Die "Occupy"-Proteste: Nicht mehr als alter Wein in neuen Schläuchen
Die traditionelle Linke wittert Morgenluft

Wenn hiesige Medien bereits massiv darüber berichten, wenn einige hundert Studenten und Gewerkschaftsfunktionäre in New York demonstrieren, dann weiß man schnell, welche Sympathien bedient werden. So ist die so genannte "Occupy Wall Street"-Bewegung denn auch weniger aus der Unruhe der Bürgermassen entstanden, denn ein von den linksliberalen Medien massiv protegiertes Phänomen. „Occupy Wall Street“ soll, so wird auch offen zugegeben, die amerikanische Gegenkraft zur in den hiesigen Medien weit weniger beachteten konservativen "Tea Party Bewegung" darstellen, somit letztlich eine Art vorpolitische Unterstützertruppe für den kommenden Wahlkampf der Obama-Regierung bilden.
Nun ist die Welle nach Europa herübergeschwappt, und hat auch in Frankfurt zu einem Zeltcamp am Euro-Denkmal geführt. Da es sich hingegen nicht um einen bürgerlichen Protest handelt, sondern um eine schon jetzt von der Linken okkupierte Protestbewegung, werden folglich auch keine seriösen Lösungsansätze gegeben. Doch in Zeiten, in denen sich beispielsweise hohe CDU-Funktionäre bereits mit Freude über das Aufkommen einer neuen (Piraten-)Partei auslassen, weiß man, dass "Protest" in vielfältiger Form erlaubt ist, so lange er nichts wirklich am Lauf der Dinge zu verändern trachtet. Manch unbedarfte Bürger mögen sich aus Unwissenheit den "Occupy"-Protesten anschließen, vor allem weil die Medien sie erst darauf aufmerksam machen und somit ihren Unmut auf diese Weise kanalisieren. Doch in Wirklichkeit sind die "Occupy"-Proteste bislang nicht viel mehr als das übliche linke Spektakel. Junge Protestler, die in ihrem Leben nur Wohlstand kennengelernt haben, tanzen zu Sirtaki-Klängen herum und verteilen falsche Euro-Banknoten. Die Regenbogenfahne wird geschwenkt und Goa-Techno über den Platz geschallt. Alles alte Kammellen, und man kann fast nur noch darüber lachen, wie unbewusst diese geistigen Restbestände der alten Zeiten angesichts der auf sie zukommenden Prüfungen sind.
Somit dienen diese Proteste vor allem dazu, den Beteiligten Spaß zu machen und alte Affekte zu bedienen:
- Einige Leute der linken Szene haben mal wieder eine Gelegenheit, die übliche Straßenparty zu veranstalten. Die Inhalte sind dabei so austauschbar wie nutzbar. Das exakt gleiche Spektakel würden sie auch zu Themen à la "für Frieden - gegen Bundeswehr", "Bleiberecht für alle Flüchtlinge", "gegen Rechts", "gegen Sozialabbau", "gegen mehr Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr" oder "für Tanzen an kirchlichen Feiertagen" durchführen. Den Gemäßigteren bietet sich nun ein Anlass für weitere "witzig" gemeinte Aktionen, Camps und Tanzabende. Die Radikaleren haben nun mal wieder - wie in Italien gesehen - Gelegenheit, Steine gegen Polizisten und Geschäfte zu schmeißen. Andere können das alte Lied der brutalen Polizei anstimmen, die ihnen so arg zugesetzt hat.
- Die traditionellen Linken wittern die Morgenluft für einen möglichen antikapitalistischen Rückschlag. Die Niederlage des kommunistischen Systems in den Jahren 1989/90 ist immer noch nicht verwunden, und so sieht man nun seine Zeit für eine - wie auch immer geartete - Rekonstruktion des Sozialismus, also der guten, alten DDR gekommen.
- Hinzu kommt "attac" mit seiner alten Forderung nach einer "Finanztransaktions"- oder "Tobin-Steuer", doch dieses schwache Instrumentarium dürfte sich kaum mäßigend auf die Weltmärkte auswirken.
Die Anführer der "Occupy"-Proteste möchten, das kann man einigen Stellungnahmen entnehmen, keine wirklichen Reformen vornehmen, die die Ersparnisse und soziale Situation der Bürger schützt. Von Kritik an der Ausweitung des Euro-Rettungsschirms, ja überhaupt dieser Währungskonzeption ist dort nicht die Rede. Diese Leute möchten am liebsten alles, vor allem den Sozialstaat in jetziger Form ausbauen, indem sie die Neuverschuldung damit praktisch erhöhen. Das allerdings wäre die im höchsten Maße unsoziale Politik gegenüber den Bürgern und kommenden Generationen. Es werden alte Forderungen nach Umverteilung laut. Doch was soll umverteilt werden, wenn es nicht im Verhältnis zu einer realen Wertschöpfung steht? Welches Geld soll für die vielfältigen staatlichen Ausgaben zur Verfügung stehen, wenn es durch inflationäre Entwicklungen zerrinnt, wie Sand zwischen den Fingern?
Manche in der Presse dokumentierten Äußerungen von Kundgebungsteilnehmern zeugen von einem Höchstmaß an Naivität und ökonomischen Unverständnis angesichts der bedrohlichen Lage. "Die Vision ist eine direktere Demokratie", sagt da zum Beispiel angeblich einer, "in der die Bürger sich das Wirtschaftssystem nach ihren Vorstellungen formen und nicht umgekehrt." Ganz so also, als ob sich irgendwelche Bürger das Wirtschaftssystem eines Kontinents nach irgendwelchen halbgaren persönlichen Vorstellungen oder demokratischen Mehrheitsentscheiden mal eben so kreieren könnten. Man kann sich die Folgen eines solchen Kasperle-Zirkus für ein hochkomplexes System, das Millionen von Menschen mit Nahrung, Konsumgütern, Infrastruktur und Energie versorgen muss, lebhaft vorstellen. Die DDR wäre ein Schlaraffenland dagegen.
Währenddessen taumelt nun der Produktionsriese China - mit noch unberechenbaren Folgen für uns. Umso mehr sind deshalb seriöse und umsichtige bürgerliche Kräfte aufgerufen, die Reform unseres Währungs- und Wirtschaftssystems weder den bedenkenlos agierenden politischen Eliten in Berlin noch den naiven linken Protestlern zu überlassen.
Marlis Lichtjahr