Der Prozess Arid Uka: Tage 2 und 3 (4. Teil)
Beweisaufnahmen
Vorwort:
In Frankfurt am Main findet seit dem 31. August der Prozess gegen den jungen muslimischen Flughafenattenäter statt, der aus religiös-politischen Motiven Anfang des Jahres zwei US-Soldaten getötet und zwei weitere lebensgefährlich verletzt hat. Die Tat und der Prozess sind von erheblicher Bedeutung für die Diskussion, ob der Islam zu Deutschland gehört und welche Folgen das haben kann.
Von besonderer Bedeutung für die FREIEN WÄHLER in Frankfurt ist, dass die Tat ausgerechnet in der Stadt geschah, in der wenige Monate zuvor das gesellschaftspolitische Ziel der Integration von Einwanderern aufgegeben wurde zugunsten eines "Vielfalt"-Konzepts, in dem die Integration von Muslimen und die damit verbundenen Probleme faktisch geleugnet wird.
Die offizielle Reaktion auf die Bluttat bei Frankfurter Politikern und Parteien, aber auch der meisten Medien war dann große Verlegenheit, gezieltes Herunterspielen des ungeheuerlichen Vorfalls und die Suche nach individualpsychologischen Erklärungen für das Handeln des Mörders, der in Frankfurt aufwuchs und sozialisiert wurde. Angeregt von meinem Vorschlag, verfolgt der Sozialwissenschaftler G. Andreas Kämmerer nun den Prozessverlauf und wird über alle Stationen Berichte und Analysen abgeben.
Für die Richtigkeit und Tendenz seiner mit Autorenrechten geschützten Texte zeichnet G. Andreas Kämmerer mit Namen verantwortlich. Seine Texte über den Prozessverlauf erscheinen auf dieser Seite ohne Kürzungen und inhaltliche Eingriffe oder Veränderungen. An der herausragenden sprachlichen und analytischen Qualität der Texte gibt es aus meiner Sicht keinen Zweifel. Doch die Leser mögen sich selbst ein Urteil bilden, für Reaktionen aller Art sind wir dankbar.
Wolfgang Hübner, Stadtverordneter
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Wie schon am Ende des 1. Prozesstages angekündigt wurde, gestalteten sich die Verfahrenstage 2 und 3 tatsächlich als Kurztermine mit ca. 90 Minuten Gesamtdauer und werden in diesem Bericht zusammengefasst. Beide Tage dienten der Beweisaufnahme bezüglich der Chat-Protokolle (Tag 2) und der waffentechnischen Beweissicherung (Tag 3).
2. Prozesstag
Sowohl Arid Uka als auch der Publikumsandrang zeigten sich am 2. Prozesstag von einer sehr entspannten Seite: während Arid Uka schon wieder ab und an in der Gerichtsverhandlung gegenüber der eigenen Rechtsanwältin und dem Rechtsanwalt lächeln konnte und erste Spuren eines neuen, talibankonformen Bartwuchses an seinem Kinn zu beobachten war, waren die Besucherreihen von Presse und Zuschauern gegenüber dem 1. Verhandlungstag soweit gelichtet, dass der Staats- und Personenschutz im Umfeld des Bruders von Arid Uka eine gefühlte Mehrheit der Anwesenden im Zuschauerraum bildete.
Im Verlauf der ca. 30 Minuten andauernden Beweisaufnahme am 14.09.2011 wurden Chat-Protokolle verlesen, die den Nachrichtenaustausch mittels Computerverbindung von Arid Uka mit diversen Gesprächspartnern im Zeitraum Oktober 2010 bis Ende Januar 2011 zum Inhalt hatten. Die Notwendigkeit und Wichtigkeit dieser speziellen Beweisaufnahme ergibt sich aus dem Gegenstand der Anklage, nämlich der allgemeinen Frage, von welchen Motiven Arid Uka getrieben wurde, seinen Terroranschlag gegenüber den amerikanischen Opfern auf deutschem Boden durchzuführen, und im Speziellen, inwiefern religiöse und politische Motive im islamischen Umfeld zu identifizieren sind und sich im Rahmen dieser Einflüsse die personale Verantwortung von Arid Uka qualifizieren und quantifizieren lässt.
Chatprotokolle
Natürlich reichen wenige Textausschnitte von Unterhaltungen, die im Internet geführt wurden, in keiner Weise aus, die komplexe Charakterstruktur einer Person unter Beweislast stellen zu können. Jedoch dürfte es im Rahmen einer Beweisaufnahme äußerst zielführend sein, im Sinne eines negativen Ausschlussverfahrens jene möglichen Motive zu hinterfragen, die für Arid Ukas Handlungsweise in Frage kommen könnten. Und in der Tat zeigen die protokollierten Gesprächsmitschnitte Arid Uka als Akteur einer in sich geschlossenen Gedankenwelt. Der Angeklagte erscheint darin in der Art und Weise und durch die Inhalte der ausgetauschten Kommunikation als eine Person, die sich schon weitgehend dem bewaffneten islamischen Kampf (Dschihad) zugeneigt hat, und mit ebenso am bewaffneten Kampf interessierten Gesprächspartnern Standpunkte diskutiert, in welcher Form ein Kampf gegen den ungläubigen Feind begründet, geführt und öffentlich verteidigt werden kann und muss.
Wenn es also so etwas wie einen imaginären Start-Knopf im Denken geben sollte, der durch Aktivierung aus einem Islamgläubigen einen Islamisten und aus einem Islamisten einen Dschihadisten werden lässt - um der offiziellen BKA-Taxonomie des religiös-politischen Schreckens in Deutschland zu folgen -, dann war jener Schalter im Kopf bei Arid Uka schon seit Längerem umgelegt und alle mentalen Räderwerke in die Mechanik der islamischen Kriegsführung eingerastet.
Für jene Sichtweise sprechen überdeutlich Chat-Aussagen in der Art, "in der rechten Hand den Koran und in der linken Hand die AK-47", ein Militärschnellfeuergewehr, oder, "wir sind Opfer und kämpfen gegen Kuffar", Gottesleugner, bzw. die protokollierte Aussage, dass eine Frau, die in Deutschland Islamunterricht gibt, "in guten alten Zeiten getötet worden wäre" und zeigen überdeutlich auf, dass der Angeklagte Arid Uka sich mit seinen Dialogpartnern zielführend über die Vorbereitung zur Kriegsführung unterhalten und diese sich in ihren Einstellung schon längst sehr weit von einer Auffassung demokratischer Willensbildung in unserem Staat verabschiedet haben: religiöse Standpunkte sollen durch Töten, durch Terror, durch Angst und Schrecken kommuniziert und realisiert werden. Bei diesen virtuellen Kriegsführungs- und Terrorphantasien Arid Ukas mit seinen Terrorfreunden im Netz war immer und jeder Zeit die eindeutige Begründungsgrundlage, die gedankliche Hintergrundblaupause der nicht zu interpretierende, wortwörtlich zu lesende Koran, zwischen Gläubigen und Ungläubigen, zwischen den Guten und den Schlechten, zwischen Angriff und Verteidigung unterscheiden zu können.
Ohne jene islamische, grundlegende Teilung der Welt in die guten Korangläubigen und die schlechten Nichtgläubigen - die im Koran durch die Differenzierung der Welt in das "Haus des Friedens" (es herrscht die Scharia) und in das "Haus des Krieges" (die Scharia muss noch erkämpft werden) zum Ausdruck kommen - ohne jene moralische Dichotomisierung der Welt in die Sphären Gut und Böse (wobei das Böse per se aggressiv das Gute angreift, so dass das Verteidigen-Müssen den logisch folgenden Regelfall darstellt), ohne jenen ethischen Kurzschluss im Kopf, der Logik und Aberglaube zu einer schwer zu trennenden Hasslegierung verschmelzen lässt, wäre dem Denken und Handeln Arid Ukas jegliche private Legitimität und persönliche Motivation entzogen - und der Arid Ukas gibt es Millionen auf dieser Welt.
Weitere Details aus den Chatprotokollen zeigen auf, dass sich Arid Uka im weitesten Sinne schon auf eine Tatdurchführung gedanklich eingeschossen haben musste. Denn anders ist nicht erklärbar, warum er in den Chatbeiträgen immer wieder die moralische Legitimierung einer möglichen terroristischen Tat thematisierte. So wurden in den Chatbeiträgen nicht nur der Umstand aufgeführt, dass Märtyrer, die im islamischen Kampf sterben, als vermeintlich umsichtige Familienmenschen einen besonders hochwertigen Status genießen, sondern auch aus dem privaten Bereich von Arid Uka angeführt, dass er in seiner Heimat Albanien durch seinen Großvater moralische Unterstützung erfahren würde. Überhaupt erschien das Motiv der moralischen Begründung möglicher Kampfhandlungen als treibende Kraft in der Chat-Kommunikation von Arid Uka. So wurden die Taliban in den Dialogen als "Kämpfer mit Herz" charakterisiert, die im Kampf gegen eine schiere militärische Übermacht der USA als eine besondere Art des Humanismus eingeschätzt werden müssten: Freiheitskämpfer eben, um die Ungläubigen weltweit zu töten und den Gottesstaat des Islam Anschlag für Anschlag, Terrorakt für Terrorakt einen blutigen Schritt näher zu bringen.
Bei diesen Terror-Chats fehlte auch nicht die übliche Dämonisierung der USA als einen Terroristen-Staat, der weltweit mehr Opfer zu verantworten habe als alle weltweiten Terroranschläge aus islamischen Motiven. Eine Rechnung, die lediglich dem Ziel dient, jeden Angriff gegenüber USA-Mitbürgern einen positiven Wert zu geben, und daher als ein Ausschnitt der vergangenen Kommunikation aufzeigt, dass Arid Uka und seine Terrorfreunde im Netz schon einen ganz bestimmten Feind im Fadenkreuz hatten: die Vereinigten Staaten von Amerika. In jenem gewaltätigen gedanklichen Kontext erscheint es nur folgerichtig, wenn Arid Uka in den Chatprotokollen mit den Aussagen zitiert wurde, er werde "mit Softair-Waffen das Abschießen trainieren gehen" und dass Märtyrer, die "Allāhu akbar" rufend sich in die Luft sprengen, ins Paradies einziehen werden: Eine Migration post mortem, die Arid Uka mangels Möglichkeiten zu seinem Unglück und dem Glück potentieller Opfer nicht vergönnt gewesen ist.
Privat, greifbar und gegenständlich wurden die protokollierten Aussagen von Arid Uka und seinen Terror-Freunden im Netz, als darüber gesprochen wurde, dass ein islam-konformes Beten mehrfach am Tag bei den Eltern Arid Ukas nicht so einfach zu realisieren gewesen sei und daher auch einmal ein PS3-Verbot bei Arid Uka im Elternhaus zur Diskussion gestanden haben soll. Ein Detail, das einerseits dazu geeignet erscheint, die Eltern Arid Ukas möglicherweise vom islamischen Kriegsgelüsten freizusprechen, andererseits jedoch in jenem Falle den Einflüssen außerhalb des Elternhauses eine besondere Wirkung zuschreiben würde. Wenn es aber das äußere Umfeld war, das Arid Uka islamisch indoktrinierte, ist zu fragen: welches Netzwerk im Umfeld Arid Ukas war es und wie lange konnte es den jungen Mann in seinen Fängen halten und auf seine Psyche einwirken? Weiterhin stellte sich im Falle der familiären Unauffälligkeit die Frage, welche Rolle Schule und deutsche Gesellschaft spielten in dem Unvermögen, einer schrecklichen Entwicklung Einhalt zu gebieten oder gar den Standpunkt zu vertreten, dass eine pädagogische oder gesellschaftspolitische Intervention gegenüber dem Islam nicht gewollt ist.
Verteidigung: "Dialoge!"
Von Seiten der Verteidigung wurde an diesem 2. Prozesstag nur ein einziger, aber bezeichnender Beitrag geleistet: Die Frage wurde mehr rhetorisch gestellt, dass es sich bei den Chatprotokollen wohl um "Dialoge" gehandelt hat. Natürlich soll mit dieser Frage der Verteidigungsstrategie Vorschub geleistet werden, dass in einem symmetrischen Kommunikations-Prozess (Dialog) Informationen in beide Richtungen ausgetauscht und somit eine wechselseitige Beeinflussung stattfinden kann: Arid Uka könnte somit grundsätzlich in seinem Denken zu seiner Tat überredet worden sein, soll die Zwischenfrage der Verteidigung bezüglich des Hindeutens auf eine Dialogsituation insinuieren. Dass die Chatprotokolle Arid Ukas jedoch als Wortführer und als durchaus ideologisch gefestigt und hoch motiviert erscheinen lassen, zeichnet ein ganz anderes Bild, als es der Verteidigung zupass kommen könnte.
Prozesstag 3
Der ca. 60 Minuten dauernde kurze 3. Verhandlungstag am 5.10.2011 widmete sich in der Beweisaufnahme der Tatwaffe, den gesicherten Patronen und Patronenhülsen sofern den Schmauchspuren (Schussrückständen) an Waffen und Munition und Tatort, und wurde von Seiten des Bundeskriminalamts vorgetragen, bzw. berichtet. Im Weiteren offenbarte Arid Uka am Ende des Prozesstages seine Einstellung zum islamischen Glauben im Allgemeinen und seine Einstellung zur Kriegsführung sowie zu seinem mittlerweile eingetretenen diesbezüglichen Sinneswandel im Speziellen.
Waffen, Patronen und Hülsen
Als herausragende Erkenntnis des 3. Tages (der seines Charakters nach trockenen und eher langweiligen Beweisaufnahme einer akkurat nummerierten und aufgelisteten Schar schier unzähliger Beweisobjekte und -spuren, Patronen, Patronenhülsen, Patronensplitter, Schmauchspuren usf.) erwies sich die Feststellung, warum die Tatwaffe von Arid Uka beim 5. Opfer eine Ladehemmung zeigte, und die Schussabgabe auf den Kopf eines Opfers zweimal verweigerte. Wie das Sachverständigengutachten vortrug, verwendete Arid Uka Patronen aus verschiedenen Herstellungsländern für seine 9-mm-Pistole - u.a. aus Finnland, der Tschechischen Republik, Italien und Korea. Eine dieser Patronen hatte eine derartig mangelhafte Ladung, so dass das funktionierende Prinzip des Nachladens der Pistole durch eine zu schwache Explosion der Vorgänger-Patrone außer Kraft gesetzt war - es kam (glücklicherweise) zu einer Ladehemmung, die vermutlich viele weitere Menschenleben rettete. Die Schlamperei eines Industriewerkes nichtdeutscher Qualitätsfertigung rettete somit - Gott, nicht Allah, sei Dank - Menschenleben.
Fragen an Arid Uka
Nach der erhellenden Aufschlüsselung der schicksalhaften Verkettung glücklicher Umstände munitionstechnischer Natur rückte im zweiten Teil des dritten Verhandlungstages wieder der verantwortliche Faktor Mensch in Gestalt Arid Ukas in den Mittelpunkt des Gerichts. Die Nebenklage befragte den Angeklagten sinngemäß:
Nebenkläger: "Glauben Sie noch an Gott?"
Arid Uka: "Wie meinen Sie das?"
Nebenkläger: "Im Allgemeinen."
Arid Uka: "Ich glaube noch an Gott."
Nebenkläger: "Welche Glaubensrichtung?"
Arid Uka: "Moslemisch."
Nebenkläger: "Praktizieren Sie Ihre Religion noch?"
Arid Uka: "Ich bete noch!"
Dann unterbricht der Angeklagte das Frage-Antwort-Schema und ergreift selbst das Wort:
Arid Uka: "Und eine Sache ist mir noch sehr wichtig, zu sagen: Damals waren das Lügen, ich bin von Propaganda geblendet worden, von Lügen."
Es erfolgen Nachfragen nach Konkretisierung.
Arid Uka: "Es ging um das ganz Extreme, um die extreme Auslegung." Und er führt weiter aus: "Es ging dann um einen Kampf mit Waffen, ohne Rücksicht."
Nebenkläger: "Gab es dafür eine Rechtfertigung durch Ihren Glauben?
Arid Uka versucht einen Satz zu äußern, bei dem er an einem bestimmten Wort stolpert und erst nach Hilfe durch seine Anwälte die korrekte Aussprache zu Stande bringt: "Heute glaube ich nicht mehr an die Dämonisierung der USA durch Propaganda."
Die Zuschauer fragen sich unwillkürlich, ob das Wort "Dämonisierung" zu dem normalen Sprachschatz eines jungen Mannes mit Realschulabschluss gehört, oder ob an dieser Stelle die anwaltliche Redaktion zu einer verbalen Überforderung des Angeklagten geführt haben mag.
Nebenkläger: "Rechtfertigt Ihre Religion das Töten?"
Arid Uka: "Menschen zu töten ja, wenn man angegriffen wird. Was ich gemacht habe, natürlich nicht."
Nach diesen bemerkenswerten Sätzen und Vorträgen des Angeklagten endete der dritte Prozesstag. Was am Ende noch übrig blieb, war der starke, wenn auch rein subjektive Eindruck einer Gerichtsszenerie, die in einer sehr speziellen Weise surreal wirkte: Denn während fast alle Prozessbeteiligten angespannt und sehr stark in ihrer Rolle befindlich, ja fast gefangen wirkten, erschien der Angeklagte Arid Uka als die einzige Person im Raum mit vollkommener Authentizität: in einer Art majestätischer Erhabenheit, völlig entspannt, schien er DER Mann im Raum zu sein, der seine Zukunft, das Ergebnis der Verfahrens, schon zu erkennen vermag, und dieses Ergebnis wird positiv sein! Der Eindruck mag täuschen, wenn es auch schwerfällt, jene Offensichtlichkeit der entspannten Präsenz des Angeklagten zu ignorieren. Es bleibt zu hoffen, dass eine objektive Gerichtsbarkeit jene Anmutung in das Reich des Spekulativen und der Verschwörungstheorien verweist.
G. Andreas Kämmerer, 7. November 2011