KRITIK AN DIESJÄHRIGEM BÖRNE-PREISTRÄGER

Offener Brief an FAZ-Mitherausgeber Jürgen Kaube

KRITIK AN DIESJÄHRIGEM BÖRNE-PREISTRÄGER

Hübners Frankfurter Woche – Folge 84

Offener Brief an FAZ-Mitherausgeber Jürgen Kaube


Sehr geehrter Herr Jürgen Kaube,

Sie haben das Privileg gehabt, den diesjährigen Preisträger des Ludwig-Börne-Preises zu bestimmen. Dieser wird von der Ludwig-Börne-Stiftung für hervorragende Leistungen deutschsprachiger Autoren in den Bereichen Reportage, Essay und Kritik vergeben. Ihre Wahl fiel auf den Grünen-Politiker sowie Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, was zumindest als verwunderlich zu bezeichnen war.  

In Ihrer Begründung für die Vergabe an Minister Habeck haben Sie gesagt, seine Äußerungen seien von gesellschaftswissenschaftlich informierter und lebensweltlich grundierter Reflexion geprägt: "In den Zwängen der Politik erkämpft er sich auf beeindruckende Weise Freiräume durch Nachdenklichkeit“. Im Lichte der politischen Entwicklungen und Enthüllungen der letzten Wochen, die Ihnen als Journalist und Mitherausgeber der FAZ gewiss bestens bekannt sind, sowie der Rolle Minister Habecks darin, klingt dies für unzählige Menschen in Deutschland wie Hohn.

Und gewiss werden Sie längst selbst erhebliche Zweifel an Ihrer Entscheidung bekommen haben. Nun rächt es sich, erstmals in der Geschichte des Ludwig-Börne-Preises einen noch aktiven, in hoher staatlicher Verantwortung stehenden Politiker nominiert zu haben. Die für den 11. Juni angesetzte Preisvergabe an Robert Habeck in der Paulskirche würde im Falle ihrer Realisierung großes Unverständnis und sicher auch berechtigte Proteste zur Folge haben.

Im Namen und mit der Unterstützung vieler Mitbürger - nicht nur in Frankfurt, sondern in ganz Deutschland - gebe ich Ihnen zu bedenken, unter den jetzigen Umständen auf die Preisverleihung an Minister Habeck zu verzichten. Andernfalls würde nicht nur der Ludwig-Börne-Preis, sondern auch Sie selbst in Ihrer diesjährigen Funktion als Bestimmer des Preisträgers Schaden erleiden.

Halten Sie es besser mit dem weisen Chinesen Konfuzius: „Handle schnell, wenn es gilt, einen Fehler zu berichtigen“.
 

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Hübner

Frankfurter Stadtverordneter 2001 bis 2016
2005 „Vater“ der Neuen Altstadt in Frankfurt am Main   


Cc.: Ludwig-Börne-Stiftung

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