amtskette des Römer-Chefs tragen darf: Der brave CDU-Parteisoldat Becker, ein Politiker ohne eigene Ideen, oder der zungenfertige SPD-Karrierist Josef, der sich nur allzu gerne mit einem neuen Stadtteil im Frankfurter Nordwesten ein Denkmal setzen möchte.

Letzteres allerdings könnte Josef paradoxerweise in seiner jetzigen Funktion als Planungsdezernent eher erreichen als im Amt des Oberbürgermeisters. Kümmern wird ihn das aber nicht, denn das neue Amt wäre ein weiterer großer Karriereschritt für den Sohn syrischer Einwanderer. Sein Rivale Becker, 13 Jahre älter, hält sich schon seit längerem für das bestmögliche Frankfurter Stadtoberhaupt, musste aber bei vergangenen Wahlen vor innerparteilicher Konkurrenz zurückstehen und das Feldmann-Jahrzehnt hinter sich bringen. Mit ihm im Amt wären übrigens alle etablierten Parteien im hauptamtlichen Magistrat vertreten, das faktische politische Kartell also auch dort komplett.

Für Becker, Josef wie die Frankfurter Wähler dürften die beiden verbleibenden zwei Wochen bis zur Stichwahl eher quälend und langweilig ausfallen. Denn die beiden Kontrahenten müssen in dieser Zeit Differenzen in einem Ausmaß simulieren, die es inhaltlich zwischen ihnen gar nicht oder nur in marginaler Form gibt. Und noch weitere zwei Wochen bleiben alle Ecken und Enden der Stadt mit Plakaten verunstaltet, auf denen nichts sagende Slogans und kaum oder gar nicht einlösbare Versprechungen zu lesen sind. Becker gegen Josef, das wird eine zähe Angelegenheit, die keine Leidenschaften erwecken kann. Und weit mehr als die 300.000 wahlberechtigte Frankfurter, die am 5. März nicht zur Wahl gegangen sind, werden einfach nur froh sein, wenn dann endlich alles vorbei ist.

Wolfgang Hübner

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