Frankfurter Buchmesse ohne Vielfalt
Missliebige Verlage meiden Gewalt und Diskriminierung
Hübners Frankfurter Woche – Folge 96
Linke und grüne Kreise werden das als eine gute Nachricht interpretieren: Sogenannte „rechte“ Verlage werden auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse im Oktober fast überhaupt nicht mehr vertreten sein. Das ist die Folge jahrelanger, teils auch gewalttätiger Angriffe gegen Aussteller, die Sachbücher und Literatur herausbringen, die vor der angemaßten Zensur in diesem Milieu keinen Gefallen finden. Entscheidend für den Rückzug von interessanten Verlagen - wie zum Beispiel Antaios aus Schnellroda - ist jedoch die fehlende Rückendeckung durch die Messeleitung und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels.
Zwar haben sowohl die Frankfurter Buchmesse GmbH wie auch der Börsenverein betont, Marktteilnehmern schon alleine aus kartellrechtlichen Gründen die Teilnahme nicht verweigern zu dürfen. Tatsächlich wurden jedoch in den vergangenen Jahren die missliebigen Aussteller an unattraktive Plätze in den Messehallen verbannt und vor aggressiven Attacken oder Blockaden aus dem linksautonomen Spektrum nur unzureichend geschützt. Wenn Verlage aufgrund dieser Erfahrungen zum Schluss kommen, sich Gewalt und Diskriminierung zu ersparen, ist das zwar verständlich, aber ein verheerendes Zeugnis für die demokratische Vielfalt auf der einstmals stolzen Frankfurter Buchmesse.
Ganz vorne dabei bei der Vertreibung der Verlage waren die Frankfurter Grünen. Das hat nun deren Fraktionsvorsitzende im Römer, Tina Zapf-Rodriguez, noch einmal unter Beweis gestellt: „Auch sollten alle rechtlichen und formalrechtlichen Mittel ausgeschöpft werden, um die Anwesenheit rechtsextremen Gedankenguts auf der Frankfurter Buchmesse zu verhindern“. Welches Gedankengut „rechtsextrem“ sein soll, entscheiden selbstredend Grüne und Linke allein. In der Regel richtet sich deren Urteil gegen alles, was mit ihren eigenen Weltbildern nicht übereinstimmt. Diese Kreise sind auch alarmiert, weil „rechtes“ Gedankengut immer mehr Beachtung findet. Kein Wunder, hebt sich dieses sowohl inhaltlich als auch intellektuell in der Regel wohlwollend positiv von den in der Praxis längst blamierten - weil krachend gescheiterten - linken und grünen Utopien ab.
Für den Zustand der Demokratie in Frankfurt ist die Absage der Verlage ein schlechtes Zeichen. Denn die Stadt der Paulskirche, Goethes sowie der Philosophen Schopenhauer und Adorno war viele Jahre stolz darauf, ein Zentrum des Geistes und der Gedankenfreiheit zu sein. Davon ist wenig übriggeblieben, nicht zuletzt aufgrund von Feigheit und Opportunismus der Verantwortlichen in Politik und Institutionen. Die Freiheit stirbt nicht an einem Tag, aber sie stirbt siechend, wenn die sonst so vielbeschworene „Vielfalt“ auf der Frankfurter Buchmesse verunmöglicht wird.
Wolfgang Hübner