Mit Deutschland rutscht auch Frankfurt ab

Im Römer muss die Realität einziehen

Mit Deutschland rutscht auch Frankfurt ab

Hübners Frankfurter Woche – Folge 91

Weite Kreise der in Frankfurt derzeit regierenden Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt, aber auch deren Wähler vermeiden es nach Möglichkeit zu sagen, daß unsere Stadt mitten in Deutschland liegt. Sie bekennen lieber: „Ich bin Frankfurter“. Das soll eine Distanzierung ausdrücken, die auch mit der Zusammensetzung der Stadtbevölkerung aus einem Großteil von Einwanderern und Ausländern zu tun hat. Ein wenig Hochmut und grünlinke Vaterlandsverachtung spielen in dieser Distanzierung jedoch auch mit. In Wahrheit wird so eine Illusion gepflegt.
 
Denn Frankfurt ist letztlich wirtschaftlich nur so stark und sozial nur so leistungsfähig wie es Deutschland insgesamt ist. Und um beides sieht es gar nicht gut aus. Rezession und Inflation plagen das Land, seine außenwirtschaftliche wie auch außenpolitische Bedeutung schwindet. Und das alles unter einer Regierung, deren Koalitionspartner fast exakt ebenso zusammengesetzt ist wie die Koalition im Römer. Das sind schlechte Voraussetzungen für die Frankfurter Politik zu begreifen, daß die guten Jahre vorbei sind.
 
Wer aufmerksam durch die Innenstadt geht, kann leere Läden und eine Verwahrlosung des Straßenbilds nicht ignorieren. Zwar wird weiter gebaut, nicht zuletzt in die Höhe. Ob allerdings all die Büros in Zukunft noch gebraucht und vermietet werden können, ist zu bezweifeln. Und der Bau bezahlbaren Wohnraums für Normalverdiener ist fast zum Erliegen gekommen. In keiner anderen deutschen Großstadt wird so eng beieinander gewohnt wie in Frankfurt.
 
Es gibt jedoch noch andere Indizien, für ein Abrutschen der Mainmetropole, die so gerne auch eine Weltmetropole wäre: In der alljährlichen Rangliste einer britischen Wirtschaftszeitung von internationaler Bedeutung ist Frankfurt unter den „lebenswertesten Städten der Welt“ vom sehr guten siebten Rang auf den 17. Rang deutlich abgesunken. Und aktuell beunruhigen auch negative Bewertungen der Stadt ausgerechnet dort, wo sie vermeintlich ihre besondere Stärke zu haben glaubt, nämlich als Finanzzentrum.
 
Denn auch in dieser Funktion hat Frankfurt neuerdings deutliche Bedeutungsverluste. Sollte die deutsche Wirtschaft weiter abrutschen, wonach es leider aussieht, dann wird das Frankfurt mit nach unten ziehen. Für die Stadtpolitik wird das eher über kurz als über lang schmerzliche Einnahmeverluste bei der für Frankfurt so wichtigen Gewerbesteuer nach sich ziehen. Doch selbst wenn das nicht der Fall sein sollte: Um im internationalen Wettbewerb mit anderen Metropolen bestehen zu können, muss Frankfurt gewaltige Investitionen im Verkehr, Wohnungsbau oder Kultur stemmen.
 
Das Geld dafür fällt nicht vom Himmel. Und die städtischen Schulden sind ohnehin schon belastend genug. Im Römer wie in der gesamten Stadt dürfen nicht mehr Genderdiskussionen oder der Vorrang für Radwege die Diskussion bestimmen, sondern die Realitäten einer Krise Deutschlands, die auch eine Krise Frankfurts sein wird bzw. bereits schon ist.  

 
Wolfgang Hübner

Leserkommentare (1)

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In gewisser Weise halte ich das Regieren im Römer für folgerichtig. Ist doch längst ausgemacht, dass es mit diesem Finanz- und Wirtschaftssystem für Deutschland und allen voran auch für Frankfurt nicht weitergehen soll.
Das neue "Finanz"-System steht bereits in den Startlöchern, vorher soll noch ordentlich geplündert werden (Auftrags-Vergabe an diverse Unternehmen). Das sieht man weltweit aber eben auch auf lokaler Ebene.
Blechen werden ganz am Ende die, die aktuell noch etwas besitzen - teilweise bereits in der Elterngeneration unter Verzicht hart Erarbeitetes.
BlackRock und Co haben es lange schon auf die Immobilien in Europa abgesehen. Klima ist hier nur ein Vorwand.
Frankfurt hat sich als eine von paar Städten selbstverpflichtet, besonders strenge Kriterien zu erfüllen.
Da geht es dann formal um (fast) keinen Fleischkonsum mehr, (fast) keinen Flugverkehr und keinen privaten Autoverkehr mehr. Mein Verdacht ist, dass man am Ende sagen wird "Ok, das ist kein Weg, wie wollen wir also alternativ CO2 einsparen? Gut, dann eben nochmal stärker bei den Immobilien und kleinen Unternehmen".
Es geht um Umverteilung nach ganz, ganz oben, aber das sagt natürlich niemand, stattdessen geht es dabei dann immer um "Inklusion", "Gleichheit" und "Klima".