10.000 neue Bäume für Frankfurt – aber wie?
Römer-Koalition mit nur plakativem Beschluss

Hübners Frankfurter Woche – Folge 85
In den Jahren 2018 bis 2022 ist das Stadtgebiet von Frankfurt um nicht weniger als rund 10.000 Bäume ärmer geworden. Dass ist in den Zeiten einer Klimaveränderung mit den sehr trockenen Sommern der letzten fünf Jahre keine gute Entwicklung. Und längst nicht alle verlorenen Bäume sind deshalb gefällt worden, weil sie infolge von Wassermangel und Pilzbefall nicht mehr zu retten waren. Denn viele grüne Schattenspender fallen jedes Jahr dem Wachstum an Wohn- und Gewerbefläche sowie Verkehrswegen oder unterirdischen Leitungsarbeiten zum Opfer.
Wenn nun die Römer-Koalition aus Grünen, SPD und FDP mit Unterstützung der großen Mehrheit im Umweltausschuss der Stadtverordneten beschlossen hat, bis 2030 im Stadtgebiet 10.000 neue Bäume zu pflanzen, dann ist das kein großer Schritt in eine grünere Stadt mit besserem Mikroklima, sondern nur der Versuch, das frühere Niveau des Baumbestandes wieder zu erreichen. Das ist alles andere als eine gute Bilanz der Frankfurter Umweltpolitik, die seit vielen Jahren ausgerechnet von den Grünen im Umweltdezernat bestimmt wird.
Doch so richtig gestört hat das weder die früheren grünen Dezernentinnen Jutta Ebeling und Manuela Rottmann noch die aktuelle Amtsinhaberin Rosemarie Heilig. Denn sonst hätten sie heftiger gegen die Unterfinanzierung des Grünflächenamtes protestiert, die eine schon lange notwendige intensivere Pflege des Baumbestandes verhindert. Und es ist bezeichnend, daß Heilig bei der Diskussion um Neupflanzungen darauf aufmerksam gemacht hat: „Wir sind eine wachsende Stadt“. Womit sie nicht wachsende Bäume, sondern die wachsende Zahl von Einwohnern gemeint hat.
So lange Bäume nicht wählen dürfen, aber neue Einwohner auch potentielle Grünwähler sind, wird sich an der Misere nicht viel ändern. Es werden ohnehin viele Jahre vergehen, bis die geplanten Neupflanzungen ihre ökologisch segensreiche Wirkung zu entfalten vermögen. Ob das jedoch allen neuen Bäumen gelingen wird, ist mehr als ungewiss: Mangelnde Pflege oder Bedarf für künftigen Wohn- und Verkehrsraum kann ihrer Entwicklung rasch ein jähes Ende setzen. Es wird schon schwierig genug sein, überhaupt geeignete Plätze für Neupflanzungen zu finden, unter denen die Bäume ihr Wurzelwerk ausbreiten können.
Wer ernsthaft eine baumreichere, grünere Stadt haben will, muß dem Wachstum Grenzen setzen. Dazu sind weder die Grünen noch SPD oder CDU bereit. Deshalb ist der recht medienwirksame Beschluss, bis 2030 in Frankfurt 10.000 neue Bäume zu pflanzen, faktisch eine Irreführung der Öffentlichkeit. Bis 2030 werden übrigens mindestens weitere 10.000 alte Bäume dem Wachstum oder der Vernachlässigung ihrer Pflege zum Opfer gefallen sein. Aber darüber wird politisch lieber geschwiegen.
Wolfgang Hübner