Ein wohlverdienter Untergang

Satiremagazin „Titanic“ auf Konkurs-Kurs

Ein wohlverdienter Untergang

Hübners Frankfurter Woche – Folge 95

Frankfurt ist viele Jahre die erste Satireadresse in Deutschland gewesen. Dafür garantierten die genialen Köpfe der „Neuen Frankfurter Schule“ um Robert Gernhardt, Eckard Henscheid oder Chlodwig Poth. Sie und andere sorgten auch für den Ruhm der satirischen Zeitschrift „Pardon“, zu deren begeisterten Lesern ich ebenso gehörte wie zu ihrem 1979 gegründeten Nachfolger, dem Satiremagazin „Titanic“. Nun steht die nach einem gesunkenen Ozeandampfer benannte „Titanic“ selbst vor dem Untergang.
 
Das Magazin macht Monat für Monat hohe Defizite, 15.000 Exemplare verkaufte Auflage sind zu wenig, die Papier- und Druckkosten haben sich stark verteuert. Jetzt sollen ganz schnell 5000 neue Abonnenten das weitere Erscheinen retten, was allerdings mehr als unwahrscheinlich ist. Denn die „Titanic“ hat schon lange nicht mehr den satirischen Biss und Witz von einst, sondern ist zu einem fast schon linksextremen Blättchen geworden.
 
Wenn auf der Titelseite der Septemberausgabe 2023 drei AfD-Politiker mit der Schlagzeile „Die Turbo-Endlösung wuppen“ gezeigt werden, hat das mit Satire nichts, mit zynischer Agitation aber sehr viel zu tun. Schon seit Jahren haben die unbegabten Nachfolger der legendären Gründergeneration von „Pardon“ und „Titanic“ ihre Chance ungenutzt gelassen, alle Seiten des politischen und gesellschaftlichen Spektrums in den satirischen Fokus zu nehmen. Dabei hätten gerade linke und linksliberale Kreise ein prächtiges Zielobjekt für die Schreiber und Zeichner des Magazins abgegeben.
 
Ich selbst habe schlagartig den Kauf der „Titanic“ Anfang des Jahres 2015 beendet, weil deren Redaktion nach dem Terroranschlag auf das französische Satireblatt „Charlie Hebdo“ in Sachen Solidarität und Islamkritik jämmerlich gekniffen hatte. Schon in den Jahren zuvor war allerdings die politische Schlagseite der „Titanic“ immer deutlicher geworden. Meist war der Unterhaltungswert auf zwei, drei Beiträge beschränkt. Doch alten Lieben hält man bekanntlich gerne länger die Treue.
 
Mehr denn je bräuchte das Deutschland von Piratenkanzler Scholz, der „körperlich reichlichen“ (Thomas Mann) Antifa-Frau Faeser oder dem psychopathischen Gesundheitsminister Lauterbach erfrischende Satire, die dem Wahnsinn der Realität gewachsen wäre. Doch die „Titanic“ in ihrer heutigen geistigen Schlicht- und Ängstlichkeit ist dazu nicht entfernt in der Lage.
 
Der Untergang der „Titanic“ 1912 war zwei Jahre vor dem Ersten Weltkrieg eine symbolschwere Katastrophe. Der voraussichtliche Untergang des Magazins „Titanic“ wiegt viel leichter, passt aber zum laufenden Niedergang Deutschlands irgendwie ganz gut.
 

Wolfgang Hübner

Leserkommentare (1)

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Die Linke hat sich komplett umkrempeln lassen. Die Titanic zähle ich einfach mal dazu.
Wahrscheinlich hatten die auch einfach, wie alle Zeitungen, keine Einkünfte mehr, da waren dann Financiers wie die Bill & Melinda Gates Stiftung (siehe Spiegel) sicher sehr willkommen.