DGB-Chef vergreift sich in Ton und Diktion

Demokratie ist in Frankfurt für alle da

DGB-Chef vergreift sich in Ton und Diktion

Hübners Frankfurter Woche – Folge 88

Kürzlich hat an einem Montagabend an der Paulskirche eine sogenannte „Mahnwache“ stattgefunden. Wofür oder wogegen sollte gemahnt werden? Für die Beendigung des Sanierungsstaus an vielen Frankfurter Schulen? Für Straßen ohne Risse und Schlaglöcher? Gegen die zunehmende Verschmutzung der Stadt? Gegen die anhaltende politische Unfähigkeit der Realisierung einer überfälligen Brauchwasserversorgung, um wertvolles Trinkwasser zu sparen? Mitnichten. Denn aufgeschreckt von bundesweiten Wahl- und Umfrageerfolgen einer in Frankfurt bislang kleinen und einflusslosen Partei hatten sich Vertreter einiger linker Parteien und Organisationen zum Protest gegen diese Entwicklung zusammengefunden.

Man geht wahrscheinlich nicht fehl in der Annahme, daß diese „Mahnwache“ auch etwas mit dem nahenden Wahlkampf für die hessische Landtagswahl zu tun hatte. Darüber aber redeten Sprecher der Grünen und der Linkspartei an diesem Abend nicht. Vielmehr nahmen sie faktisch einmal mehr das Recht für sich in Anspruch, darüber zu befinden, wer demokratisch ist und wer nicht. Da ich in den vielen Jahren meiner aktiven politischen Arbeit mit dieser Selbstüberhebung ausreichende Erfahrungen gemacht habe, bin ich in dieser Beziehung besonders hellhörig und sensibel. Denn es steht keiner Partei im Römer zu, dieses Recht zur Ausgrenzung und Diffamierung demokratischer Kräfte auszuüben.

Zwar ist es legitim, im politischen Wettbewerb scharfe und auch polemische Kritik an Konkurrenten und Gegnern zu artikulieren. Doch diese zum Objekt von „Mahnwachen“ zu machen, ist Zeichen von Hysterie und mangelndem Demokratieverständnis. Und wenn dann noch der Frankfurter DGB-Vorsitzende eine ihm mißliebige Partei zum „rassistischen Scheißverein“ erklärt, disqualifiziert er sich selbst und beleidigt in unerträglicher Weise die Wähler dieser Partei, von denen manche auch DGB-Mitglieder sind. Außerdem sollte mittlerweile hinlänglich bekannt sein, daß eine solche "Negativwerbung" letztendlich sogar Werbung für diejenigen ist, gegen die man "mahnt".

Leider gehört es in Frankfurt schon seit vielen Jahren zur politischen Unkultur, bestimmten gesellschaftlichen Kräften einfach das Existenzrecht absprechen zu wollen. Zuletzt war das wieder der Fall bei der Diskussion um die geplante Veranstaltung studentischer Burschenschaften in der Paulskirche. Doch die Demokratie ist -mit Ausnahme gerichtlich verbotener Kräfte und Organisationen- für alle da! Denn über das Existenzrecht von Parteien entscheiden weder Grüne noch Linke und schon gar nicht ein wildgewordener DGB-Funktionär, sondern der freiheitliche Rechtsstaat des Grundgesetzes: Auch und gerade in Frankfurt, der Stadt der Paulskirche.


Wolfgang Hübner

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